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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Die von der Ukraine dringend erbetenen Taurus-Marschflugkörper wird Deutschland zwar vorerst nicht liefern. Doch es soll zumindest neue Luftabwehrsysteme und Panzer geben. Die News im Überblick.

Flugabwehrsystem Patriot
Ein gefechtsbereites Flugabwehrraketensystem vom Typ »Patriot« des Flugabwehrraketengeschwaders 1 der Bundeswehr. Foto: Axel Heimken/DPA
Ein gefechtsbereites Flugabwehrraketensystem vom Typ »Patriot« des Flugabwehrraketengeschwaders 1 der Bundeswehr.
Foto: Axel Heimken/DPA

Die Bundesregierung will der Ukraine mit einer umfangreichen Lieferung von Luftabwehrsystemen, Panzern und Munition militärisch über den kommenden Winter helfen. Dabei soll das bereits in der vergangenen Woche zugesagte zweite Luftverteidigungssystem Patriot neben dem Feuerleitstand und dem Radargerät acht weitere Startgeräte und mehr als 60 Lenkflugkörper umfassen, teilte das Verteidigungsministerium gestern in Berlin mit.

Zusätzlich liefere Deutschland im Oktober weitere Iris-T-Systeme: ein drittes Iris-T SLM mit Lenkflugkörpern für die mittlere Reichweite sowie ein zweites Iris-T SLS für die kurze Reichweite ebenfalls mit Lenkflugkörpern. Dazu kommen drei weitere Flugabwehrkanonenpanzer vom Typ Gepard. Das gesamte Luftverteidigungspaket habe einen Wert von rund einer Milliarde Euro.

Deutschland schnürt demnach auch ein Unterstützungspaket für die ukrainischen Spezialkräften, bestehend aus Fahrzeugen, Waffen und persönlicher Ausrüstung im Wert von mehr als 20 Millionen Euro. In den nächsten Wochen sollen auch weitere 10 Kampfpanzer Leopard 1A5, 15 geschützte Transport- und knapp 20 geschützte Sanitätsfahrzeuge in der Ukraine eintreffen.

Weitere Militärhilfe aus London, Washington und Bukarest

Auch die USA, Großbritannien und Rumänien kündigen weitere Militärhilfe an. Die USA stellen der Ukraine weitere Militärhilfe in Höhe von 200 Millionen US-Dollar (189 Millionen Euro) zur verfügung. Es umfasse unter anderem AIM-9-Raketen für ein neues Luftverteidigungssystem sowie Artilleriegeschosse und Panzerabwehrwaffen, sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin bei einem Treffen der internationalen Kontaktgruppe zur Koordinierung von Waffenlieferungen für die Ukraine im Nato-Hauptquartier in Brüssel. Zudem nannte er auch präzisionsgelenkte Munition für Luftangriffe und Ausrüstung zur Drohnenabwehr als Beispiele.

Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis hatte seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj bereits am Dienstag militärische Unterstützung versprochen. Rumänien werde dem angegriffenen Nachbarland »bis zum Sieg über Russland« helfen, sagte Iohannis bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem Gast aus Kiew.

Details zur rumänischen Militärhilfe nannte Iohannis nicht. Selenskyj sagte, in den Gesprächen mit Iohannis zu diesem Punkt habe der Schwerpunkt auf der Flugabwehr gelegen. Der Ukrainer erinnerte auch daran, dass ukrainische Piloten künftig in Rumänien an F-16-Kampfflugzeugen ausgebildet werden.

100 Millionen Pfund aus London

Großbritannien will die Ukraine mit einem weiteren militärischen Hilfspaket im Wert von mehr als 100 Millionen Pfund (etwa 116 Millionen Euro) unterstützen. Das teilte das britische Verteidigungsministerium heute mit. Das zur Verfügung gestellte Gerät solle der ukrainischen Armee helfen, Minenfelder zu räumen, seine Fahrzeuge instand zu halten, seine Verteidigungsanlagen zu verstärken und wichtige nationale Infrastruktur zu schützen.

Finanziert werde das Paket mit Mitteln des International Fund for Ukraine (IFU), in den neben Großbritannien auch Dänemark sowie Norwegen, die Niederlande, Schweden, Island und Litauen einzahlten. Insgesamt seien so seit vergangenem Jahr 785 Millionen Pfund zusammengekommen, hieß es in der Mitteilung weiter.

Kürzlich sei zudem ein abschließender Vertrag zur Lieferung von Flugabwehrkapazitäten im Rahmen eines früheren IFU-Pakets unterzeichnet worden, hieß es. Dazu gehöre auch eine Plattform vom Typ MSI-DS Terrahawk Paladin, die in der Lage sei, Drohnen zu lokalisieren und zu zerstören.

Ukraine meldet heftige Kämpfe bei Awdijiwka in Donezker Gebiet

Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben neue schwere russische Angriffe auf die bereits seit Monaten umkämpfte Stadt Awdijiwka im östlichen Gebiet Donezk abgewehrt. Russlands Militär sei mit einer Stärke von bis zu drei Bataillonen unterstützt von Panzern und gepanzerten Fahrzeugen in die Offensive gegangen, meldete der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht am Mittwochmorgen. »Unsere Verteidiger haben alle Attacken des Feindes zurückgeschlagen und keinen Verlust von Positionen zugelassen.« Moskauer Militärblogger hatten zuvor von russischen Geländegewinnen gesprochen. Unabhängig lassen sich diese Berichte nicht prüfen.

Die Experten vom Institut für Kriegsstudien (ISW) in Washington berichten ebenfalls von verstärkten Angriffsbemühungen Russlands rund um Awdijiwka. Derzeit gebe es allerdings noch keine Bestätigung für die von Moskau beanspruchten Geländegewinne, heißt es in deren Analyse.

Die Ukraine, die bereits seit fast 20 Monaten einen russischen Angriffskrieg abwehrt, berichtet seit Wochen immer wieder von heftigen Angriffen entlang der östlichen Front. Insbesondere im Süden des Landes verzeichnete die ukrainische Armee hingegen im Zuge ihrer Gegenoffensive bereits mehrfach kleinere Erfolge.

London: Russische Soldaten in psychischer Krise

Zehntausende russische Soldaten stecken nach Einschätzung britischer Geheimdienstexperten in einer psychischen Krise. Bei etwa 100.000 Militärangehörigen sei zum Ende vergangenen Jahres eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert worden, hieß es in dem täglichen Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums. Diese Zahl liege inzwischen wahrscheinlich höher, weil das russische Militär keine Rotation und Erholung vom Schlachtfeld mehr ermögliche.

Ein russischer Offizier, der auf das Problem hingewiesen habe, sei abgelöst worden, hieß es weiter in der Mitteilung. Es gebe auch zusätzliche Hinweise darauf, dass Ärzte Militärangehörige an die Front schickten, die nicht in der Lage seien zu kämpfen. Die Zahl der Einsprüche bei der medizinischen Kommission des russischen Militärs seien in diesem Jahr höher als im vergangenen Jahr. Viele Anträge würden abgewiesen. Angesichts dieser geringen Sorge um die psychische Gesundheit der Soldaten und ihrer Kampffähigkeit, sei Russlands Kampfkraft weiterhin »auf einem suboptimalen Niveau«, so das Fazit der britischen Experten.

Moskau scheitert bei Wahl für UN-Menschenrechtsrat

Russland scheiterte derweil bei der Wahl für einen Sitz im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen. Bulgarien und Albanien bekamen bei dem Votum für osteuropäische Staaten in der UN-Vollversammlung in New York die nötige Mehrheit der 193 UN-Mitglieder. Bulgarien erhielt 160 Stimmen, Albanien 123, für Russland stimmten 83 Länder. Die geheime Abstimmung wurde als Stimmungstest dafür gesehen, wie salonfähig Russland nach dem Einmarsch in die Ukraine weltweit wieder ist.

© dpa-infocom, dpa:231011-99-520639/8