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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Wieder sterben bei russischen Angriffen auf die Ukraine Menschen. Kiews Streitkräfte verzeichnen aber auch Kampferfolge. Der Krieg steht unter dem Eindruck der Gewalt in Israel. Die News im Überblick.

Ukraine-Krieg - Charkiw
Bei einem Raketenangriff auf die Stadt Charkiw wurden zahlreiche Gebäude zerstört. Foto: Alex Babenko/DPA
Bei einem Raketenangriff auf die Stadt Charkiw wurden zahlreiche Gebäude zerstört.
Foto: Alex Babenko/DPA

Russland wird aus Sicht von US-Experten die Angriffe der islamistischen Hamas gegen Israel auch für seinen Krieg gegen die Ukraine auszunutzen. In einer Informationskampagne werfe der Kreml dem Westen vor, zugunsten der Unterstützung der Ukraine die Konflikte im Nahen Osten vernachlässigt zu haben, schrieb das Institut für Kriegsstudien (ISW) in Washington.

Die Experten verwiesen etwa darauf, dass das russische Außenministerium den Westen beschuldigt habe, zuletzt die Bemühungen des Nahost-Quartetts, zu dem neben Russland die USA, die EU und die Vereinten Nationen gehören, blockiert zu haben.

Russland unterhält auch Kontakte zur Hamas, die von den USA, der EU und Israel als Terrororganisation eingestuft wird. Ex-Kremlchef Dmitri Medwedew, der Vizechef im nationalen russischen Sicherheitsrat ist, meinte, dass die Gewalt zwischen der Hamas und Israel zu erwarten gewesen sei. »Damit hätten sich mal Washington und seine Verbündeten beschäftigen sollen«, sagte Medwedew.

Statt sich mit einer israelisch-palästinensischen Zweistaatenlösung zu befassen, hätten diese »Trottel« sich aber in Russlands Angelegenheiten eingemischt. Sie hätten mit ihrer Unterstützung für die Ukraine zwei sich nahe stehende Völker gegeneinander aufgebracht.

Russische Kommentatoren gingen davon aus, dass der Krieg der Hamas gegen Israel die Aufmerksamkeit von der Ukraine ablenken werde, weil der Westen nun das »ewige Feuer« im Nahen Osten löschen wolle. Russische Politiker äußerten indes die Hoffnung, dass etwa die wegen Moskaus Krieg gegen die Ukraine nach Israel geflohenen IT-Spezialisten und andere Experten vor der neuen Gewalt dort fliehen und in ihre Heimat zurückkehren könnten.

Selenskyj verurteilt Terror in Israel und Ukraine

Welche Auswirkungen der Kriegszustand in Israel auf die zuletzt ohnehin schon bröckelnde Unterstützung des Westens für die Ukraine haben wird, ist bislang unklar. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der selbst jüdische Wurzeln hat, verurteilte den »Terror«, rief zur internationalen Solidarität mit Israel auf und betonte Israels Recht zur Selbstverteidigung. Die Ukraine wisse selbst, was es bedeute, mit Tausenden Raketen beschossen zu werden, tote Menschen auf den Straßen und zerschossene zivile Autos sowie Geiseln misshandelt zu sehen, sagte Selenskyj.

»Unsere Position ist glasklar: Jeder, der Terror und Tod hervorruft überall auf dem Planeten, muss zur Rechenschaft gezogen werden«, sagte Selenskyj. In die Ukraine habe der Terror Russlands Tod in die Städte und Dörfer gebracht.

Die Ukraine verteidigt sich mit westlicher Militärhilfe seit fast 20 Monaten gegen eine großangelegte russische Invasion. Ziel Kiews ist es, die teils besetzten Gebiete Cherson, Saporischschja, Donezk und Luhansk zu befreien. Die Ukraine will im Zuge der Offensive auch die bereits 2014 von Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim zurückerobern.

Selenskyj sichert Netanjahu bei Telefonat Solidarität zu

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sichert dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu in einem Telefonat Solidarität im Kampf gegen die islamistische Hamas zu. Selenskyj teilte am Sonntag auf dem Portal X (vormals Twitter) mit, dass er Netanjahu angesichts der vielen Toten auch sein Beileid ausgesprochen habe.

Er habe sich über die aktuelle Lage in Israel informieren lassen. Die israelische Polizei und die Diplomaten Kiews arbeiteten demnach zusammen, um die Sicherheit und den Schutz der ukrainischen Bürger zu gewährleisten, teilte Selenskyj weiter mit.

Später rief er angesichts des russischen Angriffskrieges gegen sein Land und der blutigen Gewalt in Israel zum gemeinsamen Kampf gegen den Terror auf. »Der Terror hat zu viele Fronten gegen die Menschheit aufgemacht: der Krieg gegen die Ukraine, der Krieg im Nahen Osten und die schreckliche Destabilisierung in Afrika«, sagte Selenskyj in seiner aus Kiew verbreiteten abendlichen Videobotschaft.

Ukrainische Armee spricht von Erfolgen im Süden

Bei ihrer seit Monaten laufenden Gegenoffensive gegen die russische Invasion verbuchten die ukrainischen Streitkräfte weitere Erfolge. Bei den Kämpfen im Süden der Ukraine stiegen die russischen Verluste nach Angaben aus Kiew erheblich. Die Ukraine hat nach britischer Einschätzung in den vergangenen Monaten Territorium auch im Osten des Landes rund um Welyka Nowosilka im Gebiet Donezk zurückgewonnen.

»Im Laufe des Sommers hat die Ukraine mit ziemlicher Sicherheit mindestens 125 Quadratkilometer Land auf dieser Achse befreit«, schrieb das britische Verteidigungsministerium am Sonntag in seinem täglichen Update. In der Gegend westlich der Stadt Wuhledar sei es in den vergangenen vier Wochen relativ ruhig geworden, teilten die Briten auf der Plattform X (früher Twitter) mit.

Die Kämpfe seien weniger heftig als noch im Juni und Juli. Russische Streitkräfte blieben wahrscheinlich in einer defensiven Haltung, um sich gegen mögliche künftige Angriffe der Ukraine zu schützen, schrieb das Ministerium in London.

Tote und Verletzte im Kriegsgebiet

Bei neuem russischen Beschuss ukrainischer Gebiete wurden nach Behördenangaben aus den betroffenen Regionen mehrere Menschen getötet und verletzt. Im Gebiet Saporischschja starben eine 46 Jahre alte Frau und ein 71-jähriger Mann, wie die örtlichen Behörden am Sonntag mitteilten. Zwei Menschen wurden demnach bei dem Vorfall am Vortag verletzt. Im Gebiet Cherson wurden elf Menschen, darunter ein neun Jahre altes Mädchen, bei russischem Artilleriefeuer gegen Wohngebiete in der Nacht zum Sonntag verletzt, wie die Behörden mitteilten.

Im Gebiet Donezk traf laut einer Mitteilung der ukrainischen Staatsanwaltschaft ein russischer Marschflugkörper die Stadt Kostjantyniwka; ein neun Jahre altes Kind und drei weitere Menschen seien verletzt worden.

Im russisch besetzten Teil des ukrainischen Gebiets Cherson wurde ein Funktionär der Kremlpartei Geeintes Russland durch eine Autobombe in der Stadt Nowa Kachowka getötet. Das teilte der von Moskau eingesetzte regionale Verwaltungschef Wladimir Saldo am Samstag im sozialen Netzwerk Telegram mit. Der Tote sei Sekretär der örtlichen Parteiorganisation gewesen. In dem besetzten Teil des Gebietes Cherson sind immer wieder ukrainische Partisanen aktiv.

© dpa-infocom, dpa:231008-99-482013/5