Logo
Aktuell Ausland

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Moskau erklärt erneut, es sei keine weitere Mobilmachung für den Krieg in der Ukraine geplant. Die Erfolge Kiews bei seiner Gegenoffensive werden nach Experten-Ansicht überschätzt. Die News im Überblick.

Putin trifft Troschew
Präsident Wladimir Putin empfängt den russischen Vizeverteidigungsminister Junus-Bek Jewkurow (2.v.r.) und Andrej Troschew (r), der aus den Reihen der Privatarmee Wagner neue Freiwilligen-Kampfverbände aufbauen soll. Foto: Mikhail Metzel/DPA
Präsident Wladimir Putin empfängt den russischen Vizeverteidigungsminister Junus-Bek Jewkurow (2.v.r.) und Andrej Troschew (r), der aus den Reihen der Privatarmee Wagner neue Freiwilligen-Kampfverbände aufbauen soll.
Foto: Mikhail Metzel/DPA

Russland zieht zum 1. Oktober zwar mehr als 100.000 Wehrpflichtige ein, plant nach Angaben des Generalstabs aber keine weitere Mobilmachung eigens für den Krieg gegen die Ukraine. Das betonte der zuständige Konteradmiral Wladimir Zimljanski. Es gebe ausreichend Freiwillige, die einen Kriegsdienst ableisteten und in der Ukraine die »entsprechenden Aufgaben erfüllen«.

Bei russischen Angriffen sind im Gebiet Cherson offiziellen Angaben zufolge mindestens drei Menschen getötet worden. Die Teilerfolge der Ukraine bei ihrer Gegenoffensive gegen das russische Militär werden nach Ansicht eines Experten überschätzt. Die Söldner-Truppe Wagner soll sich neu formieren und bekommt einen neuen Chef.

Russland zieht Wehrpflichtige zum regulären Grundwehrdienst ein

Bis Ende des Jahres sollten 130.000 Wehrpflichtige im Alter zwischen 18 und 27 Jahren eingezogen werden, hieß es in einem von Kremlchef Wladimir Putin unterzeichneten Dekret. Nach ihrem zwölfmonatigen Wehrdienst könnten die Männer nach Hause zurückkehren oder sich per Vertrag zu Kampfhandlungen in der Ukraine verpflichten, hieß es vom Generalstab. Nach offiziellen russischen Angaben hatten sich in den vergangenen Monaten rund 300.000 Freiwillige zum Kriegsdienst gemeldet. Bei einer Teilmobilmachung im vergangenen Jahr wurden zudem 300.000 Reservisten eingezogen. Die Mobilmachung hatte in der Gesellschaft im Herbst 2022 zu massiven Protesten geführt, zu Hunderttausenden flüchteten Reservisten zudem ins Ausland aus Angst, eingezogen zu werden.

Südukrainische Region Cherson fast 100 Mal attackiert

In der Region Cherson im Süden der Ukraine seien auch fünf Bewohner durch den heftigen Beschuss am Vortag verletzt worden, teilte Militärgouverneur Olexander Prokudin auf Telegram mit. Innerhalb von 24 Stunden habe Russlands Armee die Region insgesamt 96 Mal attackiert, fügte er hinzu. Alleine auf die von Kiew kontrollierte gleichnamige Gebietshauptstadt Cherson seien dabei 45 Granaten abgefeuert worden. Auch am Freitagmorgen wurden laut ukrainischen Behördenangaben dort zwei Menschen schwer verletzt. Schon in den vergangenen Tagen hatte es immer wieder heftigen Beschuss und zivile Opfer gegeben.

Russische Flugabwehr meldet Erfolge bei Drohnen-Abwehr

Die russische Flugabwehr hat in der Nacht zum Freitag nach offiziellen Angaben Drohnen abgefangen. Insgesamt seien elf ukrainische Drohnen zerstört worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf das Verteidigungsministerium. In der Region Kursk nahe der Grenze zur Ukraine seien zehn Drohnen abgeschossen worden, in der Region Kaluga rund 200 Kilometer südwestlich von Moskau eine weitere.

Nach Tod von Prigoschin neue Verbände unter neuer Führung geplant

Nach dem Tod des russischen Söldnerchefs Jewgeni Prigoschin soll das ehemalige Führungsmitglied Andrej Troschew aus dessen Privatarmee Wagner nach dem Willen von Kremlchef Wladimir Putin neue Freiwilligen-Kampfverbände aufbauen. Diese Einheiten hätten verschiedene Aufgaben und sollten vor allem auch im Kriegsgebiet in der Ukraine zum Einsatz kommen, sagte Putin bei einem Treffen mit Troschew und Vizeverteidigungsminister Junus-Bek Jewkurow. Troschew sei kriegserprobt und wisse, was zu tun sei, damit die Kampfeinsätze erfolgreich erledigt würden, sagte Putin. Prigoschin starb nach offiziellen Angaben gemeinsam mit anderen Vertretern der Wagner-Führung im August bei einem Flugzeugabsturz.

London: Wagner-Söldner kämpfen wohl wieder in Bachmut

Die in die Ukraine zurückgekehrten Kämpfer der Wagner-Söldnertruppe werden nach Einschätzung britischer Geheimdienstexperten um die ostukrainische Stadt Bachmut eingesetzt. Das legten mehrere Berichte nahe, hieß es im täglichen Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London. In Bachmut hatte Wagner in verlustreichen Kämpfen im Mai einen Erfolg für die russischen Invasionstruppen errungen. »Ihre Erfahrung wird wahrscheinlich in diesem Sektor besonders gefragt sein. Viele werden die aktuelle Frontlinie kennen, nachdem sie vergangenen Winter dort gekämpft haben«, so die Mitteilung. Wahrscheinlich würden die Wagner-Kämpfer in Teile der offiziellen russischen Armee oder andere Privatarmeen integriert.

Militär-Experte warnt: Gegenoffensive im Grunde bisher wirkungslos

Die Gegenoffensive der Ukraine ist nach Ansicht des Ukraine-Experten des österreichischen Bundesheeres, Markus Reisner, bisher weitgehend wirkungslos. »Einzelne Verteidigungslinien der Russen werden verlustreich überwunden, aber es kommt bisher nie zu einem echten Dammbruch«, sagte Reisner der Deutschen Presse-Agentur. »Es müssten alle Alarmglocken schrillen, dass nach 117 Tagen Gegenoffensive noch kein operativer Durchbruch gelungen ist.« Auch in Sachen Rüstungslieferungen sei die Lage kritisch. »Eigentlich müssten jede Woche vier bis fünf voll beladene Güterzüge mit Kriegsmaterial in die Ukraine rollen«, sagte Reisner. Im Gegensatz zu den USA sei sich die EU über die schwierige Lage noch nicht wirklich bewusst.

Insgesamt seien die Verluste auf beiden Seiten erschreckend hoch. Die zuletzt von der »New York Times« unter Berufung auf US-Militärkreise genannten Zahlen von etwa 160.000 gefallenen und 140.000 verwundeten Russen hält Reisner für glaubwürdig. Auf ukrainischer Seite würden die Verluste auf 80.000 Tote und 120.000 Verletzte geschätzt.

Deutsche Luftwaffe beteiligt sich am Schutz der Nato-Ostflanke

Die deutsche Luftwaffe wird sich Ende des Jahres erneut am Schutz der Nato-Ostflanke beteiligen. Gemeinsam mit spanischen Fliegern werden deutsche Piloten im November im Nato-Auftrag den Himmel über den an Russland grenzenden Nato-Mitgliedern Estland, Lettland und Litauen überwachen. Dazu sollen zwei Eurofighter ins Baltikum verlegt werden, wie die Luftwaffe am Freitag mitteilte. Estland, Lettland und Litauen besitzen keine eigenen Kampfjets. Die Nato sichert deshalb bereits seit 2004 den baltischen Luftraum. Ende November sollen dann drei Eurofighter als Teil der Nato-Mission »enhanced Air Policing South« in Rumänien stationiert werden.

© dpa-infocom, dpa:230929-99-375351/7