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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Seit Tagen meldet die Ukraine militärische Fortschritte, nun bestätigt ein General: Die erste russische Verteidigungslinie in der Region Saporischschja sei durchbrochen. Die News im Überblick

Ukraine-Krieg
Ukrainische Soldaten verstärken einen Graben an der Frontlinie nahe Bachmut. Foto: LIBKOS/DPA
Ukrainische Soldaten verstärken einen Graben an der Frontlinie nahe Bachmut.
Foto: LIBKOS/DPA

Bei ihrer Gegenoffensive haben die ukrainischen Streitkräfte nach Angaben des Brigadegenerals Oleksander Tarnawskyj Fortschritte erzielt. Die erste und stärkste russische Verteidigungslinie in der Region Saporischschja sei durchbrochen, sagte Tarnawskyj. Derweil beschoss Russland mit Drohnen wichtige Hafen-Infrastruktur in der Region Odessa.

Am Montag steht ein Treffen von Kremlchef Wladimir Putin mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan an, bei dem es auch um eine mögliche Wiederaufnahme des Abkommens zum Export ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer geht.

Tarnawskyj: Zweite Verteidigungslinie im Visier

Im Gebiet Saporischschja hatte die ukrainische Armee zuletzt bei Robotyne nach wochenlangen Kämpfen russische Verteidigungsanlagen überwunden. Nun soll die nächste russische Linie angegriffen werden, die den Weg in die besetzten Städte Tokmak und Melitopol versperrt. Ziel ist, das etwa 90 Kilometer entfernte Asowsche Meer zu erreichen und die russischen Truppen voneinander abzuschneiden.

Die ukrainischen Verteidiger befänden sich jetzt zwischen der ersten und der zweiten Verteidigungslinie der Russen im Süden, sagte Tarnawskyj, der Kommandeur im Gebiet Saporischschja ist, dem »Observer«, der Sonntagsausgabe der britischen Zeitung »The Guardian«.

An der ersten Linie hätten die Russen 60 Prozent ihrer Ressourcen und Zeit aufgewendet. Bei den Verteidigungslinien zwei und drei seien noch je 20 Prozent der Ressourcen zu erwarten. Die Gegenoffensive war lange durch ein riesiges Minenfeld in der Region erschwert worden.

Die Ukraine hatte seit Tagen Fortschritte in der Region gemeldet, über die auch das US-Institut für Kriegsstudien ISW in seiner in Washington veröffentlichten Analyse schrieb. Dort war unter Berufung auf russische Quellen die Rede von Problemen der Besatzer. Für Russland verschlechtere sich die Lage an der Front.

Bei der Gegenoffensive will Kiew die teils von Moskau kontrollierten Gebiete Saporischschja, Donezk, Luhansk und Cherson von der russischen Besatzung befreien. Ziel Kiews ist auch die Rückeroberung der Schwarzmeer-Halbinsel Krim, die Moskau 2014 völkerrechtswidrig annektiert hatte.

Verletzte bei Drohnenangriff in Region Odessa

Unterdessen überzog Russland erneut die südukrainische Region Odessa mit Drohnenangriffen und traf dabei für den Getreideexport wichtige Hafen-Infrastruktur. Zwei Menschen seien verletzt worden, teilten die Verteidigungskräfte bei Telegram mit. Bei den Einschlägen sei ein Feuer ausgebrochen, das rasch gelöscht worden sei. »Die massive Drohnenattacke dauerte mehr als dreieinhalb Stunden«, hieß es. Die Luftstreitkräfte der Ukraine teilten mit, dass die Flugabwehr in Odessa 22 von 25 Drohnen abgeschossen habe.

Wo genau es die Einschläge in der Donauregion gab, wurde nicht mitgeteilt. Das russische Verteidigungsministerium bestätigte die Angriffe, es seien Treibstofflager der ukrainischen Streitkräfte beschossen worden. Kremlnahe Militärblogger behaupteten, das russische Verteidigungsministerium habe erneut Hafen-Infrastruktur außer Betrieb gesetzt. Von unabhängiger Seite ließen sich die Angaben nicht überprüfen. Russland hatte bereits mehrfach die Schwarzmeer- und Donauhäfen in der Region Odessa beschossen.

Kurz vor den Angriffen hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mitgeteilt, dass zwei weitere Frachtschiffe den von Kiew eingerichteten Getreidekorridor im Schwarzen Meer passiert hätten.

Nach dem Ausstieg Russlands aus dem Abkommen zur Verschiffung von Getreide über das Schwarze Meer versucht Kiew, den Export trotz des Risikos durch Moskauer Angriffe zu organisieren. In den ukrainischen Schwarzmeerhäfen sitzen seit dem Beginn des russischen Einmarschs vor mehr als 18 Monaten Dutzende Handelsschiffe fest.

Kiew: F-16-Kriegseinsatz wohl im Frühjahr

Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow erwartet den Einsatz der westlichen Kampfjets vom Typ F-16 gegen die russischen Angreifer im kommenden Frühjahr. In einem Interview mit der staatlichen ukrainischen Nachrichtenagentur Ukrinform sagte der Minister, dass neben der Ausbildung der Piloten an den Kampfjets auch die Infrastruktur im Land sowie Experten und Anlagen für die Wartung vorgehalten werden müssten. Deshalb dürfte es Frühjahr werden, bis die Maschinen tatsächlich an der Front zum Einsatz kämen.

F-16
Die Niederlande, Dänemark und Norwegen haben der Ukraine F-16-Lieferungen zugesichert. Foto: Remko De Waal/DPA
Die Niederlande, Dänemark und Norwegen haben der Ukraine F-16-Lieferungen zugesichert.
Foto: Remko De Waal/DPA

Erdogan trifft Putin - Getreideabkommen ein Thema

Russlands Präsident Putin und der türkische Staatschef Erdogan kommen am Montag im russischen Sotschi am Schwarzen Meer zusammen. Ein wichtiges Thema ist die von Erdogan geforderte Rückkehr zum Getreideabkommen. Russland hatte dieses im Juli auslaufen lassen. Die Türkei betont immer wieder die Bedeutung des Abkommens für die Versorgung der Welt mit Lebensmitteln.

Putin hatte für eine Rückkehr zu dem im vorigen Jahr unter Vermittlung der Türkei und der Vereinten Nationen ausgehandelten Abkommen Bedingungen gestellt. So sollten die vom Westen im Zuge den russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine erlassenen Sanktionen gelockert werden, damit Russland auch eigenes Getreide und Düngemittel ungehindert exportieren kann.

London: Russland wirbt Migranten an

Das britische Verteidigungsministerium teilte mit, Moskau werbe Migranten aus Zentralasien sowie Menschen in Nachbarländern als Soldaten für den Ukraine-Krieg an. »Es gibt mindestens sechs Millionen Migranten aus Zentralasien in Russland, die der Kreml vermutlich als potenzielle Rekruten ansieht«, teilte das Ministerium mit. Russlands Ziel sei, vor der für 2024 geplanten Präsidentenwahl eine weitere unpopuläre Mobilmachung zu vermeiden.

Ukrainischer Oligarch Kolomojskyj in Untersuchungshaft

Am Samstag kam einer der reichsten Unternehmer der Ukraine, der als Förderer Selenskyjs galt, in Untersuchungshaft. Die Richter ordneten die Maßnahme gegen den Oligarchen Ihor Kolomojskyj unter anderem wegen des Verdachts des Betrugs an. Der Richter setzte den Haftbefehl zunächst bis 31. Oktober in Kraft, wie die Internetzeitung »Ukrajinska Prawda« berichtete. Zugleich wurde eine Kaution von knapp 510 Millionen Hrywnja (rund 12,7 Millionen Euro) angesetzt, bei deren Zahlung der 60-Jährige bis zur Gerichtsverhandlung frei käme.

Selenskyj hatte sich zuletzt von Kolomojskyj distanziert und ihm Berichten zufolge auch die ukrainische Staatsbürgerschaft entzogen. Der Staatschef hatte ein entschlosseneres Vorgehen gegen ukrainische Oligarchen angekündigt. Der Westen fordert, Fälle von Korruption und kriminellen Machenschaften strikter zu ahnden.

Ihor Kolomojskyj
Ihor Kolomojsky muss in Untersunchungshaft. Foto: Ukrinform/DPA
Ihor Kolomojsky muss in Untersunchungshaft.
Foto: Ukrinform/DPA

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