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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Im Ukrainekrieg sind die Kämpfe in der Region um Cherson und Charkiw intensiv. Nach Experten-Ansicht dürften die ukrainischen Angriffe auf wichtige Brücken Wirkung zeigen. Die News im Überblick.

Feuer auf der Krim-Brücke
Ein Hubschrauber wirft Wasser ab, um ein Feuer auf der Krim-Brücke, die das russische Festland und die Halbinsel Krim über die Meerenge von Kertsch verbindet, zu löschen. Foto: Uncredited/DPA
Ein Hubschrauber wirft Wasser ab, um ein Feuer auf der Krim-Brücke, die das russische Festland und die Halbinsel Krim über die Meerenge von Kertsch verbindet, zu löschen.
Foto: Uncredited/DPA

Bei russischem Beschuss sind nach Angaben aus Kiew im Osten und Süden des Landes mehrere Menschen getötet und verletzt worden. Zwei Menschen seien in dem Dorf Kutscheriwka im Kreis Kupjansk des ostukrainischen Gebiets Charkiw getötet und drei weitere verletzt worden, teilte der Leiter des Präsidialamtes, Andrij Jermak, in Kiew mit. Infolge eines Angriffs auf die Stadt Pokrowsk wurden offiziellen ukrainischen Angaben zufolge mindestens fünf Menschen getötet und 31 weitere verletzt.

Unterdessen durften 22 Soldaten aus russischer Gefangenschaft in die Ukraine zurückkehren. Nach den ukrainischen Angriffen auf russisch-kontrollierte Brücken zwischen der Schwarzmeer-Halbinsel Krim und dem Gebiet Cherson sehen US-Experten Moskaus Militärtransporte in der Region erschwert.

Ostukraine: Tote und Verletzte bei Angriff auf Wohnviertel

Infolge eines russischen Raketenangriffs auf die Stadt Pokrowsk in der Ostukraine sind offiziellen ukrainischen Angaben zufolge mindestens fünf Menschen getötet und 31 weitere verletzt worden. Zwei Raketen hätten ein Wohnviertel getroffen, schrieb der ukrainische Innenminister Ihor Klymenko auf Telegram. Unter den Verletzten seien ein Kind sowie 19 Polizisten und fünf Rettungskräfte. Sie seien beim zweiten Angriff unter Beschuss geraten, als sie gerade dabei gewesen seien, den Opfern des ersten Einschlags zu helfen.

Zuvor hatte der Chef der Militärverwaltung des Gebiets Donezk, Pawlo Kyrylenko, mitgeteilt, dass es in dem beschossenen Viertel auch Hotels, Restaurants und Geschäfte gebe. Dazu veröffentlichte er Fotos, die unter anderem ein völlig zerstörtes Gebäude zeigen.

Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj berichtete über den russischen Angriff und teilte mit, die Rettungsarbeiten dauerten an. »Wir müssen den russischen Terror stoppen«, schrieb er. In seiner abendlichen Videoansprache sagte er zudem, die Russen hätten bei ihrem Angriff Iskander-Raketen auf Pokrowsk abgefeuert.

Russischer Beschuss wurde derweil auch aus dem an Donezk angrenzenden Gebiet Charkiw gemeldet. Den Behördenangaben zufolge wurden dort im Dorf Krugljakiwka zwei Zivilisten durch Bomben getötet und sieben weitere verletzt.

Schwerere Angriffe auf Charkiw

Von einer schweren Nacht für Cherson im Süden des Landes sprach auch der Militärgouverneur des Gebiets, Olexander Prokudin. Die russische Armee habe die Häuser im Zentrum der Stadt Cherson unter Feuer genommen, zwölf Bürger seien verletzt worden. Jermak sprach zudem von einer Frau, die in der Stadt in einem neunstöckigen Wohnhaus getötet worden sei. Cherson war im Vorjahr von russischer Besatzung befreit worden.

Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar sagte am Montag in Kiew, dass die russischen Truppen ihr Feuer auch im Osten der Ukraine intensiviert hätten. Sie versuchten im Gebiet Charkiw die im vergangenen Herbst verlorenen Stellungen zurückzuerobern.

Bisher 2600 Ukrainer aus russischer Gefangenschaft entlassen

Unter den am Montag freigelassenen ukrainischen Soldaten seien auch Verwundete, teilte Jermak bei Telegram mit. Die Männer hätten zuvor an verschiedenen Abschnitten der Front gekämpft, schrieb er weiter. »Der älteste unserer Soldaten ist 54 Jahre alt, der jüngste 23«, schrieb Jermak, der auch Bilder und ein Video mit den Männern veröffentlichte. Sie würden nun psychologische und medizinische Hilfe erhalten.

Russland und die Ukraine hatten in ihrem seit mehr als 17 Monaten dauernden Krieg immer wieder Gefangene ausgetauscht. Seit Russlands Einmarsch am 24. Februar 2022 sind nach bisherigen Angaben aus Kiew etwa 2600 Ukrainer aus der Gefangenschaft zurückgekehrt. In den meisten Fällen übergeben die Kriegsparteien eine etwa gleiche Zahl an Kämpfern wie die Gegenseite.

US-Denkfabrik: Attacken beeinträchtigen Moskaus Nachschublinien

Laut dem US-Institut für Kriegsstudien (ISW) sind die russischen Besatzungstruppen nach den ukrainischen Angriffen auf die Autobrücken von Tschonhar und Henitschesk nun gezwungen, ihren Verkehr wegen der Schäden über die längeren Wege im Westen der Halbinsel Krim umzuleiten. Die Schläge gegen die wichtigen Verkehrslinien schafften die Bedingungen für künftige entscheidende Einsätze der laufenden ukrainischen Gegenoffensive, hieß es vom ISW am Sonntag.

Kiew hatte zuvor auch die Krimbrücke von Kertsch nach Russland beschossen, um die Truppen in Cherson von der wichtigen Versorgungslinie abzuschneiden. Die Schläge gegen die Brücken von Tschonhar und Henitschesk erschwerten nun auf unbestimmte Zeit auch den Transport von Personal, Material und Ausrüstung für die russischen Verteidigungsstellungen im Westen des Gebiets Saporischschja und im Grenzgebiet Saporischschja-Donezk, hieß es in der ISW-Analyse.

London sieht nur mäßige Wirksamkeit der russischen Luftwaffe

Die russische Luftwaffe erzielt nach britischer Einschätzung im Angriffskrieg gegen die Ukraine trotz großen Aufwands nur geringe Erfolge. Während des Sommers habe die Luftwaffe mehr als 100 Einsätze pro Tag geflogen, teilte das Verteidigungsministerium in London am Montag mit. »Diese beschränkten sich jedoch aufgrund der Bedrohung durch die ukrainische Luftabwehr fast immer auf Einsätze über russisch kontrolliertem Gebiet.«

Russland versuche, dieses Problem zu lösen, indem zunehmend sogenannte Freifallbomben mit Gleitaufsätzen zur Verlängerung der Reichweite eingesetzt würden. Diese Bomben könnten viele Kilometer vom Ziel entfernt von Flugzeugen abgeworfen werden, aber hätten noch nicht dauerhaft ihre Genauigkeit bewiesen, hieß es in London weiter.

»Zu Beginn der Gegenoffensive der Ukraine im Süden ab Juni 2023 waren russische Kampfhubschrauber sehr wirksam«, kommentierte das britische Ministerium weiter. Doch habe es Russland zuletzt offenbar nicht geschafft, im Süden eine effektive taktische Luftwaffe aufzubauen.

© dpa-infocom, dpa:230807-99-740637/8