Die Ukraine sucht zum Durchbrechen der russischen Seeblockade gegen Getreideexporte die Hilfe der Nato. Auf Bitten von Präsident Wolodymyr Selenskyj tagte der neue Nato-Ukraine-Rat erstmals auf Botschafter-Ebene in Brüssel. Größere Beschlüsse gab es bei dem Treffen der 31 Nato-Staaten mit der von Moskau angegriffenen Ukraine zwar nicht. Die Nato kündigte am Rande des Treffens jedoch an, angesichts russischer Drohungen gegen zivile Schiffe im Schwarzen Meer die Überwachung der Region zu verstärken.
Russland bereitet sich auf ein Gipfeltreffen mit afrikanischen Staaten ab Donnerstag in St. Petersburg vor. Viele arme Länder in Afrika leiden darunter, dass Getreide- und Düngerlieferungen aus der Ukraine und aus Russland wegen des Krieges ausfallen. Präsident Wladimir Putin kündigte einen Ausbau der russischen Zusammenarbeit mit Afrika an.
Ukraine berät mit Nato über Getreideausfuhr
Der Nato-Ukraine-Rat hatte vor zwei Wochen beim Nato-Gipfel in Litauen auf Ebene der Staats- und Regierungschefs erstmals getagt. Er traf sich nun auf Ebene der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten im Hauptquartier des Bündnisses. Russland hatte Mitte Juli seine Sicherheitsgarantien für ukrainische Agrarausfuhren über das Schwarze Meer zurückgezogen.
Seitdem hat die russische Armee nächtelang die Hafenstadt Odessa bombardiert, aber auch ukrainische Häfen an der Donau angegriffen, die als alternative Exportwege wichtig sind. Das Getreide-Abkommen hatte es der Ukraine seit Sommer 2022 ermöglicht, trotz des russischen Angriffskriegs fast 33 Millionen Tonnen Getreide und Lebensmittel über den Seeweg in andere Länder zu verkaufen.
Die russische Schwarzmeerflotte bringt sich nach Angaben britischer Militärs derweil für eine Blockade ukrainischer Häfen in Stellung. Das geht aus dem Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London hervor. Demnach patrouilliert die moderne russische Korvette »Sergej Kotow« bereits auf der Route zwischen dem Bosporus und Odessa. Sie könnte Teil eines Marineverbandes werden, der Handelsschiffe auf dem Weg in die Ukraine abfangen soll.
Nato verstärkt nach Russlands Drohungen Überwachung
Nach der Aufkündigung des Getreide-Abkommens hatte Russland angekündigt, alle Schiffe, die ukrainische Häfen anlegen, als legitimes Ziel zu betrachten. Die Nato reagiert nun auf diese Drohungen - und überwacht die Region stärker. Russlands Handeln berge erhebliche Risiken für die Stabilität des für die Nato strategisch wichtigen Gebiets, ließ Generalsekretär Jens Stoltenberg nach der Sitzung des Nato-Ukraine-Rats mitteilen. Konkret war vom Einsatz von Seeaufklärungsflugzeugen und Drohnen die Rede.
Ukraine-Getreideexporte über die EU?
EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski meinte indes, nahezu das gesamte für den Export bestimmte ukrainische Getreide könnte über eigens von der EU und der Ukraine ausgebaute Handelswege laufen. »Wir sind bereit, über die Solidaritätsspuren fast alles zu exportieren, was die Ukraine braucht«, sagte der Kommissar in Brüssel. Nach Angaben der EU-Kommission wurden im April 2,1 Millionen Tonnen, im Mai 3,4 Millionen Tonnen und im Juni 3 Millionen Tonnen Getreide über diese Wege exportiert. Der bisherige Höchststand lag im November 2022 bei 4,2 Millionen Tonnen.
Auch das Nachbarland Slowakei bietet dabei Unterstützung an, wie Landwirtschaftsminister Jozef Bires am Mittwoch sagte. Die fünf östlichen EU-Staaten Polen, Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien lassen ukrainisches Getreide aber nur im Transit passieren. Ihre eigenen Märkte haben sie bis mindestens zum 15. September gesperrt und wollen die Sperre verlängern.
Russland will mit Afrika kooperieren
Russland wolle die Beziehungen mit Staaten des afrikanischen Kontinents ausbauen, schrieb Putin in einem Grußschreiben an die Teilnehmer des Gipfels von Staats- und Regierungschefs. Es solle eine engere Kooperation im Kampf für Ernährungssicherheit, gegen Armut und Klimawandel angestoßen werden. »Afrika behauptet sich heute immer stärker in seiner Eigenschaft als einer der Pole einer sich formierenden multipolaren Welt«, schrieb der Kremlchef.
Er will den Gipfel einmal mehr als Forum für seine Kritik am Westen nutzen und auch zeigen, dass er trotz seines Angriffskrieges gegen die Ukraine nicht isoliert ist. Russland ist zugleich wichtiger Waffenlieferant für viele afrikanische Staaten. Eine Initiative Südafrikas und anderer Staaten für einen Frieden in der Ukraine hatte zuletzt keine Ergebnisse gebracht.
Deutscher General: Ukrainische Offensive hat es schwer
Der deutsche Brigadegeneral Christian Freuding sieht die ukrainischen Streitkräfte bei ihrer Gegenoffensive vor weiteren schweren Kämpfen. »Man muss ja nur mal auf die Karte blicken, und da haben wir ein Kräfteverhältnis von ungefähr eins zu eins. Und eine neun Monate lang vorbereitete Verteidigung mit starken Geländeverstärkungen und seit einem halben Jahr vorbereiteten Minensperren«, sagte der Leiter des Planungsstabes im Verteidigungsministerium.
Für Vorstöße müsse örtlich und zeitlich begrenzt eine Überlegenheit erzeugt werden. »Und das begründet auch das sehr vorsichtige, um es unmilitärisch auszudrücken, tastende Vorgehen der Ukrainer, diese Stelle zu finden«, sagte der Offizier, der auch die militärische Hilfe Deutschlands für die Ukraine koordiniert. Die Ukraine versucht seit etwa zwei Monaten, russisch besetzte Gebiete zurückzuerobern.
Republik Moldau weist russische Diplomaten aus
Nach Berichten über mutmaßliche Spionage Moskaus hat die Regierung der Republik Moldau Russland dazu aufgefordert, das Personal in seiner Botschaft um 45 Mitarbeiter zu verkleinern. »Wir haben beschlossen, die Zahl der in der Republik Moldau akkreditierten russischen Diplomaten zu begrenzen«, sagte Außenminister Nicolae Popescu Medien zufolge bei einer Regierungssitzung. 25 Russen verbleiben in der Vertretung. Am Montag hatten internationale Investigativmedien über illegale Abhöraktivitäten russischer Geheimdienstmitarbeiter in dem Nachbarland der Ukraine berichtet.
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