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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

In Kiew lösen russische Luftangriffe Alarm während eines Staatsbesuchs aus. Kremlchef Wladimir Putin zeigt sich in St. Petersburg optimistisch über die russische Wirtschaftsleistung. Die News im Überblick.

Blahodatne
Ein ukrainischer Soldat inspiziert ein Haus in dem kürzlich zurückeroberten Dorf Blahodatne in der Region Donezk. Foto: LIBKOS
Ein ukrainischer Soldat inspiziert ein Haus in dem kürzlich zurückeroberten Dorf Blahodatne in der Region Donezk.
Foto: LIBKOS

Während des Besuchs einer Vermittlungsmission afrikanischer Staats- und Regierungschefs ist die ukrainische Hauptstadt Kiew am Freitag von Russland wieder mit ballistischen Raketen und Kamikaze-Drohnen angegriffen worden. Dem Innenministerium zufolge wurden mindestens sechs Menschen verletzt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigte sich indes zuversichtlich, dass Russland den Krieg gegen die Ukraine verlieren werde, sofern Kiew mit seiner Gegenoffensive Erfolg haben werde.

Bei einem Treffen der Nato-Verteidigungsminister verdichten sich unterdessen die Hinweise, dass alle Mitgliedstaaten sich damit einverstanden erklären werden, eine mögliche Aufnahme der Ukraine in das Verteidigungsbündnis zu vereinfachen. Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius sagte, dass er dafür offen sei. In der überfluteten südukrainischen Region Cherson sind unterdessen vier Menschen durch russischen Beschuss getötet worden.

Kuleba: »Russland will mehr Krieg, keinen Frieden«

Eine Delegation unter Leitung des südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa traf am Freitag mit dem Zug aus Polen in Kiew ein. Kurz darauf wurde die Stadt Ziel russischer Luftangriffe. »Die russischen Raketen sind eine Botschaft an Afrika: Russland will mehr Krieg, keinen Frieden«, schrieb Außenminister Dmytro Kuleba daraufhin auf Twitter. Mit dem »größten Raketenangriff auf Kiew seit Wochen« wolle Putin »Vertrauen aufbauen«, spottete er.

Afrikanische Vermittlungsmission reist auch nach Russland

Ramaphosa kam nach Kiew in Begleitung der Staatschefs aus Sambia, dem Senegal und den Komoren. Auch der ägyptische Ministerpräsident und der Stabschef des Präsidenten der Republik Kongo gehörten zu der afrikanischen Delegation, die sich auch mit Präsident Selenskyj treffen sollte. Die Afrikaner wollen eine Friedenslösung ausloten, da viele Staaten infolge des Kriegs unter Problemen bei der Getreideversorgung leiden. Am Samstag wird die Delegation in St. Petersburg erwartet, wo es eine Begegnung mit Putin geben soll.

Südafrika steht wegen einer eher russlandfreundlichen Haltung und des Verdachts auf Waffenlieferungen an Moskau in der Kritik. Dort findet in diesem Sommer auch ein Gipfel der Brics-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) statt.

Ukrainischer Präsident optimistisch in Bezug auf Gegenoffensive

Selenskyj bezeichnete den aktuellen Stand der Gegenoffensive trotz einer sehr schwierigen Lage als »im Allgemeinen positiv«. »Unser heldenhaftes Volk, unsere Truppen an der vordersten Front sehen sich sehr hartem Widerstand gegenüber«, sagte er in einem Interview des US-Senders NBC News. Bei der Offensive haben die ukrainischen Truppen eigenen Angaben zufolge bislang sieben Orte aus russischer Besatzung befreit. Über 100 Quadratkilometer ukrainischen Gebiets wurden demnach zurückerobert. Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar betonte aber zugleich, dass der Feind »heftigen Widerstand« leiste. Die ukrainischen Vorstöße würden durch dichte Minenfelder, starkes Artilleriefeuer und sogenannte Kamikaze-Drohnen erschwert. Die Angaben der Kriegsparteien können oft nicht unabhängig überprüft werden.

Putin: Finanzen und Wirtschaft haben westlichem Druck standgehalten

Im russischen Sankt Petersburg sprach Kremlchef Wladimir Putin fast 16 Monate nach Beginn des Krieges von einer positiven Wirtschaftsentwicklung seines Landes. Seiner Prognose nach beläuft sich das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr auf 1,5 bis 2 Prozent. Auch den Exodus westlicher Firmen habe Russland gut überstanden. Heimische Firmen hätten die frei werdenden Nischen schnell besetzt, sagte Putin.

Nato plant Zugeständnis bei der Beitrittsperspektive für Ukraine

Infolge des von den Nato-Staaten beschlossenen neuen Formats für die Zusammenarbeit mit der Ukraine soll der neugegründete Rat erstmals am Rande des Nato-Gipfels am 11. und 12. Juli in Litauen tagen. Dies gab Verteidigungsminister Pistorius bekannt und betonte, dass die Ukraine nun einen gleichberechtigten Platz am Tisch der Allianz bekomme. Das sei ein deutliches Zeichen, dass man die Zukunft der Ukraine in der Nato sehe. Zugleich sei aber allen Beteiligten auch klar, dass sich die Aufnahme eines Landes, das sich im Krieg befinde, schlicht und ergreifend verbiete. »Das muss allen klar sein, weil dann die Nato unmittelbar Kriegspartei wäre«, sagte er mit Blick darauf, dass die Ukraine dann unter Berufung auf Artikel 5 des Bündnisvertrags militärischen Beistand von den Alliierten verlangen könnte.

Das neue Format sieht vor, die bestehende Nato-Ukraine-Kommission zu einem Nato-Ukraine-Rat aufzuwerten. Dadurch soll es möglich sein, mit dem von Russland angegriffenen Land auf Augenhöhe Schlüsselfragen der Sicherheit zu diskutieren und gemeinsam Entscheidungen zu treffen.

Tote und Verletzte nach Beschuss auf südukrainisches Flutgebiet

In der überfluteten südukrainischen Region Cherson sind laut Behördenangaben vier Menschen durch russischen Beschuss getötet worden. Zwei weitere Personen - Rentnerinnen im Alter von 69 und 86 Jahren - seien verletzt worden, teilte die ukrainische Militärverwaltung mit. Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms am 6. Juni ist die umkämpfte Region von massiven Überschwemmungen betroffen. Dort stehen immer noch 30 Ortschaften unter Wasser. 17 davon liegen auf russisch kontrolliertem Gebiet auf der südlichen Seite des Flusses Dnipro, berichtete der Krisenstab auf Telegram.

London: Russischer General bei ukrainischem Angriff getötet

Bei einem ukrainischen Angriff auf einen russischen Kommandoposten im Osten der Ukraine wurde nach Informationen britischer Geheimdienste der russische Generalmajor Sergej Gorjatschew getötet. Der Generalstabschef der 35. Armee sei der erste russische General, der im Ukraine-Krieg dieses Jahr ums Leben gekommen sei, teilte das Verteidigungsministerium in London am Freitag mit. Russland hat den Tod Gorjatschews bisher weder bestätigt noch dementiert.

© dpa-infocom, dpa:230616-99-73916/7