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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Russische Raketen auf die Millionenstadt Dnipro, ukrainische Drohnen auf die Krim: Im Ukraine-Krieg ist auch nach mehr als 15 Monate kein Ende in Sicht. Die News im Überblick.

Ukraine-Krieg - Dnipro
Die Überreste einer Klinik in Dnipro, die durch einen Luftangriff zerstört wurde (Bild vom 26. Mai). Foto: J. Daniel Hud
Die Überreste einer Klinik in Dnipro, die durch einen Luftangriff zerstört wurde (Bild vom 26. Mai).
Foto: J. Daniel Hud

Mit neuen Angriffen auf die Millionenstadt Dnipro hat Russland am Wochenende seinen Krieg gegen das Nachbarland Ukraine fortgesetzt. Dabei kam nach ukrainischen Angaben in den Trümmern eines Wohnhauses ein zweijähriges Mädchen ums Leben. Mindestens 22 Menschen seien verletzt worden.

Das Verteidigungsministerium in Moskau behauptete, Ziel sei eine ukrainische Drohnen-Werkstatt gewesen. Auch mehrere andere Regionen in der Ukraine waren wieder Ziel von russischen Drohnen und Raketen. Der Krieg dauert inzwischen schon mehr als 15 Monate, ohne dass irgendeine Lösung in Sicht ist.

Retter suchen in Dnipro nach Überlebenden

Mit etwa einer Million Einwohnern ist Dnipro im Südosten der Ukraine die viertgrößte Stadt des Landes. Das Präsidialamt veröffentlichte von dort ein Video, auf dem ein völlig zerstörtes zweistöckiges Gebäude zu sehen ist. Darüber hinaus wurden nach ukrainischen Angaben zehn weitere Häuser beschädigt. Unter den Trümmern suchten Rettungskräfte nach Überlebenden.

Selenskyj: Mindestens 485 Kinder seit Kriegsbeginn getötet

Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte: »Wieder hat Russland gezeigt, dass es ein Terrorstaat ist.« In Moskau wurde abermals Kritik am eigenen Militär laut. Auch gab es Forderungen, den Krieg endlich Krieg zu nennen und nicht mehr nur »militärische Spezialoperation«.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs sind laut dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mindestens 485 Kinder getötet worden. Es handele sich dabei ausschließlich um Opfer, deren Daten offiziell erfasst worden seien, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Ansprache. In Wirklichkeit liege die Zahl deutlich höher.

Selenskyj verwies zudem auf die mehr als 19.500 ukrainischen Kinder, die aus besetzten Gebieten nach Russland deportiert worden seien. Bislang sei es erst in rund 370 Fällen gelungen, die »kleinen Ukrainer« zurückzuholen, sagte der Staatschef am Internationalen Tag der Kinder, die unschuldig zu Aggressionsopfern geworden sind.

Angriffe auf Krim und Grenzregion Belgorod

Nach ukrainischen Angaben feuerte Russland in der Nacht zum Sonntag sechs weitere Marschflugkörper ab. Vier davon seien von der Luftabwehr abgefangen worden. Zwei Raketen hätten einen Flugplatz in der Nähe der zentralukrainischen Stadt Kropywnyzkyj getroffen. Zudem habe man drei von fünf Kampfdrohnen abgefangen, hieß es.

Auch die russischen Besatzer der annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim meldeten Drohnenangriffe. Dazu sagte eine ukrainische Militärsprecherin: »Die Krim soll spüren, dass sie zur Ukraine gehört.« Die russische Grenzregion Belgorod stand ebenfalls unter Beschuss. Dort gab es nach russischen Angaben am Samstag zwei Tote.

In Kiew am Wochenende verhältnismäßig ruhig

Die Ukraine wird Tag für Tag auch weit weg von der Front beschossen. Russische Raketen- und Drohnenangriffe treffen immer wieder auch Wohn- und Bürohäuser, so dass Zivilisten getötet werden. Auch am Wochenende gab es vielerorts wieder Luftalarm. In der Hauptstadt Kiew blieb es nach vorläufigen Angaben verhältnismäßig ruhig. Die Angaben der beiden Kriegsparteien zum Kampfgeschehen lassen sich von unabhängiger Seite oft nur schwer oder gar nicht überprüfen.

Selenskyj sieht Ukraine bereit für Gegenoffensive

Die vielfach angekündigte ukrainische Gegenoffensive lässt weiter auf sich warten. Selenskyj bekräftigte in der US-Zeitung »Wall Street Journal«: »Ich denke, wir sind heute dafür bereit.« Die Ukraine hätte dafür gern noch einige Waffen aus dem Westen, könne aber nicht noch Monate warten. Insbesondere forderte er US-Flugabwehrsysteme vom Typ Patriot.

In einem anderen Interview bekräftigte Selenskyj, dass er in Verhandlungen mit Moskau derzeit keinen Sinn sehe. Die Ukraine wird vom Westen mit Waffen und Finanzhilfen in Milliardenwert unterstützt. Zeitweilig hatte es in Kiew geheißen, die Gegenoffensive laufe bereits.

Russisches Militär baut Musterungspunkte für Krieg aus

Auch die russische Seite machte deutlich, dass mit einem Kriegsende auf absehbare Zeit nicht zu rechnen ist. Das Verteidigungsministerium richtete weitere Musterungsstellen zur Anwerbung von Freiwilligen ein.

Die Zahl solcher Bewerber sei bedeutend gestiegen, hieß es in einer Mitteilung. Nach offiziellen Angaben haben sich in den vergangenen Monaten mehr als 100 .000 Freiwillige gemeldet. Allerdings haben sich auch viele jungen Russen einer Einberufung entzogen.

Öffentliche Kritik an Kriegsführung in Russland nimmt zu

Derzeit gibt es auch im öffentlichen Raum zunehmend Kritik, weil Moskaus Truppen keine militärischen Erfolge vorweisen können. Der prominente Parlamentsabgeordnete Konstantin Satulin von der Regierungspartei Geeintes Russland sagte, kein einziges vom Kreml ausgegebenes Ziel sei bislang erreicht worden.

Der Chef der Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, sprach von »Chaos« im Verteidigungsministerium. Sollte das Ministerium in Belgorod nicht »schleunigst« Ordnung schaffen, werde er seine Söldner einmarschieren lassen. Prigoschin gilt als Vertrauter von Präsident Wladimir Putin.

© dpa-infocom, dpa:230603-99-924718/6