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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Die Ukraine will mit Hilfe westlicher Waffen die russischen Angreifer bald zurückdrängen. Aber wie aussichtsreich ist dieser Plan? Auch Washington sieht offenbar Hindernisse. Die News im Überblick.

Militärsanitäterin in Bachmut
Eine Militärsanitäterin macht in Bachmut eine kurze Pause. Foto: Libkos
Eine Militärsanitäterin macht in Bachmut eine kurze Pause.
Foto: Libkos

Die USA zweifeln nach einem Bericht der »Washington Post« am Erfolg der geplanten Frühjahrsoffensive der Ukraine gegen die russischen Angreifer. Die US-Zeitung berief sich am Dienstag auf Dokumente aus dem seit Tagen debattierten Datenleck sowie auf eigene Quellen. Dass die mutmaßlichen US-Geheimdokumente im Internet kursieren, sorgt weiter für große Unruhe. Die Ukraine spielt die Bedeutung jedoch herunter. Aus dem Kriegsgebiet meldet Kiew die Abwehr Dutzender russischer Angriffe.

Gut 13 Monate nach der russischen Invasion vom Februar 2022 konzentriert sich das Kriegsgeschehen weiter auf den Osten und den Süden der Ukraine. Der ukrainische Generalstab berichtete, die Armee habe binnen 24 Stunden rund 50 russische Angriffe abgewehrt. Gekämpft wird demnach weiter in den ostukrainischen Gebieten Luhansk und Donezk in den Abschnitten Lyman, Bachmut, Awdijika und Marjinka. Die russische Söldnereinheit Wagner erklärte die seit Monaten schwer umkämpfte Stadt Bachmut als zu mehr als 80 Prozent eingenommen.

In den Gebieten Charkiw, Saporischschja und Cherson gibt es nach ukrainischen Angaben vor allem Artilleriebeschuss. Russische Luftangriffe in den Gebieten Cherson und Saporischschja sollen nach Behördenangaben ohne zivile Opfer geblieben sein. Die ukrainische Luftwaffe flog nach eigenen Angaben acht Angriffe gegen Orte, an denen russische Truppen zusammengezogen sind. Zudem soll ein russischer Hubschrauber des Typs Mi-24 abgeschossen worden sein. Die Angaben der Kriegsparteien sind generell kaum unabhängig zu überprüfen.

US-Regierung nimmt Datenleck »sehr, sehr ernst«

Rätsel geben die im Internet kursierenden mutmaßlichen US-Geheimdokumente zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine auf. US-Medien berichten seit Tagen über sensibles Material zu beiden Kriegsparteien, ohne die Unterlagen selbst zu veröffentlichen. Unklar ist, wer die Dokumente publiziert hat und inwieweit sie authentisch sind. Das Investigativ-Netzwerk Bellingcat wies nach, dass einige nachträglich manipuliert wurden. Die US-Regierung bemüht sich um Aufklärung. »Wir nehmen die Sache sehr, sehr ernst«, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby.

Auf Papiere aus dem Datenleck bezog sich auch die »Washington Post« bei ihrem Bericht über die seit langem erwartete ukrainische Frühjahrsoffensive. Das ukrainische Militär könnte die ursprünglichen Pläne zur Rückeroberung von Russland besetzter Gebiete diesen Papieren zufolge »weit verfehlen«, schrieb die Zeitung. Grund seien Schwierigkeiten Kiews bei der Aufstockung von Truppen, Munition und Ausrüstung. Die Strategie Kiews ziele darauf, umkämpfte Gebiete im Osten zurückzugewinnen und gleichzeitig nach Süden vorzustoßen, um die russische Landbrücke zur besetzten Schwarzmeer-Halbinsel Krim zu kappen.

Die Einschätzung in den als streng geheim gekennzeichneten Papieren stammt demnach allerdings schon von Anfang Februar. Unter Berufung auf eigene Quellen meldete das Blatt, US-Geheimdienstberater seien zu der Einschätzung gelangt, dass der Ausgang der Frühjahrsoffensive eher bescheiden sein werde. Das ukrainische Militär werde wohl nicht so viele Gebiete zurückgewinnen können wie im Herbst im Osten und Süden des Landes.

Kiew: Angaben zur Gegenoffensive sind weiter geheim

Die Veröffentlichung sensibler Daten und Einschätzungen ist für die ukrainische Führung sowohl militärisch als auch politisch ungünstig. Auch verfälschte Informationen können schaden. Nach außen hin gibt sich Kiew aber gelassen. Der Sekretär des nationalen Sicherheitsrats, Olexij Danilow, sagte in der ARD, es sei nichts über militärische Operationen, die Größe der Einheiten und die Stoßrichtung an die Öffentlichkeit gelangt. »Diese Informationen sind absolut geheim«, sagte er. Der Beginn der ukrainischen Gegenoffensive werde erst im letzten Moment festgelegt.

Die ukrainische Führung zog auch eine angebliche Abhöraktion der USA gegen Präsident Wolodymyr Selenskyj in Zweifel. Beratungen des Staatschefs mit dem Militär liefen anders als in veröffentlichten Geheimdienstdokumenten dargestellt, sagte Präsidentenberater Mychajlo Podoljak.

Selenskyj dankt für deutsche Militärhilfe

Selenskyj selbst ging bei seiner täglichen Videoansprache auf das Datenleck nicht ein. Vielmehr begrüßte er den jüngsten Gefangenenaustausch mit Russland und dankte Deutschland für weitere Militärhilfe. In den vergangenen beiden Wochen seien Panzertechnik, Luftabwehrsysteme, Munition, Maschinen und Medizintechnik geliefert worden.

Rumänien kündigte vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs an, seine Luftwaffe aufzurüsten. Bukarest will mehrere US-Kampfflugzeuge der neuesten Version vom Typ F-35 kaufen, wie der Oberste Verteidigungsrat beschloss. Wie viele Maschinen es werden, wurde aber nicht mitgeteilt.

Russen können leichter zum Militärdienst eingezogen werden

Nach Problemen bei der Teilmobilmachung für den Ukraine-Krieg können Männer in Russland künftig deutlich leichter zum Militärdienst eingezogen werden. Die Einberufungsbescheide müssen nun nicht mehr persönlich überreicht werden, sondern können auf elektronischem Weg über das staatliche Serviceportal »Gosuslugi« zugestellt werden, entschieden die Abgeordneten der Staatsduma am Dienstag. Durch die Änderungen ist ein Wehrpflichtiger elektronisch erfasst und kann bis zur Vorstellung bei der Einberufungsstelle etwa das Land nicht mehr verlassen.

Wirtschaft in Deutschland und der Welt schwächelt

Die Weltwirtschaft leidet nach wie vor unter dem Ukraine-Krieg und der hohen Inflation. Der Internationale Währungsfonds prognostizierte eine nur langsame Erholung. In Deutschland wird die Wirtschaft nach Einschätzung des IWF dieses Jahr sogar leicht schrumpfen. Weltweit werden 2,8 Prozent Wachstum erwartet, nach 3,4 Prozent im vergangenen Jahr.

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