Die Ukraine hält die Pläne des Westens für mehr Munition für unzureichend. Das Land brauche eine Million Artilleriegeschosse und dafür müssten vermutlich rund vier Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden, sagte der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow bei einem informellen Treffen mit den Amtskollegen der EU-Staaten in Schweden.
Die von Deutschland und Portugal versprochenen Leopard-2-Panzer sollen bald in der Ukraine eintreffen. Unterdessen hat die russische Söldnertruppe Wagner nach eigenen Angaben den Osten der umkämpften Stadt Bachmut vollends unter Kontrolle. Unklar ist weiterhin, ob die jüngsten Spuren im Fall der Explosionen der Nord-Stream-Gasleitungen wirklich belastbar sind.
EU rechnet zunächst mit einer Milliarde Euro für neue Munition
Die EU-Kommission und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatten vor dem Verteidigungsministertreffen vorgeschlagen, rund eine Milliarde Euro zusätzlich für Munitionslieferungen an die Ukraine bereitzustellen. Das Geld soll aus der sogenannten Europäischen Friedensfazilität kommen. Sie ist ein Finanzierungsinstrument, über das die EU bereits heute Waffen und Ausrüstung liefert sowie die Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte fördert. Die Ukraine wiederum will genügend Munition, um weitere Gegenoffensiven gegen die Angreifer aus Russland starten zu können.
Panzer aus Portugal und Deutschland kommen bald
Die von Deutschland und Portugal versprochenen Kampfpanzer für die Ukraine werden laut Verteidigungsminister Boris Pistorius bis Ende März geliefert. »Ich kann Ihnen mitteilen, dass ich gerade eben erfahren habe, dass die 18 deutschen Leopard-2A6-Panzer und die 3 portugiesischen noch in diesem Monat alle gemeinsam in die Ukraine (...) kommen können«, sagte der SPD-Politiker am Rande des EU-Verteidigungsministertreffens in Schweden. Die Panzer würden zusammen mit ausgebildeten Besatzungen eintreffen und könnten dann ins Einsatzgebiet. Polen lieferte der Ukraine bereits im Februar die ersten vier Leopard-2-Kampfpanzer des Typs 2A4. In dieser Woche sollen zehn weitere folgen.
Polens Präsident Duda: Können MiG-29 abgeben
Polen ist nach Worten von Präsident Andrzej Duda bereit, der Ukraine im Rahmen einer internationalen Koalition seine Kampfjets vom sowjetischen Typ MiG-29 zu überlassen. »Wir sind bereit, diese Flugzeuge zu liefern, und ich bin sicher, dass die Ukraine bereit wäre, sie sofort einzusetzen«, sagte Duda dem US-Sender CNN. Die polnische Agentur PAP zitierte daraus. Für die Zukunft sei es wichtig, mehr ukrainische Piloten auf US-Kampfflugzeugen F-16 auszubilden, sagte Duda bei seinem Besuch in Abu Dhabi am Persischen Golf.
Die Diskussion über die polnischen MiG-29 kam schon vergangenes Jahr kurz nach der russischen Invasion in die Ukraine auf. Nach Angaben polnischer Militärexperten hat das Land an der Nato-Ostgrenze noch etwa 30 Maschinen dieses Typs im Einsatz. Viele stammen aus alten DDR-Beständen.
Schweizer Parlament gegen Weiterleitung von Munition
Die von Berlin beantragte Weitergabe von Schweizer Panzermunition an die Ukraine dürfte verboten blieben. Nach dem Ständerat hat auch die größere Parlamentskammer, der Nationalrat, einen umfassenden Vorstoß zur Lockerung des Verbots abgelehnt. Gegner argumentieren, dass die Neutralität der Schweiz nicht angetastet werden soll. Das Kriegsmaterialgesetz verbietet es Ländern, eingekaufte Ware an Länder weiterzuleiten, die an einem internationalen Konflikt beteiligt sind.
Der Nationalrat lehnte es ab, Bewilligungen von Wiederausfuhren zu ermöglichen, wenn die UN-Vollversammlung - wie im Fall des russischen Überfalls auf die Ukraine - einen Angriffskrieg verurteilt. In Ordnung sei es, Wiederausfuhren ausnahmsweise zu bewilligen, wenn nicht die Vollversammlung, sondern der UN-Sicherheitsrat einen Angriffskrieg per Resolution verurteilt. Das ist aber ohnehin bereits möglich, wie Wirtschaftsminister Guy Parmelin sagte.
Deutschland und andere Länder haben vergeblich die Erlaubnis zum Weiterleiten von Schweizer Munition an die Ukraine beantragt. Angesichts solcher Weigerungen müssten sich Beschaffer künftig gut überlegen, wo sie Munition einkaufen, sagte der deutsche Finanzminister Christian Lindner (FDP) im Januar beim Weltwirtschaftsforum in Davos in der Schweiz.
Wagner-Truppe erobert angeblich den Osten Bachmuts
Die russische Söldnertruppe Wagner eroberten nach eigenen Angaben den gesamten Ostteil von Bachmut. »Alles, was östlich des Flusses Bachmutka liegt, befindet sich unter völliger Kontrolle der privaten Sicherheitsfirma Wagner«, sagte Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin in einem von seinem Pressedienst verbreiteten Audiomitschnitt. Von ukrainischer Seite gibt es bislang keine Bestätigung für diesen Teilrückzug. Unabhängig können die Angaben ebenfalls nicht überprüft werden.
Kiew will die »Festung Bachmut« weiter halten, wie Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache am Dienstagabend nochmals betonte.
Gericht: Sanktionen gegen Prigoschins Mutter nicht rechtens
Das Gericht der Europäischen Union erklärte EU-Sanktionen gegen die Mutter des Chefs der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, für nichtig. Wie das Gericht in Luxemburg mitteilte, reicht ein Verwandtschaftsverhältnis nicht aus, um Strafmaßnahmen gegen sie zu rechtfertigen. Violetta Prigoschina sei zum Zeitpunkt der Verhängung der Sanktionen offensichtlich nicht wie von der EU behauptet Eigentümerin von Unternehmen mit Verbindungen zu ihrem Sohn gewesen.
Die EU-Staaten hatten Violetta Prigoschina auf ihre Sanktionsliste gesetzt. Sie waren der Auffassung, dass sie »Handlungen und politische Strategien unterstützt, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben«.
Nord-Stream-Sabotage: Ungewissheit über neue Spuren
Der ukrainische Verteidigungsminister Resnikow verneinte eine Beteiligung seines Ministeriums an der Sabotage der Gaspipelines Nord Stream 1 und 2. Dass ukrainischen Spezialkräften so ein Einsatz zugetraut wird, sei »eine Art Kompliment«, sagte Resnikow. »Aber das ist nicht unser Tätigkeitsfeld.«
ARD, SWR und »Zeit« hatten berichtet, dass Spuren in Richtung einer pro-ukrainischen Gruppe führten. Bei ihren Ermittlungen zu den Explosionen ließ die Bundesanwaltschaft im Januar ein verdächtiges Schiff durchsuchen, wie die Behörde bestätigte.
Verteidigungsminister Pistorius warnte vor voreiligen Schlüssen. Es könne sich auch um eine sogenannte False-Flag-Operation gehandelt haben, bei der die Täter absichtlich falsche Spuren gelegt haben könnten. »Das wäre nicht das erste Mal in der Geschichte solcher Ereignisse«, sagte Pistorius. Ende September waren nach Explosionen nahe der dänischen Ostsee-Insel Bornholm insgesamt vier Lecks an den beiden Pipelines von Russland nach Deutschland entdeckt worden.
Selenskyj dankt ukrainischen Frauen am Frauentag
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach anlässlich des Internationalen Frauentags seinen Dank aus. »Mir scheint, dass es wichtig ist, heute eben zu danken. Allen Frauen zu danken, die arbeiten, lehren, lernen, retten, heilen, kämpfen - für die Ukraine kämpfen«, sagte der 45-Jährige in einer Videobotschaft. An diesem Tag wolle er an alle Frauen erinnern, »die ihr Leben für unseren Staat gegeben haben.« Selenskyj sagte, dass er seine Mutter anrufen und seiner Frau danken werde.
US-Geheimdienste: Putin spielt wohl auf Zeit
US-Geheimdienste gehen davon aus, dass Russlands Präsident Wladimir Putin im Krieg gegen die Ukraine auf Zeit spielen dürfte. »Wir gehen nicht davon aus, dass sich das russische Militär in diesem Jahr ausreichend erholt, um größere Gebietsgewinne zu erzielen«, sagte US-Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines bei einer Anhörung im Senat in Washington.
»Aber Putin spekuliert höchstwahrscheinlich darauf, dass die Zeit zu seinen Gunsten arbeitet und dass die Verlängerung des Krieges, einschließlich möglicher Kampfpausen, sein bester verbleibender Weg sein könnte, um schließlich die russischen strategischen Interessen in der Ukraine zu sichern - selbst wenn dies Jahre dauern sollte«, sagte Haines.
Der Kremlchef verstehe inzwischen vermutlich besser die Grenzen dessen, was sein Militär erreichen könne und scheine sich vorerst auf bescheidenere militärische Ziele zu konzentrieren.
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