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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Das Getreide-Abkommen zwischen der Ukraine und Russland gilt als einer der wenigen diplomatischen Lichtblicke seit Kriegsbeginn. Hat es trotz der erbitterten Kämpfe eine Zukunft? News im Überblick.

Ukraine-Krieg - Bachmut
Ein ukrainischer Panzer in der Nähe von Bachmut. Foto: Evgeniy Maloletka
Ein ukrainischer Panzer in der Nähe von Bachmut.
Foto: Evgeniy Maloletka

UN-Generalsekretär António Guterres will mit Gesprächen in Kiew die Verlängerung des ukrainisch-russischen Getreideabkommens sichern und eine Verschärfung des Hungers in der Welt abwenden. Am Mittwoch trifft Guterres dafür den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, elf Tage vor Ende der Vereinbarung. Im Kriegsgebiet kämpfen die Ukraine und Russland nach wie vor erbittert um die ostukrainische Stadt Bachmut - und keine Seite will weichen.

Das Getreideabkommen zwischen der Ukraine und Russland vom vergangenen Sommer gilt als einer der wenigen diplomatischen Erfolge seit der russischen Invasion des Nachbarlands im Februar 2022. Die beiden wichtigen Exporteure einigten sich unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei darauf, trotz des Kriegs eine kontrollierte Getreideausfuhr aus drei ukrainischen Schwarzmeerhäfen zu ermöglichen. Die UN wollten so den weltweiten Mangel an Getreide lindern.

Die Vereinbarung galt zunächst für 120 Tage bis November und wurde einmal um vier Monate bis 19. März verlängert. Nun dringen die UN auf erneute Verlängerung. Guterres landete am Dienstag in Polen, um von dort in die Ukraine zu fahren. Eine Weiterreise nach Russland ist nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur nicht geplant. Vor der ersten Verlängerung waren die Verhandlungen zäh verlaufen.

Bundesregierung nennt Video schockierend

Für neuen emotionalen Zündstoff zwischen den Kriegsparteien sorgt seit Wochenbeginn ein Video, das die mutmaßliche Erschießung eines Mannes in ukrainischer Uniform durch russisch sprechende Männer zeigt. Die ukrainische Führung reagierte entsetzt. Auch die Bundesregierung bezeichnete die mutmaßliche Erschießung eines ukrainischen Kriegsgefangenen als schockierend. »Wenn das authentisch ist, dann wäre das ein Kriegsverbrechen«, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts.

In der Vergangenheit waren Videos aufgetaucht, bei denen ukrainische Soldaten russische Gefangene erschießen. Moskau hatte dies als Kriegsverbrechen kritisiert. Diese Videos sind nur schwer zu überprüfen.

Ukraine und Russland sprechen von hohen Verlusten des Gegners

In der Ostukraine konzentrieren sich die Kämpfe weiter auf Bachmut, eine Stadt mit einst 70.000 Einwohnern, die beiden Kriegsparteien als hoch symbolisch gilt. Russland verspricht sich von der Eroberung nach monatelangem Kampf ein Erfolgserlebnis, aber auch einen weiteren Vorstoß hin zu den Großstädten Slowjansk und Kramatorsk. Damit würde eine vollständige Eroberung des Donezker Gebiets wahrscheinlicher. Um dies zu vereiteln, will die Ukraine die zerstörte Stadt nicht aufgeben. Beide Seiten bescheinigen sich gegenseitig hohe Verluste, beide haben Nachschubprobleme.

»Die Befreiung von Artjomowsk (russische Bezeichnung von Bachmut) wird fortgesetzt«, sagte Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu in Moskau. Er sprach von 11.000 getöteten oder verletzten ukrainischen Soldaten im Februar. Kiew räumte zwar eigene Verluste ein, doch seien die Ausfälle der Angreifer wesentlich höher. Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow bezifferte die Verlustzahlen der russischen Angreifer in Bachmut auf bis zu 500 Mann pro Tag.

Polen will noch diese Woche der Ukraine weitere zehn Leopard-Panzer des Typs 2A4 übergeben, wie Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak ankündigte. Zudem werde in Polen ein Servicezentrum für an die Ukraine gelieferte Panzer eingerichtet. Das Hauptproblem sei aber der Mangel an Ersatzteilen, merkte Blaszczak an. Er erwarte von seinem deutschen Kollegen Boris Pistorius (SPD), auf die deutsche Industrie einzuwirken, damit Ersatzteile für Leopard-Panzer geliefert werden.

Stoltenberg: Verstärkung der Ukraine-Hilfe dringend nötig

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat kurz vor einem Treffen der Verteidigungsminister der EU-Staaten in Schweden die Erfordernis zusätzlicher Militärhilfen für die Ukraine betont. Man habe über die dringende Notwendigkeit gesprochen, die Unterstützung zu verstärken und aufrechtzuerhalten, sagte Stoltenberg am Rande von Gesprächen mit dem schwedischen Regierungschef Ulf Kristersson in Stockholm. »Das ist zu einem Abnutzungskrieg geworden und damit ist es auch ein Kampf um Logistik.« Es sei wichtig, dass nun die Produktion gesteigert werde.

Stoltenberg begrüßte es in diesem Zusammenhang, dass an einer gemeinsamen Munitionsbeschaffung von EU-Staaten gearbeitet wird. Bei der Nato gebe es gemeinsame Beschaffung bereits seit Jahren, sagte er.

Kiew und Moskau tauschen Gefangene aus

Infolge eines erneuten Austauschs sind mehr als 200 Ukrainer und Russen aus der Kriegsgefangenschaft freigekommen. Das Verteidigungsministerium in Moskau informierte über 90 russische Soldaten, die demnach aus der Ukraine nach Moskau zur medizinischen Behandlung geflogen werden sollen. In Kiew berichtete der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, von 130 zurückgekehrten Landsleuten. Darunter seien 87 Verteidiger der seit knapp zehn Monaten von Russland besetzten Hafenstadt Mariupol, hieß es. Weitere 35 Kämpfer seien in der Ostukraine bei Bachmut und Soledar in Gefangenschaft geraten.

China ruft zu Friedensgesprächen auf

China drang erneut auf Friedensgespräche. Dabei müssten jedoch die »legitimen Sicherheitsinteressen aller Parteien respektiert« werden, sagte Außenminister Qin Gang in Peking. Quin Gang betonte zudem: »China hat die Krise nicht geschaffen. Es ist keine Partei in der Krise und hat keine Waffen an eine der beiden Seiten geliefert.« Er reagierte damit auf Warnungen des Westens.

China hatte bereits in einem Positionspapier im Februar für einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen plädiert. Kritiker bemängelten, dass China darin keinen Rückzug russischer Truppen aus besetzten Gebieten in der Ukraine vorschlug.

Sorge um Akzeptanz von Flüchtlingen

In Deutschland machen vor allem die indirekten Folgen des Kriegs weiter Kopfzerbrechen - die Energieversorgung und die Unterbringung von Flüchtlingen. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, Deutschland sei es nach Kriegsbeginn gelungen, sich unabhängig von fossilen Energien aus Russland zu machen. Die Energiewende werde gelingen.

Der Deutsche Städtetag appellierte an den Bund, auch eigene Unterkünfte zur kurzfristigen Unterbringung von Flüchtlingen bereit zu stellen. Kommunen in Baden-Württemberg betonten, die Verteilung müsse neu organisiert werden. Andernfalls sei eine sinkende Akzeptanz der Menschen für die Aufnahme von Schutzbedürftigen zu befürchten.

© dpa-infocom, dpa:230307-99-855858/11