Logo
Aktuell Ausland

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Im Osten der Ukraine haben russische Truppen die Stadt Bachmut beinahe eingekreist. Zugleich sollen neue EU-Sanktionen Moskau weiter schaden. Die News im Überblick.

Cherson
Ein Mann steht in seiner Wohnung in Cherson nach einem russischen Beschuss. Foto: LIBKOS
Ein Mann steht in seiner Wohnung in Cherson nach einem russischen Beschuss.
Foto: LIBKOS

Ukrainische und russische Truppen liefern sich im Donbass blutige Gefechte um die strategisch bedeutsame Stadt Bachmut. Das ukrainische Staatsfernsehen zeigte am Sonntag brennende Häuser und schwere Zerstörungen in der Stadt im Gebiet Donezk, das Russland komplett unter seine Kontrolle bringen will. Der Chef der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, teilte mit, dass die ukrainischen Soldaten nicht zurückwichen. »Die Streitkräfte der Ukraine kämpfen bis zum Letzten«, sagte er. Zuvor hatte in Kiew Präsident Wolodymyr Selenskyj die Lage als hart bezeichnet, aber betont, dass Bachmut nicht aufgegeben werde.

»Der Feind wirft immer neue Kräfte hinein, um unsere Verteidigung zu durchbrechen. Jetzt ist es sehr hart in Bachmut, in Wuhledar und in Richtung Lyman«, sagte Selenskyj in seiner Videoansprache am Samstagabend. Das russische Verteidigungsministerium meldete, dass es in der Region vorteilhaftere Positionen eingenommen habe.

In den Vierteln im Norden von Bachmut gebe es schwerste »Gefechte um jede Straße, jedes Haus«, sagte Wagner-Chef Prigoschin. Auch im Süden und Osten der Stadt wichen die ukrainischen Soldaten nicht zurück. Bachmut wird nach Einschätzung britischer Militärexperten aber immer mehr von russischen Truppen eingekreist. Das ging aus dem täglichen Geheimdienst-Update zum Ukraine-Krieg des britischen Verteidigungsministeriums am Sonntag hervor.

Demnach sind die beiden wichtigsten Zufahrtsstraßen zu der Stadt direkt von russischem Beschuss bedroht, und eine weitere Straße wird von Wagner-Söldnern kontrolliert. »Obwohl den ukrainischen Truppen mehrere alternative Überland-Routen für den Nachschub zur Verfügung stehen, ist Bachmut zunehmend isoliert«, hieß es.

Ukraine: Universität in Charkiw von russischer Rakete getroffen

In der ostukrainischen Großstadt Charkiw ist am Sonntag nach Behördenangaben beim Einschlag einer russischen Rakete ein Universitätsgebäude schwer beschädigt worden. Dort sei ein Wachmann verletzt worden, teilte die Staatsanwaltschaft in Charkiw mit. Beim Einschlag einer weiteren Rakete in der Nähe eines Wohnhauses seien vier Menschen verletzt worden, hieß es. Die Ermittler veröffentlichten Bilder, die den Angaben zufolge Zerstörungen an der Universität zeigten. Sie teilten mit, dass ein Verfahren wegen Kriegsverbrechen eingeleitet worden sei. Demnach gab es keine militärischen Anlagen in der Nähe.

Bei dem seit fast einem Jahr dauernden Krieg ist immer wieder auch zivile Infrastruktur getroffen worden, obwohl Russland behauptet, nur militärische Ziele anzugreifen. Nach UN-Angaben sind seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar mehr als 7000 Zivilisten getötet worden.

Ukraine schickt Soldaten zur Ausbildung an Flugabwehrsystem

Die Ukraine fordert immer wieder vom Westen mehr und modernere Flugabwehrsysteme, um die russischen Raketen abzufangen. Wie die ukrainischen Luftstreitkräfte am Sonntag mitteilten, sind Soldaten nach Frankreich und Italien entsandt worden, um am Flugabwehrsystem Samp/T ausgebildet zu werden. Beide Länder wollen das System an die Ukraine liefern. Samp/T ist ein von Frankreich und Italien seit Anfang der 2000er Jahre gemeinsam entwickeltes Luftabwehrsystem. Es gilt als flexibel einsetzbar und effektiv für die Verteidigung gegen Flugzeuge und Raketen.

Der ukrainische Vize-Außenminister Andrij Melnyk, früher Botschafter in Deutschland, rief am Sonntag dazu auf, Beiträge für eine »globale Panzer-Koalition« zu leisten, um eine Befreiung aller besetzten Gebiete im Jahr 2023 möglich zu machen. Er sagte der »Süddeutschen Zeitung« und schrieb auf Twitter: »Unser Überleben als Staat und als europäische Kulturnation ist in Gefahr.«

Die Bundesregierung ringt nach ihrem Ja zur Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine um Zusagen weiterer Staaten. Nach der politischen Freigabe von Lieferungen sei die geplante Allianz noch nicht komplett, erfuhr die Deutschen Presse-Agentur am Wochenende aus Regierungskreisen.

Scholz wirbt um Vertrauen in Sicherheitspolitik

Bundeskanzler Olaf Scholz warb am Sonntag um Vertrauen in die deutsche Sicherheitspolitik: »Vertrauen Sie mir, vertrauen Sie dieser Regierung«, sagte er bei einem Landesparteitag der schleswig-holsteinischen SPD in Husum. Zu Waffenlieferungen an die Ukraine sagte Scholz, jede Entscheidung werde sorgfältig abgewogen. »Wir haben nie alleine gehandelt. Ich bin ganz sicher, das ist richtig so.«

Zuvor hatte er sich in der »Bild am Sonntag« ähnlich geäußert. »Jede Waffenlieferung haben wir sorgfältig abgewogen, eng mit unseren Verbündeten koordiniert, allen voran mit Amerika. Dieses gemeinsame Vorgehen verhindert eine Eskalation des Krieges«, sagte Scholz der Zeitung. In Telefonaten mache er dem russischen Präsidenten Wladimir Putin »sehr deutlich«, dass Russland die alleinige Verantwortung für den Krieg habe. Putin habe dabei weder ihm - Scholz - noch Deutschland gedroht.

EU nimmt keine russischen Ölprodukte mehr ab

Wirtschaftlich geht der Westen Russland stärker an: Ölprodukte aus Russland dürfen seit Sonntag nicht mehr in die Europäische Union importiert werden. Außerdem gilt nun ein Preisdeckel auf Ölprodukte wie Diesel oder Heizöl. Beide Maßnahmen sollen die Einnahmen des Kremls begrenzen und die russischen Möglichkeiten zur weiteren Kriegsführung einschränken. Der Preisdeckel soll auch Preissprünge an den internationalen Märkten verhindern.

Grundlage der Einfuhrbeschränkung ist eine im vergangenen Juni von den 27 Mitgliedstaaten beschlossene Sanktionsverordnung wegen des russischen Angriffskriegs. Sie trat kurz nach dem Beschluss in Kraft, sah aber für das Ölprodukte-Embargo eine lange Übergangsfrist vor.

Bennett: Putin versprach mir bei Treffen, Selenskyj nicht zu töten

Kremlchef Wladimir Putin hat dem ehemaligen israelischen Ministerpräsident Naftali Bennett nach dessen Angaben zu Beginn des Ukraine-Kriegs versprochen, Selenskyj nicht zu töten. Bennett erzählte bei einem Gespräch mit einem israelischen Journalisten, Putin habe dieses Versprechen bei einem Vermittlungsgespräch in Moskau im März 2022 gemacht.

Nach etwa drei bis vier Stunden des Gesprächs habe er den russischen Präsidenten gefragt, ob er Selenskyj töten wolle, sagte Bennet, der das Gespräch am Samstagabend auf Facebook und Youtube veröffentlichte. Putin habe dies verneint. Bennett sagte, er habe Putin gebeten, ihm sein Wort zu geben. »Er sagte: «Ich werde Selenskyj nicht töten».«

Tweet Melnyk

Interview Bennett

Staatsanwaltschaft des Gebiets Charkiw

Mitteilung der ukrainischen Luftstreitkräfte

© dpa-infocom, dpa:230205-99-478794/3