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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Russland meldet die Eroberung der umlämpften Stadt Soledar in der Ostukraine. Die Diskussion über die Lieferung von schweren Kampfpanzern an die Ukraine wird konkreter. News kompakt.

Ukraine-Krieg - Donezk
Ukrainische Panzer rollen in Richtung Frontlinie in der Region Donezk. Foto: Evgeniy Maloletka
Ukrainische Panzer rollen in Richtung Frontlinie in der Region Donezk.
Foto: Evgeniy Maloletka

Nach tagelangen blutigen Gefechten mit Häuserkämpfen hat Russland die Stadt Soledar im Gebiet Donezk im Osten der Ukraine nun offiziell für eingenommen erklärt. Die Stadt sei am Abend des 12. Januar vollkommen in die Kontrolle der russischen Streitkräfte übergegangen, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Freitag mit. Eine Bestätigung Kiews dafür gab es zunächst nicht.

Es wäre die erste Einnahme einer Stadt durch die russische Armee seit Juli, als Lyssytschansk in dem Angriffskrieg gegen die Ukraine erobert worden war. Es wäre auch ein wichtiger psychologischer Erfolg für die nach vielen Niederlagen geschwächte russische Armee.

Westliche Experten hatten ebenfalls berichtet, dass Russland den Ort wohl eingenommen habe. In der Ukraine hatte das Verteidigungsministerium noch am Freitagmorgen gesagt, dass weiter um Soledar gekämpft werde. 

Für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ist das noch Monaten mit Erfolgen bei der Rückeroberung von Städten und Gebieten der erste größere Rückschlag. Der Chef der russischen paramilitärischen Organisation »Wagner«, Jewgeni Prigoschin, hatte bereits am Mittwoch mitgeteilt, dass Soledar eingenommen sei und nur noch von den Resten der ukrainischen Armee »gesäubert« werden müsse. Die Schlacht um Soledar gilt als eine der blutigsten des Krieges bisher.

Wann liefert Deutschland Kampfpanzer?

Die Debatte über die Lieferung schwerer Kampfpanzer aus dem Westen an die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen russische Invasoren wird konkreter. Nach einem ersten Vorstoß Polens deutete am Donnerstag auch Finnland vorsichtige Bereitschaft an, der Ukraine Leopard-2-Panzer zu überlassen. Damit wächst der Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz und die Ampel-Regierung, auf die monatelangen Forderungen und Bitten Kiews nach schweren Waffen einzugehen.

Sollte es ein gemeinsames europäisches Vorgehen zur Unterstützung der Ukraine mit Kampfpanzern geben, werde auch ein Beitrag Finnlands benötigt, sagte der finnische Präsident Sauli Niinistö am Donnerstag der Nachrichtenagentur STT. Finnland sei jedoch in einer besonderen Position, da es noch nicht Nato-Mitglied sei und direkt an Russland grenze. Wenn Panzer an die Ukraine übergeben werden, könne der finnische Beitrag dazu deshalb nicht sonderlich groß sein.

Finnland verfügt nach STT-Angaben über mehr als 200 in Deutschland hergestellte Leopard-2-Panzer. Berlin muss in der Regel die Weitergabe von Rüstungsgütern aus deutscher Produktion an Dritte genehmigen.

Mit einem Vorstoß zur Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine hatte Polen am Mittwoch den Druck auf Deutschland in der Debatte um Kampfpanzerlieferungen erhöht. Das Land hat nach Angaben von Präsident Andrzej Duda bereits die Entscheidung getroffen, im Rahmen einer Koalition den Ukrainern 14 Leopard-Kampfpanzer für eine Kompanie zu überlassen.

Dass Warschau sich für einen noch größeren Lieferumfang einsetzen dürfte, stellte der polnische Botschafter in Berlin, Dariusz Pawlos, in Aussicht. »Polen wird die Schaffung größerer militärischer Einheiten fordern, die für die Verteidigung der Ukraine von militärischer Bedeutung sein werden«, sagte der Diplomat den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag).

Resnikow: Ukraine ist De-facto Nato-Mitglied

Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksyj Resnikow betrachtet sein Land als De-facto-Mitglied der Nato. Das sagte Resnikow einem BBC-Bericht vom Freitag zufolge. »Wir haben Waffen und das Wissen, wie man sie benutzt«, sagte der Minister demnach zur Begründung. Für kontrovers hält er diese Sichtweise nicht. »Es ist eine Tatsache«, so Resnikow laut BBC. Er hoffe zudem, dass ein Land auch bald förmlich der westlichen Verteidigungsallianz beitreten werde.

Optimistisch äußerte sich Resnikow auch zu Lieferungen weiterer Waffensysteme aus dem Westen. Er sei sicher, dass sein Land »Panzer, Kampfflugzeuge und auch Waffen mit einer Reichweite von 300 Kilometern« erhalten werde. Anlass für diese Annahme gebe ihm, dass bei den westlichen Verbündeten die Befürchtungen vor einer Eskalation des Konflikts abnähmen, so Resnikow weiter.

Zu den widersprüchlichen Angaben über eine russische Einnahme der umkämpften ostukrainischen Stadt Soledar sagte er, die Situation sei dort »sehr schwierig, aber unter Kontrolle«. Kämpfer der russischen Söldnertruppe Wagner attackierten unter hohen Verlusten in einer Angriffswelle nach der anderen. Hintergrund seien mögliche wirtschaftliche Interessen von Wagner-Chef Jewgeni Priogschin an den Salzbergwerken in der Stadt.

Geheimdienst: Russland lässt Häftlinge Waffen produzieren

Die russische Rüstungsindustrie dürfte nach Ansicht britischer Militärexperten zunehmend auf Häftlinge als Arbeitskräfte setzen. Das geht aus dem täglichen Geheimdienst-Update zum Ukraine-Krieg des britischen Verteidigungsministeriums am Freitag hervor. Die etwa 400 000 Häftlinge in Russland seien eine »einzigartige« Ressource für Moskau im Angriffskrieg gegen die Ukraine, so die Mitteilung weiter. Besonders bei der Herstellung technisch wenig anspruchsvoller Waffen sei deren Arbeitskraft besonders gefragt und Hersteller unter Druck, die Produktion zu erhöhen.

© dpa-infocom, dpa:230113-99-202592/5