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Aktuell Ausland

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

In Moskau wird der Kremlkritiker Jaschin zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Türkei versucht indes, zwischen Putin und Selenskyj zu vermitteln.

Ukraine-Krieg - Awdijiwka
Ein Mann trägt in Awdijiwka Reisig für einen Holzofen zum Keller eines Wohnhauses, der als Bunker genutzt wird. Foto: Libkos
Ein Mann trägt in Awdijiwka Reisig für einen Holzofen zum Keller eines Wohnhauses, der als Bunker genutzt wird.
Foto: Libkos

In Russland ist einer der letzten prominenten Oppositionellen wegen seiner Kritik am Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilt worden. Der 39 Jahre alte Ilja Jaschin erhielt bei einem Verfahren in Moskau wegen angeblicher Verunglimpfung der russischen Streitkräfte eine Haftstrafe von achteinhalb Jahren.

Während Russland unterdessen auf dem Schlachtfeld nach Einschätzung des britischen Geheimdienstes wieder iranische Drohnen einsetzt, bemüht sich der türkische Präsident um eine Vermittlung zwischen Moskau und Kiew. Eine Friedensnobelpreisträgerin fordert indes, Wladimir Putin endlich vor ein internationales Tribunal zu stellen.

Erdogan will über Getreidekorridor sprechen

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will Gespräche mit Kremlchef Präsidenten Wladimir Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj führen. Ziel der für Sonntag geplanten Dialoge sei, den mit dem Getreideabkommen eingerichteten Korridor im Schwarzen Meer »zu stärken«, sagte Erdogan in Istanbul. Details nannte er nicht. Unter Vermittlung der Türkei und der Vereinten Nationen hatten Russland und die Ukraine im Juli ein Abkommen zum Export ukrainischen Getreides über einen Korridor im Schwarzen Meer geschlossen. Die Vereinbarung beendete eine monatelange Blockade der ukrainischen Getreideausfuhren infolge des russischen Angriffskriegs.

Belarus erlaubt nach Angaben der Vereinten Nationen den Transport ukrainischen Getreides durch sein Staatsgebiet, damit es von litauischen Häfen aus exportiert werden kann. Minsk erlaube dies ohne Vorbedingungen, hieß es von UN-Generalsekretär António Guterres in New York nach einem Treffen mit dem stellvertretenden Außenminister von Belarus, Juri Ambrasewitsch. Gleichzeitig habe Ambrasewitsch die Bitte seiner Regierung wiederholt, derzeit mit Sanktionen belegte Düngemittel exportieren zu können.

Putin zeigt sich enttäuscht von Merkel

Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich enttäuscht über die jüngsten Äußerungen von Altkanzlerin Angela Merkel zur Ukraine gezeigt. Russland interpretierte Aussagen Merkels in einem Interview von »Zeit online« so, dass der Minsker Friedensplan nur geschlossen worden ist, um der Ukraine Zeit zu geben, sich zu bewaffnen und auf einen Krieg mit Russland vorzubereiten. »Ehrlich gesagt, war das für mich absolut unerwartet. Das enttäuscht. Ich habe offen gesagt nicht erwartet, so etwas von der früheren Bundeskanzlerin zu hören«, sagte Putin in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek.

London: Russland will mehr Waffen vom Iran kaufen

Russland will nach Informationen Großbritanniens weitere Waffen vom Iran im Gegenzug für militärische Hilfe kaufen. »Russland versucht nun, mehr Waffen zu beschaffen, darunter Hunderte ballistische Raketen. Im Gegenzug bietet Russland dem Iran ein beispielloses Maß an militärischer und technischer Unterstützung an«, sagte die britische UN-Botschafterin Barbara Woodward am Freitag in New York. Bereits am Mittwoch hatte die Deutsche Presse-Agentur unter Berufung auf UN-Diplomatenkreise berichtet, dass Moskau erneut Hunderte Drohnen und ballistische Raketen in Teheran bestellt habe, um seinen militärischen Nachschub zu sichern.

Woodward sagte weiter, Großbritannien befürchte, dass Russland dem Iran fortschrittlichere militärische Ausrüstung zur Verfügung zu stellen könnte, die die Schlagkraft der Regionalmacht erhöhen könnte. »Die Verbreitung von Waffen durch den Iran stellt weit über die Region hinaus eine reale und erhebliche Bedrohung für die gesamte internationale Gemeinschaft dar.« Informationen, nach denen Russland zuletzt vermutlich wieder mit Hilfe iranischer Drohnen Ziele in der Ukraine angegriffen hat, könnten darauf hindeuten, dass bereits Nachschub in Russland eingetroffen sei.

Bericht: USA planen weitere Sanktionen gegen Russland

Die USA wollen einem Medienbericht zufolge weitere Sanktionen gegen Russland verhängen. Die Maßnahmen erfolgten unter anderem wegen des Einsatzes iranischer Drohnen, berichtete das »Wall Street Journal« unter Berufung auf mit dem Sachverhalt vertraute Regierungskreise. Wegen anderer Gründe würden auch Sanktionen gegen China ausgeweitet. Die Maßnahmen richten sich laut WSJ gegen ranghohe Mitglieder von Regierung, Militär und Wirtschaft, denen die USA Menschenrechtsverstöße und Korruption vorwerfen.

Selenskyj: Russland hat »Hölle« in die Ukraine gebracht

Die russische Armee hat mit ihrer Invasion in die Ukraine nach den Worten von Staatschefs Wolodymyr Selenskyj »die Hölle unter russischer Flagge« ins Land gebracht. Vor allem in den Frontgebieten des Donbass im Osten der Ukraine sei die Lage »sehr schwierig«, sagte Selenskyj am Freitagabend in seiner täglichen Videoansprache. Er zählte dabei die Brennpunkte Bachmut, Soledar oder Kremnina auf. In diesen Bereichen gebe es »schon seit langem keinen Lebensraum mehr, der nicht durch Granaten beschädigt wurde«.

Daneben sei die Stadt Bachmut von den Besatzern zerstört worden. »Eine weitere Donbass-Stadt, die die russische Armee in eine verbrannte Ruine verwandelte«, sagte Selenskyj. Zuvor schon hatte sein Berater Mychajlo Podoljak die Lage rund um Bachmut aus ukrainischer Sicht als »die Hölle auf Erden« beschrieben.

Nobelpreisträgerin: Russland darf nicht ungestraft davonkommen

Eine der diesjährigen Friedensnobelpreisträgerinnen ruft dazu auf, Putin und dessen Verbündete wegen Kriegsverbrechen vor ein internationales Tribunal zu stellen. »All diese Gräueltaten, denen wir jetzt in unserem Land gegenüberstehen, sind das Ergebnis der direkten Straffreiheit, die Russland jahrzehntelang genossen hat«, monierte die Vorsitzende des ukrainischen Zentrums für bürgerliche Freiheiten, Olexandra Matwijtschuk, auf einer Pressekonferenz der diesjährigen Friedensnobelpreisträger in Oslo. Jahrzehntelang habe das russische Militär Kriegsverbrechen in vielen Ländern verübt und sei dafür nie bestraft worden, sagte Matwijtschuk. »Wir müssen diesen Kreislauf der Straffreiheit jetzt durchbrechen.«

Tschechien lässt Ukraine-Flüchtlinge umziehen

Kurz vor Beginn der Wintersportsaison muss eine Gruppe ukrainischer Flüchtlinge ein Erholungsheim des tschechischen Parlaments verlassen. Die Entscheidung hat in der Öffentlichkeit für Kritik gesorgt. Rund zwei Dutzend Menschen waren seit dem Frühjahr in dem Gebäudekomplex des Abgeordnetenhauses in Harrachov im Riesengebirge untergebracht. Hintergrund ist der Wunsch mehrerer Abgeordneter, die Einrichtung nahe der Grenze zu Polen selbst für den Winterurlaub zu nutzen.

Man habe für die Flüchtlinge nun eine Ersatzunterkunft im Ort gefunden, sagte eine Sprecherin der Verwaltungsregion Liberec am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. »Ich bin froh, dass sie dort bleiben können, wo sie Arbeit haben und wo ihre Kinder in die Schule gehen«, teilte Regionspräsident Martin Puta mit.

Kritik am Verhalten der Parlamentsverwaltung äußerte neben der Opposition auch Regierungschef Petr Fiala. Die Ukrainer »hätten dort bleiben sollen, das hätte nicht geschehen dürfen«, sagte der liberalkonservative Politiker im Sender CNN Prima News. Die Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, Marketa Adamova Pekarova, wies die Kritik indes als einen »Sturm im Wasserglas« zurück.

Nahles lobt Integrationsbereitschaft

Arbeitsagentur-Chefin Andrea Nahles hat Geflüchteten aus der Ukraine einen großen Willen zur Integration in Deutschland bescheinigt. »Nach unseren Erfahrungen ist die Integrationsbereitschaft der ukrainischen Geflüchteten hoch«, sagte Nahles den Zeitungen der Funke Mediengruppe. 59.000 Geflüchtete hätten inzwischen eine sozialversicherungspflichtige Arbeit, weitere 18.000 einen Minijob. 116.000 machten derzeit Integrationskurse. Gut 600.000 ukrainische Flüchtlinge seien seit dem Kriegsausbruch bei den Jobcentern registriert worden, darunter auch 200.000 Kinder.

© dpa-infocom, dpa:221209-99-836052/15