Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird Angaben aus Kiew zufolge am G20-Gipfel in der kommenden Woche teilnehmen - vermutlich aber nicht persönlich nach Indonesien reisen. Der 44-Jährige werde vermutlich per Video zu der Veranstaltung zugeschaltet, wurde Präsidentensprecher Serhij Nykyforow im ukrainischen Fernsehen zitiert. Kremlchef Wladimir Putin hingegen hat bisher noch nicht mitgeteilt, ob auch er zum Gipfel kommt.
In Kiew blickt man mit Spannung auf den Ausgang der US-Zwischenwahlen - dort wurde am Dienstag über die Mehrheitsverhältnisse im Parlament abgestimmt. Die Republikaner im Repräsentantenhaus hatten damit gedroht, die massiven US-Hilfen für die Ukraine auszubremsen oder gar zu blockieren, sollten sie die Kongresskammer erobern. Das könnte den Kriegsverlauf zugunsten Russlands ändern. Beobachter sahen in der Drohung aber den Versuch, Druck aufzubauen, um die Demokraten an anderer Stelle zu Zugeständnissen zu bewegen.
Schwedens neuer Regierungschef Ulf Kristersson reiste unterdessen zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, um den Weg des nordischen Landes in die Nato zu ebnen.
G20-Einladung an Selenskyj angesichts des russischen Angriffs
Das alljährliche Treffen der Gruppe der großen Industrie- und Schwellenländer (G20) findet am Dienstag und Mittwoch kommender Woche auf der indonesischen Urlaubsinsel Bali statt. Dabei sind auch US-Präsident Joe Biden und Kanzler Olaf Scholz. Die Ukraine gehört zwar nicht zu den G20-Staaten. Angesichts des bereits seit mehr als acht Monaten andauernden russischen Angriffskriegs gegen sein Land wurde Selenskyj aber dennoch eingeladen.
Anfang November noch hatte er eine Teilnahme am Gipfel ausgeschlossen, sollte Putin in Bali sein. Aus dem Büro des indonesischen Präsidenten Joko Widodo hieß es am Dienstag, es sei sehr wahrscheinlich, dass Putin nicht komme. Putin hat seine Teilnahme bisher offen gelassen. »Vielleicht reise ich. Ich denke noch darüber nach«, sagte er vergangene Woche. Russland werde auf jeden Fall mit einer ranghohen Delegation vertreten sein, sagte der Kremlchef.
Selenskyj lobt internationale Militärhilfe
Der ukrainische Präsident lobte die internationale Hilfsbereitschaft für sein Land. »Die aktuelle Eskalation des russischen Raketen- und Drohnenterrors hat nur dazu geführt, dass die Welt (...) mit neuer Hilfe für die Ukraine antwortet«, sagte Selenskyj in seiner Videoansprache in der Nacht zum Dienstag. Er berichtete von Erfolgen gegen die russischen Truppen in den besetzten Gebieten im Süden und im Osten der Ukraine. Insbesondere in der Region Donezk sterben nach Selenskyjs Worten täglich Hunderte Russen. Moskau bestreitet derart hohe Verluste.
Russland zeigt sich offen für Dialog mit den USA
Russland ist nach Angaben des Außenministeriums weiterhin offen für einen Dialog mit den USA zum »gegenseitigen Vorteil«. Man wolle »zielgerichtete Kontakte mit den Vereinigten Staaten zu notwendigen Fragen aufrechterhalten«, sagte Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa am Dienstag im Staatsfernsehen. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern befinden sich wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf einem Tiefpunkt. Washington hatte Moskau zuletzt mehrfach auch vor dem Einsatz von Nuklearwaffen gewarnt.
UN-Botschafterin der USA für Gespräche in Kiew
Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield, reiste zu Gesprächen in die ukrainische Hauptstadt Kiew. Bei einem Treffen mit Selenskyj habe sie die fortdauernde Unterstützung der USA zugesichert, teilte die US-Mission bei den Vereinten Nationen im Anschluss mit. Die Vereinigten Staaten seien bereit, das Land so lange wie nötig zu unterstützen. Die Diplomatin machte sich auch ein Bild von einem Getreidewerk und besuchte ein kriminaltechnisches Labor sowie eine Sammelunterkunft für Binnenvertriebene in Irpin.
Erst vergangenen Freitag hatte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, in der Ukraine Gespräche geführt. Die USA unterstützen das Land in seinem Abwehrkampf gegen Russland nicht nur mit Militärhilfe, sondern auch humanitär.
Kristersson bei Erdogan - weiter kein grünes Licht für Nato-Beitritt
Die Türkei macht den Weg zu einer Nato-Mitgliedschaft Schwedens und Finnlands weiterhin nicht frei. Er hoffe auf größere Fortschritte bei einem nächsten schwedisch-finnisch-türkischen Treffen Ende November in Stockholm, sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Dienstag nach einer ersten Zusammenkunft mit dem neuen schwedischen Regierungschef Ulf Kristersson in Ankara. Schweden wolle für seine eigene Sicherheit in die Nato - da sei es nur richtig, wenn es alles tue, um der Türkei bei ihrer Sicherheit zu helfen.
Moskau verbietet Militärzusammenarbeit mit 20 deutschen Unternehmen
Als Antwort auf westliche Sanktionen verbot Russland die militärisch-technische Zusammenarbeit mit 74 ausländischen Unternehmen. Die Liste umfasst Unternehmen aus verschiedenen »unfreundlichen Ländern«, darunter auch 20 Firmen aus Deutschland, wie Moskau mitteilte. Dazu gehören zudem Unternehmen aus Bulgarien, Großbritannien, Kanada, Tschechien, Estland, Litauen, die Slowakei, Montenegro, Polen und den USA. Im Zuge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatten zahlreiche Länder und auch die EU seit Februar weitreichende Sanktionen gegen Moskau verhängt.
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