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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

In russischen Städten sind bei neuen Protesten gegen Moskaus Krieg in der Ukraine Hunderte Menschen festgenommen worden. Und der ukrainische Präsident hat einen Rat für die Angreifer. Ein Überblick.

Moskau
Russische Polizisten halten Demonstranten fest, die gegen die von Kremlchef Putin angeordnete Teilmobilmachung in Russland für den Krieg in der Ukraine protestieren. Foto: Uncredited
Russische Polizisten halten Demonstranten fest, die gegen die von Kremlchef Putin angeordnete Teilmobilmachung in Russland für den Krieg in der Ukraine protestieren.
Foto: Uncredited

Nach neuen Protesten gegen die in Russland laufende Teilmobilmachung für den Krieg in der Ukraine hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Moskaus Kämpfer zum Aufgeben aufgefordert.

Es sei besser, die Einberufung zum Dienst abzulehnen, als auf fremder Erde als Kriegsverbrecher zu sterben, sagte Selenskyj in seiner am Samstagabend veröffentlichten Videobotschaft in russischer Sprache. Zugleich bot er an, dass sich russische Soldaten freiwillig in Kriegsgefangenschaft begeben könnten. Dort würden sie zivilisiert behandelt.

Der Staatschef wandte sich damit schon zum zweiten Mal in dieser Woche auf Russisch an die Nachbarn - gegen die »verbrecherische Mobilisierung«. Mit Blick auf die hohen Strafen für Fahnenflüchtige in Russland, die Kremlchef Wladimir Putin am Samstag in Kraft setzte, sagte Selenskyj, dass niemand erfahren werde, unter welchen Umständen die Soldaten aufgeben. »Wenn Ihr Angst habt zurückzukehren und keinen Gefangenenaustausch wollt, dann werden wir einen Weg finden, auch das sicherzustellen.«

Kremlchef Putin will rund 300 000 Reservisten einziehen lassen, um nach den Niederlagen der russischen Armee in der Ukraine die dort noch besetzten Gebiete zu halten. Putin hatte deshalb am Mittwoch - sieben Monate nach dem Einmarsch in die Ukraine - eine Teilmobilmachung angeordnet. Bei vielen Russen löste das Panik aus. Bei Protesten in Dutzenden Städten in Russland wurden seit Mittwoch mehr als 2000 Menschen festgenommen.

Festnahmen bei Protesten gegen Putins Krieg in Russland

Am Samstag wurden bei neuen Protesten in Russland gegen die Teilmobilmachung mehr als 700 Menschen festgenommen. Das Menschenrechtsportal ovd.info berichtete am Abend in Moskau von landesweit 747 Festnahmen in 32 Städten. Es handele sich nur um die namentlich bekannten Männer und Frauen, in Gewahrsam könnten noch deutlich mehr Menschen sein, hieß es. Allein für die russische Hauptstadt Moskau wurden mindestens 380 Festnahmen angegeben - und für St. Petersburg 125.

Die russische Polizei ging teils brutal gegen Teilnehmer der von den Behörden verbotenen Anti-Kriegs-Proteste vor. Aus St. Petersburg wurden in sozialen Netzwerken Videos veröffentlicht, die zeigten, wie Männer in Kampfuniform und mit Helm auf Demonstranten einknüppelten. Das Portal ovd.info berichtete unter Berufung auf Augenzeugen, dass die Sicherheitskräfte Elektroschocker eingesetzt hätten.

Lawrow: Westen will die Welt spalten und Russland »zerstückeln«

Unterdessen nutzte Russlands Außenminister Sergej Lawrow seinen Auftritt bei der Generaldebatte der UN-Vollversammlung am Samstag in New York für einen zornigen Rundumschlag gegen den Westen. Kritik am Krieg gegen die Ukraine und an den Scheinreferenden in besetzten Gebieten wies er zurück. Lawrow warf dem Westen vor, die Welt spalten und sein Land zerstören zu wollen. Mit Blick auf die USA, die EU und ihre Verbündeten sagte er: »Es ist ihnen nicht mal mehr peinlich, offen zu erklären, dass es nicht nur die Absicht gibt, unserem Land eine militärische Niederlage zuzufügen, sondern Russland zu zerstören, zu zerstückeln.«

Westliche Staaten haben Russland mit harten Sanktionen belegt und grenzen sich von dessen Führung ab, nachdem Moskaus Truppen Ende Februar das Nachbarland Ukraine überfallen hatten. Mit Blick auf westliche Militärhilfen für die Ukraine warf Lawrow insbesondere den USA vor, die Ukraine lediglich als »Material im Kampf gegen Russland« zu benutzen.

Kritik an den nun laufenden Scheinreferenden in mehreren besetzten ostukrainischen Gebieten wies Moskaus Chefdiplomat zurück. Der »Wutausbruch« des Westens sei unbegründet, sagte er. Die Bewohner der Regionen nähmen nur »ihr Land mit, in dem ihre Vorfahren seit Hunderten von Jahren leben«. Seit Freitag wird in den vier russisch besetzten Gebieten Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja in Scheinreferenden über einen Beitritt zu Russland abgestimmt. UN-Generalsekretär António Guterres hatte eine mögliche Annexion der Gebiete zuletzt als Verletzung des Völkerrechts bezeichnet.

Einmal mehr kritisierte Lawrow auch westliche Waffenlieferungen an die angegriffene Ukraine. Die USA, die Nato und die EU könnten vor diesem Hintergrund nicht behaupten, an dem »Konflikt« unbeteiligt zu sein. Bei einer Pressekonferenz im Anschluss machte er deutlich: »Das gesamte Gebiet der Russischen Föderation, das in der russischen Verfassung festgelegt ist und noch zusätzlich festgelegt werden kann, steht auf jeden Fall unter dem vollen Schutz des Staates.«

Was heute wichtig wird

In den von Russland besetzten Gebieten in der Ukraine gehen an diesem Sonntag die Scheinreferenden über einen Beitritt zu Russland weiter. Die Ukraine und der Westen sehen in den noch bis Dienstag angesetzten Zwangsabstimmungen einen Völkerrechtsbruch. Russland hingegen beruft sich auf das »Selbstbestimmungsrecht der Völker«. Es wird erwartet, dass die Gebiete annektiert und womöglich schon am Freitag (30. September) von Putin zu russischem Staatsgebiet erklärt werden.

Video von Wolodymyr Selenskyj

Liste der Rednerinnen und Redner

UN-TV mit Stream

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