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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Seit Kriegsbegin gelten in der Ukraine über 16.000 Menschen als vermisst. Russlands Außenminister Lawrow sieht eine reale Gefahr für den Ausbruch eines Dritten Weltkriegs. Die Ereignisse im Überblick.

Ozera
Trauergäste einer Beerdigung im ukrainischen Ozera. Foto: Emilio Morenatti
Trauergäste einer Beerdigung im ukrainischen Ozera.
Foto: Emilio Morenatti

Gut zwei Monate nach Kriegsbeginn beklagt die Ukraine nach neuen russischen Angriffen weitere Tote und Verletzte in mehreren Regionen des Landes.

Der Generalstab meldete aber auch Erfolge im Kampf gegen die russischen Truppen: So hätten ukrainische Truppen in der Region Welyka Olexandriwka ein russisches Munitionslager vernichtet. Die russische Armee hat nach eigenen Angaben wiederum mehrere ukrainische Flugabwehrsysteme im Osten des Landes außer Gefecht gesetzt. Überprüfbar waren diese Angaben nicht.

Infolge des russischen Angriffskrieges sind bereits über 16.000 Menschen als vermisst gemeldet worden. »An erster Stelle steht die Suche nach Vermissten, danach was bombardiert und zerstört wurde«, sagte die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Ljudmyla Denissowa, in einem Fernsehinterview. Unter den Vermissten seien etwa 2000 Soldaten. Von den Zivilisten stammt etwa ein Viertel aus der seit Anfang März von russischen Truppen eingeschlossenen südostukrainischen Hafenstadt Mariupol.

Lawrow sieht Gefahr für Dritten Weltkrieg

Der russische Außenminister Sergej Lawrow sieht eine reale Gefahr für den Ausbruch eines Dritten Weltkriegs. Er machte in einem Interview im russischen Fernsehen zudem deutlich, dass er Waffenlieferungen der Nato an die Ukraine als berechtigte Angriffsziele für sein Land betrachtet.

Die Gefahr eines Dritten Weltkrieges sei »ernst, sie ist real, sie darf nicht unterschätzt werden«, sagte Lawrow in dem Interview, das das Außenministerium am Montagabend in seinem Telegram-Kanal teilte. Gleichzeitig erklärte er, dass er nicht wolle, dass in einer derartigen Situation die Risiken noch weiter künstlich aufgebläht würden. Es gäbe viele Seiten, die das wollten, sagte er, ohne konkret zu werden. Die Unzulässigkeit eines Atomkrieges bleibe die prinzipielle Position Russlands.

Auf einen Vergleich der aktuellen Situation mit der Zeit der Kubakrise angesprochen sagte Lawrow, dass es damals wenig geschriebene Regeln gegeben habe. Aber die »Verhaltensregeln« seien ziemlich klar gewesen - in Moskau habe man gewusst, wie sich Washington verhalte, und Washington sei klar gewesen, wie sich Moskau verhalte. Auch heute gebe es wenige Regeln, sagte Lawrow weiter und verwies auf den atomaren Abrüstungsvertrag New Start. Aber »gleichzeitig sind alle anderen Instrumente der Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung praktisch zerstört«.

Russland spricht von voller Kontrolle über das Gebiet Cherson

Das russische Militär hat eigenen Angaben nach die Kontrolle über große Teile der Ost- und Südukraine erlangt. »Die russische Armee hat das gesamte Gebiet Cherson, Teile der Gebiete Charkiw, Saporischja, Mykolajiw sowie bedeutende Teile der Donezker und Luhansker Volksrepublik unter ihre Kontrolle genommen«, erklärte Generaloberst Michail Misinzew vom russischen Verteidigungsministerium am Dienstag.

In den eroberten Gebieten kehre langsam wieder der friedliche Alltag ein, die soziale Infrastruktur werde instand gesetzt und die Aussaat habe begonnen, behauptete Misinzew. Seinen Worten nach blockiert die ukrainische Seite alle humanitären Korridore, die von Russland geöffnet würden. Über die vollständige Kontrolle des Gebiets Cherson gibt es widersprüchliche Angaben.

Österreichs Bevölkerung übersteigt 9 Millionen

Die Einwohnerzahl in Österreich ist erstmals über die Marke von 9 Millionen geklettert. Die Ankunft von Geflüchteten aus der Ukraine spielte dabei eine entscheidende Rolle, wie die staatliche Statistik Austria am Dienstag berichtete. Anfang April lebten laut der offiziellen Statistik 9,03 Millionen Menschen in Österreich. Die Bevölkerung stieg im ersten Quartal um rund 48.000 Menschen an. Mehr als 40.000 davon kamen aus der Ukraine.

Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar sind laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR fast 5,3 Millionen Menschen ins Ausland geflohen. Nur ein kleiner Teil davon hat Österreich erreicht. In Polen sind 2,9 Millionen Flüchtlinge registriert worden. In anderen Nachbarländern der Ukraine sind jeweils Hunderttausende angekommen.

London warnt vor hohen russischen Verlusten

Die russischen Truppen dürften nach Ansicht britischer Experten versuchen, die ukrainischen Kräfte im Osten des Landes einzukreisen. Das teilte das Verteidigungsministerium in London am Dienstag in seinem täglichen Geheimdienst-Update zum Ukraine-Krieg mit. Schwere Kämpfe gebe es Berichten zufolge südlich der Stadt Isjum, wo russische Kampfverbände in Richtung der Städte Slowiansk und Kramatorsk aus nördlicher und östlicher Richtung vorstoßen. In der am Fluss Dnepr in der Südukraine gelegenen Stadt Saporischschja haben sich den britischen Experten zufolge die ukrainischen Streitkräfte bereits auf einen potenziellen russischen Angriff aus südlicher Richtung vorbereitet.

Der britische Verteidigungsstaatssekretär James Heappey warnte unterdessen vor heftigen russischen Verlusten bei deren Vorstoß im Donbass. Der mutmaßliche Wunsch des russischen Präsidenten Wladimir Putin, zur Feier des Siegs über Nazi-Deutschland am 9. Mai einen Erfolg vorweisen zu können, werde Tausende russische Soldaten das Leben kosten.

London: Getreideernte in Ukraine fällt um 20 Prozent

Die russische Invasion in die Ukraine hat die landwirtschaftliche Produktion in der Ukraine erheblich gestört. Die Getreideernte werde in diesem Jahr aufgrund reduzierter Aussaatflächen nach der Invasion voraussichtlich um rund 20 Prozent niedriger ausfallen als 2021, teilte das britische Verteidigungsministerium in seinem täglichen Geheimdienst-Update mit.

Die Ukraine sei der weltweit der viertgrößte Produzent und Exporteur von Agrargütern, hieß es weiter. Ein reduziertes Getreideangebot aus der Ukraine werde Inflationsdruck erzeugen und den globalen Getreidepreis in die Höhe treiben. Das UN-Welternährungsprogramm (WFP) dringt gleichzeitig darauf, Handelswege für Getreide aus dem Kriegsland Ukraine offen zu halten. Die UN-Institution geht davon aus, dass bei Weizen nur rund die Hälfte der Vorjahresmenge geerntet werden kann.

© dpa-infocom, dpa:220426-99-43344/11