Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat die EU-Einigung auf verschärfte Asylverfahren energisch verteidigt. Arbeitsmigration müsse legalisiert, aber irreguläre Migration eingedämmt werden, sagte der Grünen-Politiker in der Nacht in der ZDF-Sendung »Markus Lanz«. Auch wenn es noch keinen echten Verteilmechanismus gebe, sei der Kompromiss ein sehr guter Anfang.
Angesprochen auf die Kritik, dass die Migranten an den EU-Außengrenzen wie in Gefängnissen leben sollen, entgegnete er: »Man kann sowas natürlich immer mit solchen Verbalinjurien belegen.« Es sei aber keine Haft, sagte Kretschmann. »Die Leute können ja zurück. Das ist doch keine Haft.« Das Asylrecht sei aber der Vereinbarung zufolge weiter gewährleistet.
Der Kompromiss sei der Beginn dessen, dass alle Verantwortung übernehmen müssten in Europa, sagte Kretschmann in der Sendung. Wenn Deutschland zum Schluss das einzige Land sei mit einer liberalen Flüchtlingspolitik, alle dorthin wollten und alle anderen zumachten, dann »platze« es irgendwann und funktioniere nicht mehr.
Kritik vom Flüchtlingsrat
Der Flüchtlingsrat reagierte mit beißender Kritik auf die Äußerungen des Regierungschefs. Diese seien »menschenverachtend und drohen, rechtspopulistische Kräfte in Baden-Württemberg weiter zu stärken«. Kretschmanns Aussagen schürten »rechtsextreme Szenarien der Überfremdung«, kritisierte der Flüchtlingsrat.
Nach dem EU-Beschluss ist unter anderem ein härterer Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive vorgesehen. So sollen Menschen aus als sicher geltenden Ländern künftig nach dem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Einrichtungen kommen - auch Familien mit kleinen Kindern. Dort soll dann innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob die Antragsteller Chancen auf Asyl haben. Wenn nicht, sollen sie umgehend zurückgeschickt werden.
Die Bundesregierung hatte sich in den Verhandlungen dafür eingesetzt, dass Familien mit minderjährigen Kindern von den sogenannten Grenzverfahren ausgenommen werden. Um den Durchbruch zu ermöglichen, musste sie letztlich akzeptieren, dass dies doch möglich sein könnte. Auch unter den Partei- und Fraktionsspitzen der Grünen selbst gibt es keine Einigkeit über die Bewertung der Einigung.
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