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Krebspatienten demonstrieren an syrischer Grenze zur Türkei

Bürgerkrieg und verheerende Erdbeben haben schwere Folgen für die Menschen in Syrien. Adäquate medizinische Versorgung suchen viele im Nachbarland - doch die Einreise ist nicht unbedingt gewährleistet.

Krebspatienten-Protest
Menschen, die sich mit Krebspatienten solidarisieren, demonstrieren an der syrischen Grenze zur Türkei. Foto: Anas Alkharboutli/DPA
Menschen, die sich mit Krebspatienten solidarisieren, demonstrieren an der syrischen Grenze zur Türkei.
Foto: Anas Alkharboutli/DPA

Dutzende Krebspatienten aus dem Nordwesten Syriens haben an einem Grenzübergang zur Türkei für die Erlaubnis einer Einreise und medizinische Behandlungen im Nachbarland demonstriert. Die Patienten stellten laut Augenzeugen am Grenzübergang Bab al-Hawa Zelte und Betten für den Protest auf. Der Leiter des Onkologie-Programms bei der US-Hilfsorganisation SAMS, Bassil Atassi, sagte: »Es ist dringend. Die Grenzen müssen geöffnet werden.« Die Leben vieler Krebskranker seien in Gefahr. SAMS unterstützt unter anderem Krankenhäuser im Nordwesten des Bürgerkriegslandes.

Die Region ist vom Rest des Landes abgeschnitten, staatliche Hilfe gibt es nicht. Die medizinische Versorgung ist nach mehr als zehn Jahren Bürgerkrieg sehr schlecht. Vergangenes Jahr waren nur etwa zwei Drittel der medizinischen Einrichtungen voll funktionsfähig, durch die Erdbeben in Syrien und der Türkei im Februar wurden weitere von ihnen teils oder ganz zerstört.

UN und EU tragen häufig die Kosten

Bab al-Hawa ist der wichtigste Grenzübergang für humanitäre Hilfen für den Nordwesten Syriens. Die Türkei ist nicht verpflichtet, Menschen zur Behandlung einreisen zu lassen. Die Kosten für die Behandlungen tragen Menschenrechtsaktivisten zufolge häufig die Vereinten Nationen und die Europäische Union.

Nach den verheerenden Erdbeben im Februar nahm die Türkei lange Zeit keine Krebspatienten auf. Erst vor einigen Wochen kamen wieder Patienten über die Grenze - rund 260, die schon zuvor in der Türkei behandelt worden waren. Dem Gesundheitsdirektor der syrischen Provinz Idlib zufolge warten aktuell etwa 600 weitere Krebspatienten auf Einreise in die Türkei, darunter etwa 100 Kinder. Laut einem Bericht von SAMS und der Organisation Relief International (RI) werden im Nordwesten Syriens jedes Jahr bis zu 3000 neue Krebsfälle diagnostiziert.

»Meine Lage ist elend«, sagte ein Leukämiekranker der dpa. »Wenn ich nicht behandelt werde, wird sich mein Gesundheitszustand verschlechtern.« Ein anderer Mann sagte, bei seinem drei Jahre alten Sohn sei nach den Erdbeben ein Hirntumor entdeckt worden und nach einer Operation müsse dieser dringend in Strahlentherapie. »Wir rufen die Türkei dazu auf, die Grenze wieder zu öffnen«, sagte er. Sonst werde sein Sohn »wieder erkranken und sterben«.

© dpa-infocom, dpa:230722-99-497382/3