Der erbitterte Streit um den Haushalt in den USA offenbart die tiefe Spaltung der Republikaner im Kongress und dämpft die Hoffnung auf eine baldige Genehmigung neuer Hilfsgelder für die Ukraine. Der republikanische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, ist nach seiner Unterstützung für ein parteiübergreifend ausgehandeltes Haushaltsgesetz in seiner Fraktion unter Beschuss geraten. Parteikollegen vom rechten Rand treiben Johnson vor sich her und drohen damit, ihn aus dem Amt zu jagen. Sie stemmen sich auch gegen neue Hilfen für die von Russland angegriffene Ukraine.
Antrag mit Sprengkraft
Der Kongress hat ein 1,2 Billionen US-Dollar umfassendes Haushaltspaket verabschiedet, das die US-Regierung bis Ende September finanziert. Damit ist ein teilweiser Stillstand der Regierungsgeschäfte im letzten Moment abgewendet worden. Johnson setzte das Paket trotz heftiger Kritik aus seiner Fraktion im Repräsentantenhaus durch, am Ende stimmte eine Mehrheit der Republikaner dagegen. Die Republikaner haben eine hauchdünne Mehrheit in der Parlamentskammer, das Paket wurde mithilfe der Stimmen der Demokraten angenommen. Die Streitereien über den Haushalt hatten Monate angedauert.
Die Abgeordnete Marjorie Taylor Greene vom ultrarechten Rand brachte nach der Abstimmung im Repräsentantenhaus überraschend einen Antrag ein, um Johnson aus dem Amt zu jagen. Dabei handelte es sich laut Greene zunächst nur um eine »Warnung«. Das Haushaltspaket ist ihrer Ansicht nach ein Etat der Demokraten, hinter dem sie nicht steht. Johnsons Verhalten sei »Betrug«. Gleichzeitig erklärte sie aber auch: »Wir brauchen einen neuen Vorsitzenden.« Zwischen Greenes Antrag und einem tatsächlichen Misstrauensvotum sind einige parlamentarische Zwischenschritte notwendig. Es ist unklar, ob - und wenn ja, wann - es dazu kommen könnte.
Chaos in der Fraktion
Greene deutete aber auch an, was sie dazu bewegen könnte, weitere Schritte gegen Johnson einzuleiten. Dazu zähle, dass Johnson ein vom Senat genehmigtes Hilfspaket, das rund 60 Milliarden US-Dollar an Unterstützung für die Ukraine vorsieht, im Repräsentantenhaus zur Abstimmung bringt. Dort steht die Zustimmung noch aus. »Das ist nicht, was die Menschen wollen«, sagte Greene. Radikale Republikaner wie Greene lehnen die Unterstützung für Kiew ab. Darum hat Johnson bisher eine Abstimmung über neue Hilfen blockiert.
Zuletzt hatte sich der 52-Jährige Berichten zufolge aber offen dafür gezeigt, eine Abstimmung über das Hilfspaket möglich zu machen. Dies dürfte er sich nun zweimal überlegen. Denn Greenes Schritt verdeutlicht einmal mehr Johnsons politisch heikle Lage. Seit seiner Wahl zum Vorsitzenden im Oktober vergangenen Jahres treiben ihn Abgeordnete der radikalen Rechten vor sich her. Sein Vorgänger, Kevin McCarthy, war zuvor selbst über die Finanzierungsfrage gestürzt. Er wurde in einer historischen Abstimmung von dem Posten des Vorsitzenden der Parlamentskammer abgewählt.
Ukraine-Hilfen in der Schwebe
Die Radikalen in seiner Fraktion wollen größere Einsparungen erzwingen. Sie stören sich an der weiteren Finanzierung von Regierungsprogrammen des demokratischen US-Präsidenten Joe Biden. Die Verabschiedung eines Haushalts gehört allerdings zu den Kernaufgaben des Kongresses und erfordert in der Regel überparteiliche Kompromisse.
Teile der republikanischen Partei erwecken mit ihrer generellen Blockadehaltung den Eindruck, sie seien vor allem daran interessiert, Chaos zu stiften. Das zeigt auch Greenes Vorgehen gegen Johnson. Der Erzkonservative zählt nicht gerade zum moderaten Lager seiner Partei und muss jetzt trotzdem um seinen Posten fürchten.
USA gelten als wichtigster Verbündeter der Ukraine
Offen ist, wie viel Unterstützung Greene für ihren Antrag in ihrer Fraktion bekommt. Doch bei den knappen Mehrheitsverhältnissen in der Parlamentskammer reichen schon einige wenige Stimmen von republikanischen Abgeordneten, um Johnson loszuwerden - sollten die Demokraten geschlossen für eine Abwahl stimmen. Das taten sie damals bei McCarthy. Berichten zufolge, haben Demokraten Johnson angeboten, ihn zu retten, sollte er eine Abstimmung über die Ukraine-Hilfen zulassen. Bequemer und wohl auch gesichtswahrender dürfte es für ihn allerdings sein, die Krise einfach auszusitzen.
Die USA gelten als wichtigster Verbündeter der Ukraine im Abwehrkampf gegen die russische Invasion. Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 hat die Regierung unter Präsident Biden militärische Hilfe im Umfang von mehr als 44 Milliarden US-Dollar für Kiew bereitgestellt. Die vom Kongress für die Ukraine genehmigten Mittel sind nach Angaben der US-Regierung allerdings aufgebraucht.
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