Für die Berliner SPD und ihre Landesvorsitzende Franziska Giffey kam es in diesem Jahr Schlag auf Schlag: Erst ein mieses Wahlergebnis von 18 Prozent im Februar, dann nur eine knappe Mehrheit bei der Mitgliederabstimmung für die Koalition mit der CDU.
Am Donnerstag brauchte es schließlich drei Anläufe zur Wahl des neuen Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner von der CDU. In vier Wochen steht der Landes-SPD ein Parteitag bevor. Er könnte zur Abrechnung mit Giffey geraten. Erste Sozialdemokraten fordern dies bereits.
Nach dem Fehlstart der CDU/SPD-Koalition nahm zunächst der neue Senat seine Arbeit auf. Wegner und die zehn Senatorinnen und Senatoren kamen zu ihrer ersten Arbeitssitzung zusammen. Danach wurden die Staatssekretäre ernannt. In den Senatsverwaltungen erfolgten Amtsübergaben. Auch Giffey trat ihren neuen Job als Wirtschaftssenatorin an.
SPD muss zwei Wahlschlappen aufarbeiten
Parallel wurde weitere Kritik an den Führungspersonen um Giffey laut - ohne dass ihr Name genannt wurde. »Es ist an der Zeit, politische Verantwortung zu übernehmen«, sagte der Abgeordnete und Kreisvorsitzende Lars Rauchfuß dem RBB-Inforadio. Die SPD müsse zwei Wahlschlappen aufarbeiten. Die Koalition von CDU und SPD sei nur von den Chefs verabredet worden und auf beiden Seiten der Parteien »nicht so richtig gewollt«.
Giffey räumte mit Blick auf den Parteitag Ende Mai ein, man müsse das Ergebnis der Wiederholungswahl auswerten und auch »über die inhaltliche Ausrichtung der Partei« sprechen. Auch gehe es darum, dafür zu sorgen, »dass die Partei wieder zusammenkommt«.
Der neue Stadtentwicklungs- und Bausenator Christian Gaebler (SPD) kündigte mit Blick auf die fehlenden Stimmen bei der Wahl Wegners an: »Ich glaube, es wird da noch mal interne Diskussionen geben.« Auch auf dem Parteitag sei eine »Klärung« angesagt.
Wegner schloß dritten Wahlgang nicht aus
Wegner hatte im ersten Wahlgang nur 71 Stimmen erhalten, 15 weniger als die 86 Sitze von CDU und SPD. Im zweiten Durchgang waren es 79 Stimmen. Am Ende kam er schließlich auf 86 Ja-Stimmen. In der SPD gibt es großen Widerstand gegen die Koalition, auch in der CDU sind nicht alle glücklich.
Wegner gab danach zu: »Ich habe mir gewünscht, im ersten Wahlgang gewählt zu werden. Aber ehrlicherweise mit dem zweiten gerechnet. Ich habe aber auch nicht ausgeschlossen, dass es ein dritter werden kann.« Nach dem zweiten gescheiterten Wahlgang sei mehreren Abgeordneten ins Gewissen geredet worden, sagte er dem »Tagesspiegel«. »Es gab Einzelgespräche mit den Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD, wo es Vermutungen gab.« Zu der Frage, bei wie vielen CDU-Abgeordneten der Verdacht der Nein-Stimme bestanden habe, sagte Wegner: »Zu viele, finde ich.«
Am Freitag verbreitete er dann positive Stimmung. »Wir haben ein ganz tolles Verhältnis im Senat«, sagte er am Rande seiner ersten Veranstaltung im neuen Amt, einer Feier der Deutsch-Israelischen Gesellschaft zum 75. Unabhängigkeitstags Israels.
»Bekannte Methoen der AfD«
Die AfD veröffentlichte am Freitag eine Liste mit 10 von 17 Namen von Abgeordneten, die im dritten Wahlgang der geheimen Abstimmung für Wegner votiert hätten. Wenn dies stimmt, hätte Wegner von seiner Koalition vermutlich nur 76 Stimmen erhalten, zehn weniger als es Abgeordnete bei CDU und SPD gibt.
Solche Spekulationen wies Wegner mehrfach zurück. Und die neue Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg, zuvor im Bundesamt für Verfassungsschutz Beobachterin der AfD, wird im »Tagesspiegel« zitiert: »Es gehört zu den bekannten Methoden der AfD, Desinformationen zu verbreiten und Verschwörungstheorien zu bedienen. Wer auf diese eingeht, bestellt das Feld der AfD.«
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