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Kommt die Republik? Commonwealth debattiert Staatsform

Doch schon Lebzeiten der Queen wurde in manch ehemaliger Kolonie diskutiert, ob die Monarchie noch die passende Staatsform ist. Der Übergang zu König Charles III. könnte einen Umbruch einleiten.

König Charles III.
König Charles III. ist Staatsoberhaupt von 15 Ländern. Foto: Chris Jackson
König Charles III. ist Staatsoberhaupt von 15 Ländern.
Foto: Chris Jackson

Gaston Browne hatte es besonders eilig. Zurückhaltung nach dem Tod von Königin Elizabeth II. kannte der Premierminister von Antigua und Barbuda nicht. Kaum war bekannt, dass Queen-Sohn Charles neuer König ist, kündigte Browne im britischen Sender ITV eine Volksabstimmung innerhalb von drei Jahren zu der Frage an, ob das Land mit knapp 100.000 Einwohnern eine Republik werden soll. Der Karibik-Staat ist keine Ausnahme: Mit dem Tod der »ewigen« Queen flammt in vielen ehemaligen britischen Kolonien nun die Diskussion über die passende Staatsform auf. Ein globaler Überblick.

Karibik

Antigua und Barbuda ist kein Ausreißer in der Region. Hier liegt die Hälfte der 14 Länder, in denen König Charles III. außerhalb des Vereinigten Königreichs noch Staatsoberhaupt ist. Als Queen-Enkel Prinz William im März in der Karibik unterwegs war, gab es Proteste. In Jamaika forderten Demonstranten eine Entschuldigung und Reparationen für die Verbrechen der Kolonialzeit. »Wir ziehen weiter«, sagte Premierminister Andrew Holness, neben William stehend, in Bezug auf die Monarchie. Konkrete Schritte gab es bisher nicht.

Eine Abkehr von der Krone befürworteten in einer Umfrage der Zeitung »Jamaica Gleaner« vom Juli 56 Prozent von mehr als 1000 Befragten in dem Inselstaat, der durch Sklavenarbeit auf Zuckerrohrplantagen früher eine äußerst lukrative Kolonie war. Jetzt sind Stimmen laut geworden, die den richtigen Moment gekommen sehen. »Die Queen ist tot; Zeit, die Verbindungen abzubrechen«, lautete die Überschrift eines Gastbeitrags im »Jamaica Observer«. Im November 2021 hatte sich bereits Barbados im Beisein des damaligen Prinzen Charles feierlich vom Königshaus losgesagt - ohne Referendum.

Ozeanien

Besonders heftig tobte die Diskussion um die Monarchie zuletzt in Australien. Anlässlich eines nationalen Trauertags zu Ehren von Elizabeth II. protestierten Tausende gegen die Krone. Fahnen wurden verbrannt, eine Hommage an die Queen in den Farben der Flagge der Ureinwohner übermalt. Denn gerade Aborigines bringen die Monarchie mit der Kolonialisierung und Unterdrückung indigener Völker in Verbindung. Grünen-Chef Adam Bandt sagte, Australien habe jetzt einen neuen König, »aber wir haben diesen Mann nicht gewählt«. Das Staatsoberhaupt müsse vom Volk und für das Volk gewählt werden.

1999 hatten bei einem Referendum 45 Prozent der Australier für eine Abkehr von der Krone gestimmt. Verschiedene Umfragen ergaben zuletzt ein knappes Ergebnis. Premierminister Anthony Albanese betonte, er plane derzeit kein Referendum. In der Vergangenheit hatte er wiederholt angedeutet, Australien zu einer Republik machen zu wollen.

Auch in Neuseeland gibt es Forderungen nach einer anderen Staatsform. Ministerpräsidentin Jacinda Ardern sagte zwar, sie erwarte, dass das Land noch zu ihren Lebzeiten zur Republik werde - derzeit habe ihre Regierung aber dringlichere Aufgaben. Im Südseestaat Tuvalu, dem kleinsten Mitglied des Commonwealth, stimmte bei zwei Referenden 1986 und 2008 jeweils eine Mehrheit für die Monarchie. Aber das Thema ist neu aufgeflammt, eine Verfassungsänderung wird erwogen.

Nordamerika

Nach dem Willen der kanadischen Regierung wird das Land sein System der parlamentarischen Monarchie nicht ändern. Es biete eine »außergewöhnliche Stabilität«, sagte Premier Justin Trudeau zuletzt. »Wir haben eine außergewöhnliche Generalgouverneurin, die das Beste der Kanadier verkörpert, und wir haben eine Krone, die, manchmal aus bequemer Entfernung, überwacht, was passiert.« Das System sei gut ausbalanciert und diene den Kanadierinnen und Kanadiern sehr.

Im flächenmäßig zweitgrößten Land der Erde ist mit Mary Simon seit 2021 erstmals ein Mensch indigener Abstimmung als Generalgouverneurin die offizielle Vertreterin des Staatsoberhaupts. Generell ist die Haltung zur Krone nach Region und Alter sehr unterschiedlich. So gibt es in der französisch geprägten Provinz Quebec eine klare Überzahl von Monarchie-Gegnern, wie eine Umfrage zuletzt herausfand. In Ontario und entlang der Atlantischen Küste gibt es dagegen mehr Unterstützerinnen und Unterstützer. An der Westküste gelten die Leute in dieser Frage oft als eher gleichgültig.

Afrika

Der Kontinent ist ein Sonderfall. 21 afrikanische Länder sind derzeit Mitglied im Commonwealth of Nations. Jedoch ist der britische Monarch in keinem davon das Staatsoberhaupt. Die meisten afrikanischen Commonwealth-Länder waren bis Mitte des 20. Jahrhunderts Kronkolonien, etwa Kenia, Nigeria und Ghana. Aber inzwischen hat sich der britische Staatenbund auch als politische Alternative für weitere afrikanische Länder etabliert. So suchten ehemalige portugiesische Kolonien wie Mosambik schon in den 1990er Jahren Anschluss, Angola hat einen Aufnahmeantrag gestellt. Noch mehr Interesse kommt aus ehemaligen französischen Kolonien: Das zentralafrikanische Gabun und das westafrikanische Togo wurden 2022 Mitglieder - obwohl Frankreich mit der sogenannten Frankophonie eine ähnliche Organisation bietet.

Vereinigtes Königreich

Auch in der Heimat von König Charles ist der Wechsel auf dem Thron für einige Menschen Anlass, auf Veränderungen zu dringen. So forderte die Interessengruppe Republic bereits zwei Tage nach dem Tod der Queen eine nationale Debatte über die Zukunft der Monarchie. »Die Ausrufung eines neuen Königs ist ein Affront gegen die Demokratie«, sagte Sprecher Graham Smith. Republic zufolge spricht sich inzwischen mehr als ein Viertel der Briten für die Abschaffung der Monarchie aus. Politisch drängen vor allem die Schotten auf eine Loslösung von London. Für die Krone dürfte dies aber keine Folgen haben: Die Pro-Unabhängigkeitspartei SNP hat wiederholt klargemacht, dass auch ein eigenständiges Schottland eine Monarchie bleiben würde.

© dpa-infocom, dpa:221014-99-125365/2