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Koalitionsstreit über Finanzierung der Kindergrundsicherung

Es ist eines der größten sozialpolitischen Vorhaben der Ampel: die Kindergrundsicherung. Aber was soll sie kosten? Wieder einmal gibt es bei Grünen und FDP unterschiedliche Sichtweisen.

Christian Dürr
Will die Kindergrundsicherung durch Entbürokratisierung sichern und lehnt die Finanzierung durch mehr Steuergelder ab: Christian Dürr, Fraktionsvorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion. Foto: Kay Nietfeld
Will die Kindergrundsicherung durch Entbürokratisierung sichern und lehnt die Finanzierung durch mehr Steuergelder ab: Christian Dürr, Fraktionsvorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion.
Foto: Kay Nietfeld

In der Koalition nimmt ein Streit über die Finanzierung der geplanten Kindergrundsicherung Fahrt auf. Die Grünen forderten am Montag die FDP auf, mehr Haushaltsmitteln nicht im Wege zu stehen. Dagegen sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr der Deutschen Presse-Agentur: »Der Kern der Reform ist nicht einfach mehr Steuergeld einzusetzen, sondern endlich zu entbürokratisieren.«

Bei der Kindergrundsicherung sollen diverse Leistungen vom Kindergeld über den Kinderzuschlag bis hin zur finanziellen Unterstützung für Klassenfahrten und Freizeit gebündelt werden. Viele Familien beantragen Leistungen bislang wegen Unkenntnis oder bürokratischer Hürden nicht. Familien und ihre Kinder sollen ab 2025 von der Grundsicherung profitieren.

Das Familienministerium hat dem Vernehmen nach beim Finanzministerium in der mittelfristigen Finanzplanung elf Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung angemeldet.

Verwaltungsreform statt Sozialleistungen?

Dürr sagte: »Wir haben uns mit der Kindergrundsicherung keine neue Sozialleistung, sondern die Reform der Sozialverwaltung vorgenommen.« Das vorhandene Geld aus den verschiedenen Töpfen müsse wirklich bei den Kindern ankommen. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) sei jetzt gefordert, einen Leuchtturm für eine moderne Sozialverwaltung zu schaffen. »Der Staat muss besser, nicht teurer werden.«

Grünen-Parteichef Omid Nouripour sagte in Berlin, die soziale Gerechtigkeit dürfe nicht unter die Räder kommen. Die Kinderarmut müsse bekämpft werden und das Projekt der Kindergrundsicherung bei den Haushaltsverhandlungen prioritär behandelt werden.

Die Kindergrundsicherung ist ein Aspekt eines aktuellen Streits in der Koalition über Prioritäten im Bundeshaushalt. Im Zuge der Aufstellung des Haushalts 2024 waren Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) heftig aneinandergeraten. Die Ressorts haben zusätzliche Wünsche in Milliardenhöhe.

Eines der wichtigsten Projekte der Koalition

Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Sven-Christian Kindler, sagte der dpa: »Ich verstehe die Aufregung nicht ganz.« Es sei eine politische Normalität, dass sich Minister und Ministerinnen zum Bundeshaushalt auseinandersetzten. »Ich gehe davon aus, dass das Kabinett eine gute Lösung für die Eckwerte und zentrale Koalitionsprojekte wie die Kindergrundsicherung finden wird. Die Kindergrundsicherung ist eines der wichtigsten Projekte aus dem Koalitionsvertrag, und alle drei Partner sind bei der notwendigen Finanzierung und Umsetzung dafür jetzt gefragt.«

Die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Maria Klein-Schmeink nannte die Kindergrundsicherung ein zentrales sozialpolitisches Projekt und Digitalisierungsprojekt der Koalition. »Wir wollen mit der Kindergrundsicherung mehr armutsbetroffene Familien und Kinder erreichen, als es derzeit der Fall ist.« Über einen digitalen Kindergrundsicherungscheck sollten alle Familien einen automatisierten Hinweis erhalten, dass sie einen Leistungsanspruch haben. »Wenn auch von der FDP eine höhere Inanspruchnahme angestrebt wird, bedeutet das aber auch zwangsläufig, dass das entsprechend finanziert werden muss. Die FDP ist aufgefordert, diesen wichtigen Schritt mitzugehen - denn nur so wird es gelingen, Armut wirksam vorzubeugen und alle Familien zu erreichen.«

© dpa-infocom, dpa:230220-99-661066/5