Bei der Präsidentenwahl in Südkorea haben sich die Favoriten Lee Jae Myung von der Regierungspartei und der Oppositionskandidat Yoon Suk Yeol ein denkbar knappes Rennen geliefert.
Der rechtskonservative Yoon lag in der Nacht zum Donnerstag (Ortszeit) nach Auszählung von 90 Prozent der Stimmen mit 48,6 Prozent der Stimmen leicht vorn. Auf den linksliberalen Lee entfielen demnach 47,8 Prozent. Sollte Yoon seinen hauchdünnen Vorsprung bis zum Ende behaupten, käme es zu einem Machtwechsel.
Präsident leitet Geschicke des Landes
Ein knappes Rennen zwischen den beiden wichtigsten Kandidaten war erwartet worden. Andere Bewerber galten als chancenlos. Gewählt wird der Nachfolger von Präsident Moon Jae In, dessen einmalige fünfjährige Amtszeit im Mai endet.
Für die viertgrößte Volkswirtschaft Asiens hat die Präsidentenwahl eine enorme Bedeutung. Im Präsidialsystem des Landes laufen fast alle wichtigen Entscheidungen über das Staatsoberhaupt.
Der Wahlkampf war von politischen Grabenkämpfen geprägt. Experten vermissten eine tiefgreifende Debatte über politische Programme. Neben dem wirtschaftspolitischen Kurs in den nächsten fünf Jahren ging es bei der Wahl auch um den Umgang mit der kommunistischen Führung in Nordkorea, die Zusammenarbeit mit dem Bündnispartner USA und das schwierige Verhältnis zu Japan. Auch im Handelskrieg zwischen den USA und China sieht sich Südkorea in einer schwierigen Lage.
Umgang mit Nordkorea könnte sich ändern
Lee will im Fall eines Sieges wie Moon trotz des Streits um das nordkoreanische Atomwaffenprogramm weiter auf das Nachbarland zugehen und dabei neue Ansätze verfolgen. Yoon, der für die größte Oppositionspartei, Partei Macht des Volkes (PPP), kandidierte, warf der Regierung Versagen im Umgang mit Nordkorea vor. Von ihm wird eine härtere Gangart gegen Pjöngjang erwartet, sollte er die Wahl gewinnen. Beide Kandidaten hatten sich eine deutliche Erholung der Wirtschaft von den Folgen der Corona-Pandemie zum Ziel gesetzt.
Die Wahlbeteiligung lag nach vorläufigen Angaben der Nationalen Wahlkommission bei 77,1 Prozent und damit nur leicht unter der Beteiligung bei der Präsidentenwahl 2017. Für die Wahl waren knapp 44,2 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, ihre Stimme abzugeben.
Überschattet war die Wahl von einem sprunghaften Anstieg bei den Neuinfektionen. Nach Angaben der Gesundheitsbehörden überstieg die Zahl der täglich erfassten Fälle am Dienstag erstmals 300.000. Wie schon bei der Parlamentswahl 2020 mussten die Wähler einen Mund- und Nasenschutz tragen, Einmal-Schutzhandschuhe überziehen und sich am Eingang der Wahlkabinen Fieber messen lassen.
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