BERLIN. Die Kirchen in Deutschland haben die Gesellschaft zum Innehalten und Gedenken inmitten der Corona-Pandemie aufgerufen.
»Krankheit, Sterben und Tod lassen sich in diesem langen Jahr nicht wegdrücken, sie schneiden tief ein in das Leben vieler Menschen«, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, am Sonntag in Berlin in einem ökumenischen Gottesdienst für die Verstorbenen in der Pandemie. »Tod und Sterben sind uns näher gerückt als zuvor.« Es sei richtig, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für diesen Tag dazu einlade, innezuhalten und der vielen Toten zu gedenken.
Gut ein Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie richtet der Staat an diesem Sonntag in Berlin eine zentrale Gedenkveranstaltung für die Verstorbenen aus. Der Bundespräsident will dabei auch den Angehörigen sein Mitgefühl aussprechen und an die vielen Menschen erinnern, die pandemiebedingt einen ähnlich einsamen Tod gestorben sind wie die Opfer des Virus. An dem Gedenkakt im Konzerthaus am Gendarmenmarkt werden am frühen Nachmittag fünf Hinterbliebene und die Spitzen der fünf Verfassungsorgane teilnehmen.
Neben dem Bundespräsidenten sind dies: Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU), Bundesratspräsident Reiner Haseloff (CDU), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth. Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD) und ein Vertreter des Diplomatischen Korps werden ebenfalls zu der Veranstaltung erwartet, die unter strengsten Hygieneschutzmaßnahmen stattfinden wird.
In Deutschland sind bis zum Sonntag nach den Zahlen des Robert Koch-Instituts 79 914 Menschen an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben.
»Wie ein Trauma legt sich die Krisenerfahrung der Pandemiezeit auf unsere Seele und schreit nach Heilung«, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, in dem ökumenischen Gottesdienst. »Für die Verarbeitung werden wir viel Zeit brauchen, erst recht unsere Kinder, unsere Heranwachsenden, für die diese Krise die Ausdehnung einer gefühlten Ewigkeit hat.«
Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland, Erzpriester Radu Constantin Miron, sagte, seit mehr als einem Jahr beherrsche das Virus unser alltägliches, soziales und berufliches Leben. »Und es macht weder vor Konfessionen, noch vor Religionen, noch vor Nationen halt. Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir heute mit diesem Gottesdienst gemeinsam trauern, aber auch ein Zeichen des Trostes setzen - über Grenzen hinweg, die auch das Virus nicht kennt.«
In dem Gottesdienst, der von Vertretern jüdischen und muslimischen Glaubens mitgestaltet wurde, trug der Schriftsteller Ulrich Noethen die Geschichte der Emmaus-Jünger aus dem Lukas-Evangelium vor, die über den Verlust des am Kreuz gestorbenen Jesus trauerten. Diese Emmaus-Geschichte mache Mut, sagte Bätzing: »Unsere Toten finden ihren Weg ins Leben an der Hand des auferstandenen Jesus. Und auch die Trauernden werden gut begleitet ihren Weg zu neuer Lebensfreude hoffentlich finden dürfen. Und wir - miteinander und in Verantwortung füreinander - finden heraus aus dieser Pandemie. Denn Gott geht mit uns.« (dpa)