Der Bundesdatenschutzbeauftragte, Ulrich Kelber, plädiert dafür, dass die Bundesregierung eigene Kapazitäten im Bereich von datenschutzfreundlichen sozialen Medien aufbaut. Im aktuellen Tätigkeitsbericht seiner Behörde, der am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde, forderte Kelber das Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund) auf, eine Bundesinstanz der freien Twitter-Alternative Mastodon zu betreiben.
Kelber gilt als scharfer Kritiker der großen kommerziellen Social-Media-Plattormen. Dabei hat er neben Twitter besonders Facebook im Visier. In dem Bericht betonte Kelber, dass der Betrieb einer Facebook-Fanpage für eine Behörde datenschutzkonform nicht möglich sei. Bereits mitte Februar hatte er das Bundespresseamt (BPA) angewiesen, den Betrieb der Facebook-Fanpage der Bundesregierung einzustellen. Die Bundesregierung kann bis Ende der Woche Klage gegen die Anordnung einlegen oder muss sonst die Fanpage abschalten.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat vor über zwei Jahren damit begonnen, seine Social-Media-Aktivitäten auf eine eigene Instanz des dezentralen Kurznachrichtendienstes Mastodon zu verlagern. »Was ursprünglich als Beweis für die Möglichkeit einer datenschutzfreundlichen Umsetzung sozialer Medien gedacht war, wuchs von einem Nischenangebot immer mehr zu einer ernsthaften Alternative heran«, heißt es in dem Tätigkeitsbericht 2022. Dem Account der Behörde folgen mittlerweile mehr als 42.000 Bürgerinnen und Bürger. Außerdem sind auf dem Server Konten von mehr als 40 anderen Behörden und Institutionen zu finden, darunter zahlreiche Bundesministerien.
10.658 Datenschutzverstöße gemeldet
Kelber sieht es allerdings nicht als die Aufgabe seiner Behörde, dauerhaft die Mastodon-Instanz zu betreiben und mit eigenem Personal für die Moderation der Kommentare zu sorgen. »Das ITZBund sah sich bislang trotz meiner Bitte, die Bundesinstanz zentral zu hosten, nicht in der Lage, diese eigentlich in seinen Zuständigkeitsbereich fallende Aufgabe auszufüllen.« Das ITZBund in Bonn, das zum Geschäftsbereich des Bundesfinanzministeriums gehört, unterstützt als zentraler IT-Dienstleister die deutsche Bundesverwaltung.
Kelber betont in dem Bericht, er halte es für wichtig, dass »gerade die obersten Bundesbehörden mit einem guten Beispiel vorangehen und rechtskonforme soziale Medien nutzen sollten.« Daher werde er auch weiterhin versuchen, sein Angebot mit den ihm zur Verfügung stehenden begrenzten Mitteln anzubieten, was angesichts von Moderationsaufgaben und der technischen Absicherung eine große Herausforderung sei.
Aus dem Bericht geht zudem hervor, dass der Behörde im vergangenen Jahr 10.658 Datenschutzverstöße gemeldet wurden, gut fünf Prozent mehr als im Jahr 2021. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit ist für die Überwachung des Datenschutzes bei öffentlichen Stellen des Bundes sowie bei Unternehmen, die Telekommunikations- und Postdienstleistungen erbringen, zuständig. Die Kontrolle der anderen Wirtschaftsunternehmen, Vereine, Verbände oder Parteien fällt in den Zuständigkeitsbereich der 16 Landesbeauftragten für den Datenschutz.
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