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»Keine Wurst«: Solidarität mit Scholz nach Melnyk-Äußerung

Der Bundeskanzler eine beleidigte Leberwurst? Mit dieser Äußerung eckt der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk an. Parteiübergreifend bekommt Scholz Rückendeckung - und steht trotzdem unter Druck.

Andrij Melnyk
Andrij Melnyk hatte den Kanzler Scholz eine »beleidigte Leberwurst« genannt. Foto: Kay Nietfeld
Andrij Melnyk hatte den Kanzler Scholz eine »beleidigte Leberwurst« genannt.
Foto: Kay Nietfeld

Parteiübergreifend haben Politiker einen verbalen Angriff des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verurteilt.

»Olaf Scholz ist keine Wurst, er ist der Kanzler der Bundesrepublik Deutschland«, sagte der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki der Deutschen Presse-Agentur in Berlin und ergänzte: »Dies gilt es zu respektieren.« Melnyk hatte den Kanzler zuvor eine »beleidigte Leberwurst« genannt.

Das war passiert

Scholz hatte sein Zögern, in die von Russland angegriffene Ukraine zu reisen, damit begründet, dass die Ukraine einer geplanten Reise des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier Mitte April eine Absage erteilt hatte. Dies stehe seiner Reise im Weg, sagte Scholz.

Melnyk sagte daraufhin der dpa: »Eine beleidigte Leberwurst zu spielen klingt nicht sehr staatsmännisch.« Es gehe um den brutalsten Vernichtungskrieg seit dem Nazi-Überfall auf die Ukraine, »es ist kein Kindergarten«. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj würde sich weiterhin freuen, Scholz in Kiew empfangen zu dürfen.

Am Dienstag reiste statt Scholz der Oppositionsführer im Bundestag, Friedrich Merz (CDU), in die Ukraine. Dort traf er überraschend auch Selenskyj.

»Der Ton ist unangemessen«

Der stellvertretende Unionsfraktionschef Johann Wadephul kritisierte die Reaktion des Botschafters. »Der Ton ist unangemessen«, sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). »Auch in einer Sondersituation sollten sich diplomatische Repräsentanten gegenüber Regierungsvertretern angemessen verhalten.« Der Linken-Außenpolitiker Gregor Gysi nannte die Melnyk-Äußerung im RND »indiskutabel«.

Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann machte einen Vorschlag, um die Verstimmungen aufzulösen: »Vielleicht, lieber Herr Melnyk, entschuldigt man sich einfach mal beim Präsidenten und lädt dann den Kanzler höflich ein zu kommen«, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Ukraine könne nicht erst den Bundespräsidenten ausladen und dann erwarten, dass Scholz nach Kiew reise.

Ähnlich äußerte sich der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse. »Wenn unser Bundespräsident auf diese Weise behandelt wird, darf ein Kanzler nicht in das Land reisen und so tun als wäre nichts passiert«, sagte der SPD-Politiker dem MDR. Melnyks Äußerungen in Richtung Scholz nannte Thierse »befremdlich«.

AfD-Fraktionschef fordert Konsequenzen

Noch weiter ging AfD-Fraktionschef Tino Chrupalla, der nach Melnyks verbalem Angriff Konsequenzen forderte. »Solche Provokationen und Beleidigungen von Verfassungsorganen sind nicht tatenlos hinzunehmen. Die Bundesregierung muss sofort Botschafter Melnyk einbestellen«, sagte Chrupalla der dpa. Wenn sich Melnyk uneinsichtig zeige, müsse die Regierung darauf bestehen, dass er umgehend abberufen werde.

© dpa-infocom, dpa:220503-99-133392/8