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Kein Staatsbegräbnis für umstrittenen Kardinal Pell

Jahrelang machte der australische Kardinal George Pell Schlagzeilen - als geschickter Finanzchef im Vatikan, später aber vor allem wegen Missbrauchsvorwürfen. Von einem Staatsbegräbnis sieht man deshalb ab.

Kardinal George Pell
Der australische Kurienkardinal George Pell während einer Pressekonferenz in Sydney. Foto: Paul Miller
Der australische Kurienkardinal George Pell während einer Pressekonferenz in Sydney.
Foto: Paul Miller

Nach dem Tod des australischen Kardinals George Pell soll es in seiner Heimat kein Staatsbegräbnis für den umstrittenen Kirchenmann geben. Diese Möglichkeit werde »ganz klar« ausgeschlossen, sagte gestern der Premierminister des Bundesstaates Victoria, Daniel Andrews. Er könne sich »nichts Schmerzlicheres« für Menschen vorstellen, die Opfer von sexuellem Missbrauch geworden seien, als ein solches Staatsbegräbnis, betonte Andrews. Gleichzeitig drückte er Pells Familie, Kollegen und Freunden sein Beileid aus.

Beisetzung in Sydney

Der am Dienstag im Alter von 81 Jahren in Rom gestorbene Geistliche war unter Franziskus jahrelang die Nummer drei im Vatikan und der ranghöchste Geistliche in der Geschichte der katholischen Kirche, der wegen Kindesmissbrauchs verurteilt wurde. Im Jahr 2020 wurde Pell jedoch im Berufungsverfahren nach rund 13 Monaten Haft freigesprochen und aus dem Gefängnis entlassen.

Der Kardinal war früher Erzbischof von Melbourne, der Hauptstadt von Victoria, sowie von Sydney, der Hauptstadt der Nachbarregion New South Wales. In beiden Bundesstaaten werde ein Staatsbegräbnis ausgeschlossen, berichtete die australische Nachrichtenagentur AAP. Der Leichnam soll in den nächsten Tagen von Rom nach Australien geflogen werden. In der St. Mary's Cathedral in Sydney ist Berichten zufolge eine Totenmesse geplant. Anschließend soll Pell in der Krypta der Kirche beigesetzt werden.

Freilassung mangels Beweisen

Der Fall, für den Pell in seiner Heimat der Prozess gemacht wurde, reichte in die Jahre 1996/97 zurück, als er gerade Erzbischof von Melbourne geworden war. Nach einem Gottesdienst soll er sich an zwei Chorknaben vergangen haben, die damals 13 Jahre alt waren. Pell hatte die Vorwürfe bestritten. Das höchste australische Gericht gab dem Berufungsantrag im April 2020 mangels Beweisen statt. Nach 13 Monaten kam Pell überraschend frei - und kehrte wenige Monate nach seiner Freilassung mitten in der Corona-Pandemie in den Vatikan zurück.

© dpa-infocom, dpa:230112-99-189120/2