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Kein Elterngeld mehr für hohe Einkommen - wen trifft das?

Paare mit hohen Einkommen sollen künftig kein Elterngeld mehr bekommen. Für diese Pläne der Ampel-Koalition gibt es viel Kritik. Öffentliche Zustimmung ist eher selten zu hören.

Mutter und Kind
2022 bezogen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gut 1,8 Millionen Personen Elterngeld, die Mehrzahl davon Frauen. Foto: Fernando Gutierrez-Juarez/DPA
2022 bezogen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gut 1,8 Millionen Personen Elterngeld, die Mehrzahl davon Frauen.
Foto: Fernando Gutierrez-Juarez/DPA

Auch das Bundesfamilienministerium muss im kommenden Jahr mit weniger Geld auskommen. Nach den krisenbedingten Mehrausgaben der Vorjahre kürzt die Ampel-Koalition bei den Staatsausgaben. Dass es nun ausgerechnet beim Elterngeld Abstriche geben soll, wird scharf kritisiert - auch wenn es nur die Gutverdiener treffen soll.

Wer bekommt überhaupt Elterngeld?

Mit Elterngeld unterstützt der Staat Eltern, die nach der Geburt des Kindes nicht oder vorerst nur wenig arbeiten und damit kaum oder kein Geld verdienen. Es muss beantragt werden. Eltern mit höheren Einkommen erhalten 65, Eltern mit niedrigeren Einkommen bis zu 100 Prozent des Netto-Verdienstes, den sie vor der Geburt hatten.

Es gibt mindestens 300 Euro pro Monat. Nach oben ist das Elterngeld bei 1800 Euro gedeckelt. Ab etwa 2700 Euro netto Monatsverdienst steigt es also nicht weiter an. Das Elterngeld wird höchstens 14 Monate lang gezahlt, wenn sich beide Elternteile an der Betreuung beteiligen. Die Zahlungsdauer kann auch weiter gestreckt werden (ElterngeldPlus). Dafür sind die monatlichen Zahlungen dann kleiner.

Seit wann gibt es das und was war der Anlass für die Einführung?

Eingeführt wurde das Elterngeld 2007 und löste das vorherige Erziehungsgeld ab, das bei maximal 450 Euro lag. Die neue Leistung sollte mehr Paare zum Nachwuchs ermutigen, auch wegen der niedrigen Geburtenzahlen in Deutschland. Außerdem sollte sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern, da Elterngeld auch ergänzend bezogen werden kann, wenn Mütter oder Väter nach der Geburt in Teilzeit arbeiten. Ziel war es außerdem, mehr Väter zu ermuntern, für das Kind eine berufliche Auszeit zu nehmen.

Was soll sich nun ändern?

Eltern mit hohen Einkommen sollen kein Anrecht auf Elterngeld mehr haben. Ab 150.000 Euro zu versteuerndem Einkommen bei einem Paar soll es die Leistung nicht mehr geben. Dabei handelt es sich um das Einkommen nach Abzug von steuerlichen Freibeträgen, Sonderausgaben und anderen Faktoren. Es ist auf dem Steuerbescheid zu finden. Ein Paar mit 150.000 Euro zu versteuerndem Einkommen kommt nach Einschätzung in Kreisen des Bundesfamilienministeriums auf ein Jahresbrutto von etwa 180.000 Euro. Die Grenze war 2020 von der rot-schwarzen Vorgängerregierung schon einmal von damals 500.000 auf 300.000 Euro abgesenkt worden.

Wie viele Eltern könnten von der Kürzung betroffen sein?

Nach Aussage von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) könnten es etwa 60.000 Familien sein, die damit keinen Anspruch auf Elterngeld mehr hätten. Das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln (IW) kommt in eigenen Berechnungen zu einer weit höheren Zahl, wie es mitteilte. Demnach lebten 2020 in Deutschland 435.000 Paare, die potenziell Kinder bekommen könnten und wegen ihres hohes Einkommens künftig aus dem Elterngeld herausfallen könnten.

Die Gesamtzahlen: Im vergangenen Jahr bezogen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gut 1,8 Millionen Personen Elterngeld, die Mehrzahl davon Frauen (knapp 1,4 Millionen).

Wie fallen die Reaktionen aus?

Es gibt viel Kritik. Die 150.000-Euro-Grenze sei niedrig. Das erreichten bereits zwei Akademiker in Vollzeit auch ohne Spitzenpositionen, hieß es vom IW. Die Pläne schränkten die Möglichkeiten für viele Familien vor allem in großen Städten mit hohen Lebenshaltungskosten spürbar ein, sagte Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU). Auch von Gewerkschaftsseite kommt Ablehnung: Die IG Metall nennt das Vorhaben einen großen Fehler. Die Koalition dränge damit viele Frauen aus dem Erwerbsleben und zurück in die klassische Rollenverteilung. Das Familienministerium hätte durchaus die Möglichkeit, an anderen Stellen Einsparungen vorzunehmen, sagte die stellvertretende AfD-Vorsitzende Mariana Harder-Kühnel.

Gibt es keine Zustimmung nach dem Motto: Gut so, dass nur bei den Wohlhabenden gekürzt wird?

Öffentlich nur wenig. Der Sozialverband VdK ließ wissen, dass er die Pläne unterstütze. »Doch wir wünschen uns, dass mit der eingesparten Summe von etwa 290 Millionen im Haushalt andere Familienleistungen finanziert werden, statt einfach den Rotstift anzusetzen«, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele »Welt«.

Steht denn schon fest, ob die Kürzung wirklich so kommt?

Nein. Nach dem Kabinettsentscheid über den Haushaltsentwurf für das nächste Jahr geht dieser nun zur Beratung in den Bundestag. Dort gibt es in der Regel noch teils wesentliche Änderungen. Mit Blick auf die große öffentliche Kritik beim Thema Elterngeld ist möglicherweise das letzte Wort noch nicht gesprochen. Der Bundestag soll den Haushalt dann Anfang Dezember beschließen.

© dpa-infocom, dpa:230705-99-292206/2