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Katholiken: Missbrauchsaufarbeitung nicht abgeschlossen

Vor rund zwei Jahren setzte das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) eine Arbeitsgruppe ein, die sich mit der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals befasst. Die zieht nun Bilanz.

Katholiken
Die katholische St. Josefs-Kirche am frühen Morgen. Themen der Vollversammlung waren die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche und der Ukraine Krieg. Foto: Bernd Wüstneck
Die katholische St. Josefs-Kirche am frühen Morgen. Themen der Vollversammlung waren die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche und der Ukraine Krieg.
Foto: Bernd Wüstneck

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) hält die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der Kirche noch lange nicht für abgeschlossen. ZdK-Vizepräsident Wolfgang Klose forderte am Samstag bei der Frühjahrsvollversammlung in München unter anderem den Aufbau von Strukturen zur Aufarbeitung von Fällen in katholischen Verbänden. Außerdem müsse geklärt werden, wie das ZdK als Laien-Organisation der Katholiken mit der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) bei dem Thema zusammenarbeiten kann. Das Komitee müsse die Aufarbeitung in der DBK und den katholischen Bistümern kritisch begleiten, forderte Klose: »Wir stehen mit der Aufarbeitung noch am Anfang.«

Er zog damit Bilanz für den ZdK-Arbeitskreis Aufarbeitung. In den zwei Jahren seit seiner Einsetzung sei vor allem der Kontakt zur Politik intensiviert worden. Es bestehe »die Hoffnung, dass der Staat sich noch stärker engagiert und eine unabhängige kirchliche Aufarbeitung engmaschiger und konsequenter begleitet, unterstützt und vor allem kontrolliert«, sagte Klose.

Die ZdK-Vollversammlung ist das höchste Organ der Organisation katholischer Laien. Sie tritt zweimal im Jahr zusammen - und nun in München erstmals nach dem Abschluss des sogenannten Synodalen Weges, des von konservativer Seite überaus umstrittenen Reformprozesses in der katholischen Kirche in Deutschland. »Wir bestehen auf einer Umsetzung der Beschlüsse des Synodalen Weges in allen deutschen Diözesen«, sagte ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp.

Mit dem Fahrrad zum Papst

Betroffene von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche sind unterdessen am Samstag mit dem Fahrrad von München aus zu Papst Franziskus nach Rom aufgebrochen. »Die katholische Kirche hat den Skandal immer noch nicht bewältigt«, sagte Dietmar Achleitner, der im Alter zwischen 10 und 17 Jahren von einem katholischen Priester missbraucht wurde. »Dem Papst wollen wir eine Botschaft übermitteln.«

Der Sprecher des Betroffenenbeirates des Erzbistums München und Freising, Richard Kick, betonte: »Wir wollen Betroffenen Mut machen, aufzustehen, sich zu melden, darüber zu sprechen.«

Nach einem Zwischenstopp in Bozen an diesem Montag, zu dem auch der Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, erwartet wird, soll es weitergehen Richtung Vatikan. Dort soll die Gruppe am 16. Mai eintreffen, für den 17. Mai ist die Teilnahme an einer Audienz mit Papst Franziskus geplant.

Im Januar 2022 war ein Aufsehen erregendes Gutachten zu sexueller Gewalt im Erzbistum München und Freising veröffentlicht worden. Die Studie einer Münchner Anwaltskanzlei geht von mindestens 497 Opfern und 235 mutmaßlichen Tätern aus - und von einem weit größeren Dunkelfeld. In dieses kommt seither etwas mehr Licht: Seit der Veröffentlichung der Studie sind der Diözese nach Angaben einer Sprecherin 54 »neue Sachverhalte« bekannt geworden, von denen 19 nur zwei bis drei Jahre zurückliegen.

© dpa-infocom, dpa:230507-99-595233/2