Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat am Dienstag in einem presserechtlichen Verfahren vor dem Landgericht Köln Vorwürfe bestritten. Er betonte, bei der Beförderung eines umstrittenen Pfarrers dessen Personalakte nicht gekannt zu haben. Am Schluss musste er seine Aussage auf Wunsch der Gegenseite auch beeiden. »Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe!«, erklärte er.
Der Chef des größten deutschen Bistums wehrt sich in dem Verfahren gegen einen Online-Bericht der »Bild«-Zeitung, in dem über die Beförderung des Pfarrers berichtet worden war. Der Pfarrer hatte Jahre zuvor mit einem 16 Jahre alten Prostituierten Sex gehabt.
Kannte Woelki die Personalakte des Pfarrers?
Nach Auffassung Woelkis hat die Zeitung fälschlicherweise behauptet, dass er bei der Ernennung des Pfarrers dessen Personalakte gekannt und von einer Warnung der Polizei gewusst habe. Das Unternehmen Axel Springer, zu dem die »Bild« gehört, hält die Berichterstattung für rechtlich zulässig.
Die Aussage eines so hohen katholischen Geistlichen vor Gericht ist ungewöhnlich und stieß deshalb auf großes Medieninteresse. »Herr Kardinal Woelki bitte auf Saal 142!« wurde er ausgerufen. Anschließend betrat er den Gerichtssaal und nahm vor den Richtern Platz. Der Vorsitzende Richter Dirk Eßer da Silva fragte ihn, ob er aussagen wolle, worauf Woelki antwortete: »Jaja, natürlich.«
Eßer da Silva erkundigte sich, ob es richtig sei, dass er Kardinal Rainer Maria Woelki sei, Erzbischof von Köln, 66 Jahre alt, wohnhaft in Köln. Woelki bejahte das und fügte hinzu, er sei sogar in Köln geboren - »rechtsrheinisch«. Im weiteren Verlauf wurde Woelki zunächst von Eßer da Silva und einem anderen Richter und später auch von der Springer-Seite befragt.
Woelki: Missbrauchsvorwürfe niemals bestätigt
Woelki schilderte, wie der oberste Katholik von Düsseldorf, der Stadtdechant, 2017 den Vorschlag gemacht habe, den betreffenden Pfarrer zu seinem Stellvertreter zu ernennen. In der Personalkonferenz des Erzbistums habe er, Woelki, eingewandt: »Weiß ich nicht, ob wir das machen sollten, es gibt da doch diese Gerüchte.« Die Gerüchte hätten beinhaltet, dass der Pfarrer mit Leuten zusammen in die Sauna gegangen sei, Personen durchgekitzelt und in Rom eine Schürze mit einem Aufdruck von Michelangelos David gekauft habe. Er habe die Personalfrage mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kontrovers diskutiert und dann aber in der nächsten Sitzung die Information erhalten, dass es sich wirklich nur um Gerüchte handele und nichts Substanzielles gegen den Mann vorliege.
Woelki betonte, dass sich Missbrauchsvorwürfe gegen den Pfarrer niemals bestätigt hätten. »Die Staatsanwaltschaft hat alle Ermittlungen eingestellt.« Auch ein kirchenrechtliches Verfahren gegen ihn sei mit einem Freispruch zuende gegangen.
Die Befragung dauerte insgesamt zwei Stunden. Woelki beantwortete die Fragen ruhig. Mitunter sagte er: »Ich weiß jetzt nicht, worauf Sie hinauswollen«, »Hab ich ja gerade gesagt« oder »Das haben Sie nicht richtig verstanden«. Einmal fragte er: »Muss ich das beantworten?« Die Sitzung wurde dann kurz unterbrochen, und anschließend verkündete das Gericht, die Frage sei zulässig. Woelki gab dann noch eine Antwort.
Gegen den Kardinal laufen strafrechtliche Ermittlungen
Im Publikum saß auch ein Staatsanwalt, denn seit November laufen gegen Woelki strafrechtliche Ermittlungen. Untersucht wird der Vorwurf der falschen Versicherung an Eides Statt. Dabei geht es um die Frage, wann Woelki von Missbrauchsvorwürfen gegen den früheren Sternsinger-Chef Winfried Pilz gewusst hatte. Woelki hat auch in diesem Fall sämtliche Vorwürfe zurückgewiesen.
Der Kölner Oberhirte steht seit längerer Zeit unter Druck. Unter anderem wird sein Umgang mit Missbrauchsvorwürfen kritisiert. Papst Franziskus hatte ihn vor einiger Zeit aufgefordert, ein Rücktrittsgesuch bei ihm einzureichen. Das hat Woelki getan. Der Papst hat bisher aber nicht entschieden, ob er es annimmt - stattdessen will er nach eigenem Bekunden warten, bis sich die Lage im Erzbistum Köln beruhigt hat.
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