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Kapitol-Angriff: Senator will Aussage gerichtlich verhindern

Kein beispielloser, aber ein seltener Vorstoß: Ex-US-Präsident Trump wird zur Aussage unter Eid vor dem Kongress vorgeladen. Kommt es dazu? Auch ein Senator will nicht aussagen und zieht vor Gericht.

Senator Graham
Senator Lindsey Graham will nicht aussagen. Foto: Mariam Zuhaib
Senator Lindsey Graham will nicht aussagen.
Foto: Mariam Zuhaib

Der Untersuchungsausschuss zum Angriff auf das US-Kapitol hat wie angekündigt Ex-Präsident Donald Trump vorgeladen. Er soll bis zum 4. November eine große Menge an Unterlagen aushändigen und ab dem 14. November für eine auch mehrtägige Befragung unter Eid zur Verfügung stehen. Nach wie vor unklar ist, ob Trump der Vorladung folgen oder dagegen vorgehen wird. Seine Anwälte kündigten am Freitag (Ortszeit) zunächst nur an, das Dokument zu prüfen.

Der Ausschuss des Repräsentantenhauses will von Trump unter anderem Daten zu allen Telefonanrufen, SMS-Nachrichten und Kommunikation über den Chatdienst Signal am Tag des Angriffs haben. Auch soll er offenlegen, mit wem er in den Tagen über den Ausgang der Präsidentenwahl kommunizierte. Speziell wollen die Abgeordneten über alle Dokumente seit dem 1. September Bescheid wissen, in denen die »Proud Boys« und die »Oath Keepers« erwähnt wurden - zwei rechte Gruppen, die sich gewalttätig an der Attacke beteiligten.

Die am Freitag veröffentlichte Vorladung könnte ein symbolischer Schritt bleiben. Denn es gibt zwar ein Verfahren, um säumige Zeugen wegen Missachtung des Kongresses vor Gericht zu bringen. Doch dem Ausschuss läuft die Zeit davon.

Wahlen im November

Im November wird ein neues Repräsentantenhaus gewählt. Bis zum Jahresende - bevor im Januar das neugewählte Abgeordnetenhaus seine Arbeit aufnimmt - muss der Ausschuss seine Arbeit abgeschlossen haben. Und Umfragen zufolge stehen die Chancen gut, dass die weitgehend zu Trump stehende Republikanische Partei bei der Wahl die Mehrheit erreicht. Dann dürften weitere Untersuchungen zu dem Angriff vom Tisch sein.

Wenn Trump der Vorladung nicht folgt, könnte das Repräsentantenhaus ihn wegen Missachtung des Kongresses beim Justizministerium anzeigen. Trumps ehemaliger Berater Steve Bannon zum Beispiel wurde deswegen bereits verurteilt und soll für vier Monate ins Gefängnis.

Trump kann zunächst auch seine Anwälte gegen die Vorladung vor Gericht schicken. Und selbst wenn Trump der Aufforderung folgen sollte, kann er die Aussage verweigern, zum Beispiel um sich nicht selbst zu belasten. Von diesem Recht hatten bei Befragungen durch den Ausschuss mehrere seiner Vertrauten Gebrauch gemacht.

Senator Graham zieht vors Oberste Gericht

Der prominente US-Senator Lindsey Graham unternimmt einen neuen Versuch, eine Aussage bei Untersuchungen zur möglichen Beeinflussung der Präsidentenwahl 2020 im Bundesstaat Georgia zu vermeiden. Der Republikaner aus South Carolina zog dafür vor das Oberste Gericht der USA. Am Vortag hatte ein Berufungsgericht in Georgia die Einwände seiner Anwälte abgewiesen, als Senator sei Graham vor solchen Untersuchungen geschützt. Beim Obersten Gericht greifen sie zur selben Argumentation.

Graham war zur Amtszeit Donald Trumps ein enger Vertrauter des damaligen US-Präsidenten gewesen. Konkret dürfte es bei seiner Befragung um Telefonate gehen, die Graham in den Wochen nach Trumps Wahlniederlage 2020 mit dem obersten Wahlaufseher in Georgia, Brad Raffensperger, und dessen Mitarbeitern geführt haben soll. Georgia war einer der Bundesstaaten, in denen sich die Wahl damals zu Gunsten von Trumps demokratischem Herausforderer Joe Biden entschied.

Staatsanwältin Fani Willis in Fulton County in Georgia hatte im vergangenen Jahr eine Untersuchung im Zusammenhang mit der Wahl 2020 eingeleitet - zu Versuchen von Trump und seinen Unterstützern, die rechtmäßige Durchführung der Wahl in dem Bundesstaat zu beeinflussen, mit dem Ziel, das Ergebnis dort zu kippen. Mehrere Trump-Verbündete, darunter Graham, sind aufgefordert, vor einer inzwischen eingesetzten Jury auszusagen. Willis schloss nicht aus, auch Trump vorzuladen.Fünf Menschen bei Kapitol-Angriff gestorben

Angriff aufs Kapitol

Anhänger Trumps hatten das US-Parlamentsgebäude am 6. Januar 2021 erstürmt - direkt nach einem Auftritt des Republikaners. Der damalige Präsident wiegelte die Menge dabei abermals mit falschen Behauptungen auf, dass ihm der Sieg gegen Herausforderer Joe Biden durch Betrug gestohlen worden sei. Er rief seine Anhänger auf, zum Protest vor das Kapitol zu ziehen, wo gerade der Wahlsieg Bidens offiziell besiegelt werden sollte. Fünf Menschen starben als Folge des Angriffs.

In einer ersten Reaktion vergangene Woche äußerte sich Trump nicht dazu, ob er der Vorladung folgen wolle, sondern kritisierte lediglich den Zeitpunkt für die Vorladung als zu spät. Zugleich wiederholte er seine von vielen Gerichten widerlegten Behauptungen über »massive Fälschungen« bei der Präsidentenwahl - »der Grund dafür, was am 6. Januar passierte«.

Der Ausschuss betonte in seiner Vorladung, man sei sich darüber im Klaren, dass die Vorladung eines Ex-Präsidenten ein »bedeutender und historischer« Schritt sei. Zugleich betonten der demokratische Ausschusschef Bennie Thompson und seine republikanische Vize Liz Cheney, Trump sei der »erste und einzige« US-Präsident gewesen, der versucht habe, ein Wahlergebnis auszuhebeln und eine friedliche Amtsübergabe zu verhindern.

Der Ausschuss verwies auch darauf, dass unter anderem Theodore Roosevelt (1901-1909), Harry Truman (1945-1953) und Gerald Ford (1974-1977) als Ex-Präsidenten vor dem Kongress ausgesagt hätten. Pointiert brachten die Abgeordneten ein Roosevelt-Zitat ein, wonach ein Ex-Präsident lediglich ein US-Bürger wie jeder andere sei und es seine Pflicht sei, einer Vorladung des Kongresses zu folgen.

Die von Trump beauftragte Anwaltskanzlei Dhillon Law Group kritisierte, dass der Ausschuss die Vorladung öffentlich machte. Das widerspreche juristischen Normen, sagte ein Vertreter der Website »Politico«. Man prüfe das Dokument nun.

© dpa-infocom, dpa:221021-99-215287/7