Logo
Aktuell Inland

Kabinett bringt Pflegereform auf den Weg

Die Pflegeausgaben legen schon seit Jahren immer mehr zu, was auch Millionen Familien belastet. Die Regierung will jetzt an mehreren Stellen gegensteuern - und parallel auch bei Medikamenten-Engpässen.

Pflegereform
Geht es nach der Bundesregierung, sollen Pflegebedürftige zu Hause und im Heim finanzielle Verbesserungen erhalten. Foto: Sebastian Gollnow
Geht es nach der Bundesregierung, sollen Pflegebedürftige zu Hause und im Heim finanzielle Verbesserungen erhalten.
Foto: Sebastian Gollnow

Angesichts immer höherer Kosten für die Pflege sollen Entlastungen für Millionen Pflegebedürftige kommen - aber auch höhere Pflegebeiträge.

Das Bundeskabinett brachte einen Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf den Weg. Demnach soll der allgemeine Pflegebeitrag zum 1. Juli um 0,35 bis 0,6 Punkte erhöht werden. Jetzt liegt er bei 3,05 Prozent, für Menschen ohne Kinder bei 3,4 Prozent. Für Familien mit zwei oder mehr Kindern soll es Entlastungen geben. Pflegebedürftige zu Hause und im Heim sollen Anfang 2024 finanzielle Verbesserungen erhalten. Das Kabinett beschloss zudem einen Entwurf, der Arzneimittellieferungen wirksamer gegen Engpässe absichern soll.

Lauterbach sagte zur Pflegereform, die Pflegebedürftigen hätten volle Solidarität verdient. »Da die Kosten von guter Pflege ständig steigen, darf die Solidargemeinschaft nicht wegschauen und diese höheren Kosten den zu Pflegenden und ihren Angehörigen überlassen.« Gleichzeitig gelte es, die Finanzierung der Pflege zu stabilisieren.

Pflegegeld soll um fünf Prozent steigen

Das zuletzt 2017 erhöhte Pflegegeld soll dem Entwurf zufolge zum 1. Januar 2024 um fünf Prozent steigen, genauso wie die Beträge für Sachleistungen. Pflegegeld wird als Unterstützung gezahlt, wenn Pflegebedürftige nicht in Einrichtungen, sondern zu Hause leben. Sie können es frei verwenden, etwa für Betreuung. Je nach Pflegegrad liegt es zwischen 316 und 901 Euro im Monat.

Für Heimbewohnerinnen und Heimbewohner sollen 2022 eingeführte Entlastungszuschläge ebenfalls zum 1. Januar 2024 angehoben werden. Den Eigenanteil für die reine Pflege soll dies im ersten Jahr im Heim um 15 statt bisher 5 Prozent drücken, im zweiten um 30 statt 25 Prozent, im dritten um 50 statt 45 Prozent und ab dem vierten Jahr um 75 statt 70 Prozent. Hintergrund ist, dass die Pflegeversicherung - anders als die Krankenversicherung - nur einen Teil der Kosten für die reine Pflege trägt. Im Heim kommen dann auch noch Zahlungen für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen in den Einrichtungen dazu.

Mehr Unterschiede je nach Kinderzahl

Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts soll beim Beitrag künftig auch stärker danach unterschieden werden, ob man Kinder hat oder nicht. Größere Familien mit zwei und mehr Kindern sollen davon profitieren. Dies soll mit der Anhebung des allgemeinen Beitrags zum 1. Juli kombiniert werden. Dadurch steigt der Beitrag für Kinderlose insgesamt auf 4 Prozent und für Mitglieder mit einem Kind auf 3,4 Prozent. Dabei soll der Arbeitgeberanteil von aktuell 1,525 Prozent auf 1,7 Prozent steigen.

Für größere Familien soll es so geregelt werden, dass sie während der Erziehungsphase bis zum 25. Lebensjahr des jeweiligen Kindes weniger Beitrag zahlen als den jetzigen Arbeitnehmeranteil von 1,525 Prozent. Ab zwei Kindern soll dieser demnach künftig bei 1,45 Prozent liegen und mit steigender Kinderzahl weiter reduziert werden - bis auf 0,7 Prozent bei Pflegeversicherungsmitgliedern mit fünf und mehr Kindern.

Maßnahmen gegen Medikamentengpässe

Das Kabinett beschloss außerdem einen Gesetzentwurf für eine stärkere Absicherung von Medikamentenlieferungen. Um Engpässe bei wichtigen Präparaten zu vermeiden, plant Lauterbach neue Preisregeln, die Lieferungen nach Deutschland für Hersteller attraktiver machen sollen. Außerdem sollen europäische Produzenten generell stärker zum Zuge kommen und Bevorratungen als Sicherheitspuffer geregelt werden. Lieferengpässe gab es zuletzt etwa bei patentfreien Medikamenten wie Fiebersäften für Kinder sowie bei Antibiotika und Krebsmedikamenten.

© dpa-infocom, dpa:230405-99-218911/3