Die oppositionelle russische Investigativreporterin Jelena Milaschina ist am Dienstag in der russischen Kaukasus-Republik Tschetschenien zusammengeschlagen und schwer verletzt worden. Maskierte und bewaffnete Männer hätten ihr Auto, in dem auch der Rechtsanwalt Alexander Nemow saß, auf dem Weg in die tschetschenische Hauptstadt Grosny gestoppt, teilte die Menschenrechtsorganisation Memorial mit. Die Männer schlugen demnach auf die beiden Insassen ein und zerstörten alle vorhandenen Dokumente und Technik.
Milaschina seien Finger gebrochen worden, sie sei kahl geschoren und mit einem grünlichen Desinfektionsmittel übergossen worden. Sie habe Prellungen am ganzen Körper erlitten und habe mehrmals das Bewusstsein verloren, berichtete Memorial.
Milaschina und Nemow wollten in Tschetschenien der Urteilsverkündung für Sarema Musajewa beiwohnen. Die 53-jährige Ehefrau eines ehemaligen Richters war vergangenes Jahr aus der russischen Stadt Nischni Nowgorod nach Grosny verschleppt worden.
Russischen Staatsmedien zufolge verurteilte das Gericht in Grosny Musajewa am Dienstag zu fünfeinhalb Jahren Lagerhaft. Ihr wurde angeblicher Betrug und Angriff auf einen Polizisten vorgeworfen. Der zusammengeschlagene Anwalt Nemow ist der offizielle Verteidiger der Angeklagten. Die Journalistin Milaschina hatte im oppositionellen Medium »Nowaja Gaseta« ausführlich über Musajewas Fall berichtet.
Kreml: »sehr schwerwiegende Attacke«
Russlands Präsident Wladimir Putin sei über den Angriff auf Milaschina und Nemow informiert worden, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow russischen Agenturen zufolge. Die Menschenrechtsbeauftragte Tatjana Moskalkowa kümmere sich um den Vorfall, sagte er. Sie habe sich bereits an die Ermittlungsbehörden Tschetscheniens gewandt. »Natürlich bedarf es einer Prüfung und Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Angriff«, sagte Peskow. Es handele sich um eine »sehr schwerwiegende Attacke, die sehr energische Maßnahmen erfordert«.
Moskalkowa sagte russischen Agenturen zufolge, der Vorfall müsse gründlich untersucht und die Schuldigen müssten bestraft werden. Milaschina und Nemow wurden nach russischen Angaben noch am Dienstag in ein Krankenhaus außerhalb Tschetscheniens gebracht.
Von Kadyrow mit dem Tod bedroht
Milaschina war bereits 2020 von Tschetscheniens Machthaber Ramsan Kadyrow mit dem Tod bedroht worden, nachdem sie kritisch über den brutalen Umgang mit der Bevölkerung in der Corona-Pandemie berichtet hatte. Die Journalistin recherchiert seit Jahren in Tschetschenien.
Kadyrow führt die islamisch geprägte Republik im Nordkaukasus mit harter Hand. Bürgerrechtler beklagen immer wieder brutale Menschenrechtsverstöße, darunter Folter und Verfolgung. In den 1990er Jahren führte das damals nach Unabhängigkeit strebende Tschetschenien zwei Kriege gegen Russland. Moskau schaffte es mit massiven Angriffen, die Kontrolle über die Region zurückzuerlangen.
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