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»Jetzt ist die Zeit«: Evangelischer Kirchentag hochpolitisch

Es geht politisch zu beim Evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Die wichtigsten Fragen: Fällt die Gesellschaft auseinander? Und darf man sich als Christ für Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet aussprechen?

Frank-Walter Steinmeier
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält beim Deutschen Evangelischen Kirchentag eine humorvolle Rede. Foto: Daniel Karmann
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält beim Deutschen Evangelischen Kirchentag eine humorvolle Rede.
Foto: Daniel Karmann

Mit Debatten um Klimaschutz, Friedenspolitik und den Zusammenhalt in der Gesellschaft hat in Nürnberg der 38. Deutsche Evangelische Kirchentag begonnen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mahnte mehr Rücksicht und Respekt an. »Wir müssen ehrlich über Brüche sprechen«, sagte er und forderte »mehr Wertschätzung zwischen Menschen aus Stadt und Land«.

Vor allem Menschen, die auf dem Land leben, fühlten sich oft abgehängt und »als Hinterwäldler belächelt«. »Immer wieder höre ich, dass sie sich so gar nicht wiederfinden in all den Debatten«, sagte Steinmeier vor rund 5000 Zuhörern - »dass sie sich wünschen, ihre Bedürfnisse würden ernster genommen, als legitim anerkannt«. Er forderte: »Es muss uns gelingen, die Vielfalt von Lebensentwürfen in unserem Land zu respektieren.«

Das sei mehr als nur eine Frage des guten Stils, es sei »eine Frage, die den Kern der Demokratie berührt«, sagte der Bundespräsident. »Wenn größere Gruppen sich dauerhaft nicht wiederfinden, dann beginnt Zustimmung zur Demokratie zu bröckeln.«

Klimaaktivistin Neubauer: Kein Generationenkonflikt

Klimaaktivistin Luisa Neubauer wies bei einer anderen Kirchentags-Veranstaltung Vorwürfe von Kritikern zurück, die Klimabewegung habe einen Generationenkonflikt provoziert. Vielmehr gebe es einen Konflikt zwischen »denjenigen, die fossile Macht haben und denjenigen, die das in Frage stellen«, sagte Neubauer. Wenn Menschen den Klimaschutz kleinredeten, »sind sie nur zu faul, sich gute und gerechte Lösungen zu überlegen«.

Die Bewegung Fridays for Future wird vor allem von vielen jungen Menschen getragen. Es habe jedoch keinen Grund gegeben, einen Generationenkonflikt loszutreten, sagte Neubauer. Vielmehr habe sich ein Netz über alle Generationen gespannt. Und alle seien betroffen: »Die jungen Menschen haben eine Zukunft zu verlieren«, aber auch Ältere seien gefährdet - etwa durch Gesundheitsprobleme wegen Hitze. Man dürfe sich jedoch den vielfältigen Krisen der Zeit nicht verweigern, sondern »anpacken und das Beste daraus machen«.

Steinmeier: »Zeit für Waffen«

Der Kirchentag, der am Mittwoch begonnen hat und an diesem Sonntag enden soll, steht unter dem Motto »Jetzt ist die Zeit«. Neben Klima- und Sozialpolitik ist auch der Krieg in der Ukraine immer wieder Thema beim Kirchentag. »Neben all den anderen Anstrengungen - es ist auch Zeit für Waffen«, sagte Steinmeier. »Wenn die Ukraine ihre Verteidigung einstellt, ist das das Ende der Ukraine«, bekräftigte er. Jedoch räumte er ein, dass der Krieg viele Christinnen und Christen in ein tiefes Dilemma stürze: »Wie ist es mit dem christlichen Friedensgebot vereinbar, wenn wir Waffen in ein Kriegsgebiet liefern?«

Die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, die sich sehr kritisch zur Position ihrer Kirche in der Sache geäußert hat und Waffenlieferungen in die Ukraine ablehnt, nimmt nach eigenen Angaben nicht am diesjährigen Kirchentag teil. Laut Kirchentags-Organisatoren wurde sie eingeladen, man sei aber nicht zusammengekommen.

Für Freitag ist der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, für ein Podiumsgespräch auf dem Kirchentag eingeplant, Samstag werden unter anderen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erwartet.

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© dpa-infocom, dpa:230608-99-984932/3