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Jesidin als Sklavin missbraucht: Haftstrafe für 37-Jährige

Drei Jahre lang hat eine Frau eine junge Jesidin als Sklavin missbraucht. Nun muss sie deswegen für mehr als neun Jahre ins Gefängnis. Im Gericht saßen sich die beiden Frauen noch einmal gegenüber.

Oberlandesgericht Koblenz
Im Oberlandesgericht in Koblenz wurde eine 37-jährige Frau zu einer Haftstrafe verurteilt. Foto: Fredrik von Erichsen/DPA
Im Oberlandesgericht in Koblenz wurde eine 37-jährige Frau zu einer Haftstrafe verurteilt.
Foto: Fredrik von Erichsen/DPA

Eine 37-jährige Frau hat nach Ansicht des Oberlandesgerichts Koblenz als Mitglied der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) eine junge Jesidin als Sklavin misshandelt. Die Deutsche wurde zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt.

Die Frau wurde unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Beihilfe zum Völkermord schuldig gesprochen. Das Gericht verhängte eine Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und drei Monaten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der Senat sah es als erwiesen an, dass die 37-Jährige in ihrer Zeit beim Islamischen Staat (IS) in Syrien und im Irak eine junge Jesidin drei Jahre lang »im eigenen Interesse als Haushaltssklavin missbraucht« habe, sagte die Richterin. »Ausgangspunkt ist dabei das Zusammentreffen zweier Frauen, deren Leben unter normalen Umständen keinerlei Berührungspunkte gehabt hätten.«

Rückblick

Anfang 2013 habe die Angeklagte ihren späteren Ehemann in einer Bar in Nordrhein-Westfalen kennengelernt. Das Paar heiratete nach islamischem Ritus. Später reiste die 37-Jährige über die Türkei in das damalige Herrschaftsgebiet des IS.

Ihr Mann habe die Jesidin in den Haushalt gebracht und regelmäßig vergewaltigt. Die Angeklagte habe die Vergewaltigungen ermöglicht und gefördert. »Sie hätte etwas tun können und müssen«, sagte die Richterin in Richtung der Angeklagten.

Stattdessen habe die 37-Jährige die junge Frau als ihr Eigentum angesehen und sie gezwungen, den Haushalt zu führen. Sie habe dafür gesorgt, dass die Zeugin das Haus nicht verlassen konnte, sagte die Richterin.

Details aus dem Prozess

Der Senat habe keine Anhaltspunkte feststellen können, aus denen sich eine Distanzierung der Angeklagten zu der Tat ergebe, sagte die Richterin. Chatnachrichten hätten gezeigt, dass sie überzeugte IS-Anhängerin sei. Sie habe aber »zumindest in Ansätzen« Reue und Mitgefühl gezeigt.

Die Richterin bezeichnete die Angeklagte als intelligente und selbstbestimmte Frau, die sich willentlich dem IS angeschlossen habe. Während der etwa einstündigen Urteilsverkündung zitterte die 37-Jährige am ganzen Körper und schlug sich mehrfach ungläubig die Hände vor das Gesicht.

Das Opfer, die junge Jesidin, war eigens zur Urteilsverkündung wie auch schon für ihre Aussage aus ihrer Heimat angereist. Ihr gebühre großer Respekt, dass sie den Weg aus dem Irak auf sich genommen und die Stärke gefunden habe, um vor fremden Menschen auszusagen, sagte die Richterin.

»Sie hofft, dass ihrem Beispiel andere folgen«, sagte ihre Anwältin Sonka Mehner. Ihr Wunsch sei, dass jedem, der so ein Verbrechen begangen habe, auch tatsächlich der Prozess gemacht werde.

Laut der Anwältin ist die junge Frau mittlerweile mit ihrer Jugendliebe verheiratet. Allerdings sei ihre Mutter während ihrer Gefangenschaft gestorben. »Darunter hat sie sehr gelitten und leidet sie auch heute noch«, sagte Mehner. »Sie hat permanent Alpträume und ist weit davon weg, das alles aufgearbeitet zu haben.« Den Umständen entsprechend gehe es ihr aber gut. »Sie hat das Glück, einen Großteil ihrer Familie wiedergefunden zu haben. Das gilt lange nicht für alle.«

© dpa-infocom, dpa:230621-99-133216/3