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Japan verabschiedet sich vom Atomausstieg

Nach dem Super-GAU von Fukushima hatte Japan sämtliche Atommeiler im Lande heruntergefahren und deutlich verschärfte Sicherheitsstandards eingeführt. Mittlerweile geht das Land einen ganz anderen Weg.

Atomkraftwerk Mihama
Anfang der Woche hatte ein Gericht die Forderung von Anwohnern des AKW Mihama zurückgewiesen, den dortigen mit mehr als 40 Jahren ältesten laufenden Reaktor wegen Sicherheitsbedenken abzuschalten. Foto: kyodo
Anfang der Woche hatte ein Gericht die Forderung von Anwohnern des AKW Mihama zurückgewiesen, den dortigen mit mehr als 40 Jahren ältesten laufenden Reaktor wegen Sicherheitsbedenken abzuschalten.
Foto: kyodo

Japan setzt in der globalen Energiekrise verstärkt auf Atomkraft. Eine am Donnerstag von der Regierung beschlossene Richtlinie sieht eine Verlängerung der Laufzeit bestehender Meiler über die bisherige Begrenzung auf 60 Jahre hinaus vor. Zudem sollen Reaktoren der nächsten Generation gebaut werden, die langfristig die alten ersetzen sollen.

Damit kehrt die vor Deutschland drittgrößte Volkswirtschaft der Welt vollends vom vorübergehenden Atomausstieg ab, der nach dem Super-GAU im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi im März 2011 in Folge eines Erdbebens und Tsunami eingeleitet worden war.

Nutzung der Atomkraft wird als unerlässlich angesehen

»Wir müssen die Kernenergie voll ausschöpfen«, hatte Ministerpräsident Fumio Kishida dieser Tage als Devise ausgegeben. Zum einen will das rohstoffarme Land ähnlich wie Deutschland seine Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten verringern und Stromengpässe vermeiden. Zum anderen will Japan seine Klimaschutzziele erreichen: Bis zum Jahr 2050 soll der CO2-Ausstoß auf Null reduziert werden. Zwar sollen auch die erneuerbaren Energien ausgebaut werden, doch zugleich wird die Nutzung der Atomkraft ungeachtet der Gefahr durch Erdbeben und der Fukushima-Katastrophe als unerlässlich angesehen.

Nach Fukushima hatte Japan sämtliche Meiler im Lande heruntergefahren und deutlich verschärfte Sicherheitsstandards eingeführt. Die Regierung will nun die Zeit der Zwangspause den Betreibern anrechnen. Damit dürfte ein AKW dann sogar 70 Jahre fortbestehen. Für 27 abgeschaltete Reaktoren haben die Betreiber die Genehmigung zum Wiederanfahren beantragt. 17 Reaktoren haben die Sicherheitsauflagen erfüllt, zehn Meiler davon wurden bereits wieder ans Netz genommen.

Am Dienstag hatte ein Gericht die Forderung von Anwohnern des AKW Mihama zurückgewiesen, den dortigen mit mehr als 40 Jahren ältesten laufenden Reaktor wegen Sicherheitsbedenken abzuschalten. Zur Finanzierung von Investitionen in Dekarbonisierungsprojekte sieht die neue Richtlinie »grüne Transformations«-Anleihen über etwa 20 Billionen Yen (143 Milliarden Euro) vor. Die Regierung schätzt, dass in den nächsten zehn Jahren öffentliche und private Investitionen von über 150 Billionen Yen in diesem Bereich erforderlich sein werden. Japan will bis 2030 etwa 20 bis 22 Prozent der Stromerzeugung aus Kernenergie und 36 bis 38 Prozent aus erneuerbaren Energien gewinnen.

© dpa-infocom, dpa:221222-99-990459/3