Im Ringen um die politische Zukunft Italiens haben die mitregierenden Sozialdemokraten (PD) die krisengebeutelte Fünf-Sterne-Bewegung aufgerufen, das Kabinett von Ministerpräsident Mario Draghi weiter zu unterstützen.
»Ich appelliere an die Fünf-Sterne-Bewegung, am Mittwoch mit dem Willen zu einem Neustart dabei zu sein«, sagte Parteichef Enrico Letta. Es sei klar, dass die Menschen in Italien jetzt keine düstere Krise wollten, sondern eine Regierung, die auf die aktuellen Probleme reagiere.
Am Mittwoch werde mit einem neuen Vertrauensvotum der Weg der kommenden neun Monate für die Vollendung von Reformen beschlossen, schrieb er danach auf Twitter. Die nächsten regulären Wahlen stehen im Frühjahr 2023 an.
Conte fordert Antworten für Verbleib
Fünf-Sterne-Parteichef Giuseppe Conte hat von Italiens Ministerpräsident Mario Draghi in der laufenden Regierungskrise klare Antworten gefordert, wenn seine Partei weiter mitregieren solle. »Ohne deutliche Antworten ist klar, dass die Fünf-Sterne-Bewegung keine direkte Regierungsverantwortung teilen kann«, sagte Conte am Samstagabend nach einer Sitzung der Regierungspartei in einem Video auf Facebook. Der 57-Jährige bezog sich auf ein Papier mit neun Forderungen der populistischen Partei, das er Draghi rund eine Woche vor der Regierungskrise überreichte. Eine der Forderungen ist die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns.
»Wir haben Ministerpräsident Draghi eingeladen, sich mit unseren Prioritäten auseinanderzusetzen. Sie drücken unser politisches Unbehagen aus, das wir in der Regierungsmehrheit hatten«, kommentierte Conte weiter. Der Vorgänger Draghis als Ministerpräsident, dessen Regierung im Januar 2021 zerfiel, sprach von Feindseligkeiten gegen seine Partei und forderte Respekt und Korrektheit als Bedingung, um wieder mitzuregieren.
Lega will zum »Wohle Italiens entscheiden«
Die Regierungsparteien des Mitte-Rechts-Blocks, Lega und Forza Italia wollen zum »Wohle Italiens entscheiden«, schrieb Lega-Chef Matteo Salvini auf Twitter. Marotten und Drohungen überlasse man den Fünf Sternen und ihren Freunden der PD. Antonio Tajani von Silvio Berlusconis konservativer Forza Italia sah die Verantwortung für die Regierungskrise ausschließlich bei der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung. »Wir haben sehr klare Vorstellungen. Wir können nicht weiter mit den Fünf Sternen regieren«, sagte er.
Am Mittwoch will Draghi im Senat Bericht über die aktuelle Lage erstatten. Wie und ob er danach weiterregieren wird, ist unklar. Die Fünf-Sterne-Bewegung sprach seiner Regierung am Donnerstag im Senat nicht das Vertrauen aus. Draghi bot danach seinen Rücktritt an, Staatschef Sergio Mattarella lehnte das aber ab.
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