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Israel tötet gezielt Dschihad-Mitglieder in Gaza

Militante Palästinenser im Gazastreifen feuern Dutzende Raketen auf Israel ab. Keine Woche später reagiert das Land mit der gezielten Tötung mutmaßlicher Strippenzieher.

Nach Luftangriffen in Gaza
Trauernde nehmen in Gaza-Stadt an der Beerdigung der Opfer der israelischen Militäroperation teil. Foto: Mohammed Talatene
Trauernde nehmen in Gaza-Stadt an der Beerdigung der Opfer der israelischen Militäroperation teil.
Foto: Mohammed Talatene

Israel hat drei ranghohe Mitglieder der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad im Gazastreifen gezielt getötet. Nach palästinensischen Angaben kamen bei den Luftangriffen in der Nacht zu Dienstag insgesamt 13 Menschen ums Leben, unter ihnen ein Zahnarzt mit russischer Staatsbürgerschaft sowie mehrere Frauen und Kinder. Rund 20 Palästinenser seien verletzt worden, einige davon lebensgefährlich.

Am Dienstagnachmittag wurden zudem bei einem israelischen Angriff auf ein Auto im südlichen Gazastreifen zwei Mitglieder einer militanten palästinensischen Gruppierung getötet. Nach Armeeangaben sollen sie gelenkte Panzerabwehrrakete transportiert haben. Militante im Gazastreifen kündigten Vergeltung an.

Reaktion auf Angriffe

Die israelische Armee begründete den Schlag in der Nacht mit mehreren Angriffen aus dem Küstenstreifen in den vergangenen Wochen. Zuletzt wurden nach dem Tod eines palästinensischen Häftlings in der vergangenen Woche Dutzende Raketen und Mörsergranaten auf Israel abgefeuert. Bei den getöteten Dschihad-Mitgliedern handelt es sich nach Armeeangaben um einen Kommandeur, der für die jüngsten Raketenangriffe auf Israel verantwortlich gewesen sein soll. Zudem seien der Leiter des Militärrats sowie ein weiterer Islamist, der Anschläge im Westjordanland koordiniert haben soll, getötet worden.

Der UN-Gesandte Tor Wennesland verurteilte den Tod von Zivilisten als »inakzeptabel«. Er fordere alle Beteiligten auf, »größtmögliche Zurückhaltung zu üben und eine Eskalation zu vermeiden«.

Sorgen vor weiterer Eskalation

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte am Abend: »Unser Prinzip ist klar: Wer immer uns schadet - wir werden zuschlagen, und zwar mit großer Wucht. Unser langer Arm wird jeden Terroristen zu einem Zeitpunkt und an einem Ort unserer Wahl erreichen.« Verteidigungsminister Joav Galant teilte mit, Israel sei auf jedes Szenario vorbereitet. Das Militär wurde angewiesen, sich auf die mögliche Mobilisierung von Reservisten vorzubereiten. Aus der Opposition erhielt die israelische Regierung breite Rückendeckung für den Einsatz. Medienberichten zufolge soll auch die USA über die Pläne informiert worden sein. Mehrere arabische Länder, darunter Ägypten und Jordanien, verurteilten die israelischen Angriffe.

Die Zivilbevölkerung im Süden Israels wurde angewiesen, bis Mittwochabend in der Nähe eines ausgewiesenen Schutzraums zu bleiben. Die Grenzübergänge zum Gazastreifen wurden geschlossen. Der Zugverkehr im Grenzgebiet wurde eingeschränkt. Im Gazastreifen herrschte Augenzeugen zufolge kaum Verkehr auf den Straßen. Schulen, Universitäten und alle Ministerien und öffentlichen Dienste wurden geschlossen. Vor Bäckereien bildeten sich lange Schlangen.

Der Leiter des Instituts für Nationale Sicherheitsstudien Tamir Hajman sagte, entscheidend für den weiteren Verlauf des Konflikts sei, ob sich die im Gazastreifen herrschende Palästinenserorganisation Hamas an möglichen Kämpfen beteiligt. »Für Israel ist die Hamas nicht das Ziel der Operation, aber die Hauptfrage, die die Intensität dieses Konflikts und seine Dauer bestimmen wird, ist, ob die Hamas sich einschalten wird oder nicht.« Die israelische Nachrichtenseite ynet berichtete, Israel habe der Hamas die Botschaft übermittelt, sie sei »nicht im Visier«.

Militante drohen mit Vergeltung

Ein Hamas-Sprecher sagte, das palästinensische Volk wisse, wie es auf das »Verbrechen« der gezielten Tötung der Dschihad-Mitglieder zu reagieren und »die Besatzungsmacht anzugreifen« habe. Ein Dschihad-Sprecher teilte mit, Israel habe »alle Initiativen der Vermittler ignoriert«. Man werde den Tod der drei Führungsmitglieder rächen.

Israel hat in der Vergangenheit bereits mehrfach Dschihad-Anführer im Gazastreifen gezielt getötet. Im August vergangenen Jahres kam etwa Militärchef Chalid Mansur bei einem Luftangriff Israels ums Leben. Dabei wurden zwei weitere Dschihad-Mitglieder getötet. Damals kam es zu massiven Raketenangriffen aus dem Palästinensergebiet und weiteren israelischen Luftangriffen. Nach drei Tagen trat dann eine von Ägypten vermittelte Waffenruhe in Kraft.

Im Gazastreifen leben mehr als zwei Millionen Menschen unter sehr schlechten Bedingungen. Die Hamas hatte in dem palästinensischen Gebiet 2007 gewaltsam die Macht an sich gerissen. Israel verschärfte daraufhin eine Blockade des Küstengebiets, die von Ägypten mitgetragen wird.

Die Hamas und der Islamische Dschihad werden von den USA, der EU und Israel als Terrororganisationen eingestuft. Beide Gruppierungen haben sich die Zerstörung Israels auf die Fahne geschrieben. Der Islamische Dschihad gilt allerdings als noch radikaler als die Hamas. Nach Angaben des »CIA World Factbook« wird die Anzahl der Dschihad-Kämpfer auf zwischen 1000 und mehreren Tausend geschätzt. Die Hamas gilt als militärisch deutlich stärker, die Zahl der Kämpfer wird den Angaben zufolge auf 25 000 geschätzt. Anders als die Hamas hat der Islamische Dschihad kein Interesse an einer Regierungsbeteiligung, sondern konzentriert sich auf den bewaffneten Widerstand gegen Israel.

© dpa-infocom, dpa:230509-99-613747/10