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Iran-Sanktionen der EU treffen Kultur- und Bildungsminister

Tausende Demonstranten wurden im Iran seit September festgenommen, mehr als 500 getötet. Mit neuen Sanktionen will die EU den Druck auf die Führung der Islamischen Republik weiter erhöhen.

Josep Borrell
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell trifft sich in Brüssel mit den EU-Außenministern. Foto: Jean-Francois Badias
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell trifft sich in Brüssel mit den EU-Außenministern.
Foto: Jean-Francois Badias

Die EU-Außenminister haben wegen der schweren Menschenrechtsverletzungen im Iran neue Strafmaßnahmen beschlossen. Betroffen sind 32 Personen und zwei Organisationen, wie aus dem EU-Amtsblatt hervorgeht. Neben Richtern, Staatsanwälten und Gefängnisdirektoren wurden auch der iranische Kulturminister Mohammed-Mehdi Esmaeili sowie der iranische Bildungsminister Jussef Nuri am Montag auf die Sanktionsliste gesetzt.

Nuri wird unter anderem für die willkürliche Verhaftung von Schülern verantwortlich gemacht. Unter der Verantwortung von Esmaeili wurden laut EU zahlreiche iranische Musiker, Filmemacher, andere Kunstschaffende und Journalisten bedroht, verhaftet und aufgrund fadenscheiniger Anschuldigungen strafrechtlich verfolgt. Richter und Staatsanwälte werden insbesondere für Todesurteile gegen Demonstranten verantwortlich gemacht.

»Diejenigen, die für diese furchtbaren Menschenrechtsverletzungen (...) verantwortlich sind, für die Repression, die müssen weiter zur Rechenschaft gezogen werden«, erklärte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nach dem Treffen. Es sei wichtig, deutlich zu machen, dass man nicht wegschaue. Die Strafmaßnahmen sehen vor, in der EU vorhandene Vermögenswerte einzufrieren. Zudem dürfen die Betroffenen nicht mehr in die EU reisen.

Freilassung erhofft

Ziel der neuen Sanktionen sei, dass die Verhafteten im Iran, die zuvor friedlich protestiert hatten, freigelassen werden, erklärte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn am Rande des EU-Treffens, bei dem die Sanktionen am Montag beschlossen wurden. »Das ist das Recht der Iraner, auf die Straße zu gehen und sich so anzuziehen, wie sie das wollen.«

Auslöser der landesweiten Proteste im Iran war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini. Sie starb am 16. September im Polizeigewahrsam, nachdem sie von der Sittenpolizei mit der Begründung festgenommen worden war, gegen die islamischen Kleidungsvorschriften verstoßen zu haben. Nach Einschätzung von Menschenrechtlern sind seit Beginn der Proteste im September 2022 mehr als 500 Menschen getötet und fast 20.000 Demonstranten festgenommen worden.

Während des EU-Treffens demonstrierten in Belgien lebende Iranerinnen und Iraner im Brüsseler Europaviertel gegen die Unterdrückung der Menschen in ihrer Heimat. Die Polizei schätzte die Teilnehmerzahl zunächst auf 6000, wie die belgische Nachrichtenagentur Belga berichtete. Die Demonstranten riefen Parolen wie »Freiheit, Freiheit, Freiheit« und schwenkten iranische Flaggen. Zu dem Protest reisten auch viele Demonstranten aus dem Ausland an - darunter führende Exilpersönlichkeiten, wie der bekannte Sozialaktivist Hamed Esmaeilion und die Aktivistin Masih Alinejad.

Oppositionsbündnis im Ausland wächst

Mehr als fünf Monate nach Beginn der Frauenprotesten im Iran formt sich auch im Ausland ein neues Oppositionsbündnis. Dazu zählen unter anderem der Sohn des früheren Monarchen, Reza Pahlavi, die Schauspielerinnen Nasanin Boniadi und Golshifteh Farahani sowie der bekannte Sozialaktivist Esmaeilion. Auch die Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi, Ex-Bundesligaprofi Ali Karimi und die Aktivistin Masih Alinejad zählen zu dem Bündnis. Auch auf der Demo bekundeten Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Unterstützung für Pahlavi.

Keine Entscheidung gab es bei dem Außenministertreffen zur Frage, ob die iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation eingestuft werden sollten. Nach Angaben von Diplomaten legte der juristische Dienst des Ministerrates zu den Beratungen ein Rechtsgutachten vor, nach dem dieser Schritt derzeit nicht mit EU-Recht vereinbar wäre. Demnach bräuchte es für die Aufnahme auf die EU-Terrorliste zum Beispiel eine nationale Gerichtsentscheidung oder Verbotsverfügung einer Verwaltungsbehörde. Ein entsprechende Entscheidung der USA bezieht sich Diplomaten zufolge auf Taten, die zu lange zurückliegen.

»Ich habe deutlich gemacht in der Vergangenheit, dass ich es politisch für sinnvoll gehalten hätte, auch die Revolutionsgarden unter der Terrorliste zu listen«, sagte Baerbock am Montagabend. Man habe nun aber vom juristischen Dienst erläutert bekommen, dass derzeit die Grundlagen für eine Terrorlistung unter dem Terrorregime nicht gegeben seien.

© dpa-infocom, dpa:230220-99-663549/9