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Hochspannung im Ampel-Haushaltsstreit - gelingt Durchbruch?

Der Freitag könnte ein großer Tag werden - für die deutsche Nationalmannschaft im Viertelfinale der EM. Der Kanzler tippt auf einen Sieg. Aber was bringt der Tag für die Ampel?

Haushaltsstreit der Ampel-Koalition
Verhandlungen bis in die Nacht? Die Runde im Kanzleramt zum Haushalt 2025 könnte die entscheidende werden. Foto: Sebastian Christoph Gollnow/DPA
Verhandlungen bis in die Nacht? Die Runde im Kanzleramt zum Haushalt 2025 könnte die entscheidende werden.
Foto: Sebastian Christoph Gollnow/DPA

Die SPD drängelt, die FDP will sich nicht unter Druck setzen lassen: Ob es in den Ampel-Verhandlungen über den Haushaltsplan 2025 bis Freitag zu einer Einigung kommt, ist weiter völlig offen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) kamen am Nachmittag im Kanzleramt zu einer weiteren von unzähligen Verhandlungsrunden in den vergangenen Monaten zusammen. 

Ob es die entscheidende wird, war zu Beginn noch völlig unklar. Es wurden Gespräche notfalls bis tief in die Nacht erwartet. Spätestens um kurz vor 7.00 Uhr am Freitagmorgen ist aber erstmal Schluss. Scholz muss dann in die SPD-Fraktion, um über den Stand der Dinge zu berichten - auch wenn es bis dann keinen Durchbruch gibt. Die Grünen haben ebenfalls für 7.00 Uhr eine Fraktionssitzung angesetzt, wie es aus Fraktionskreisen hieß.

Lindner: »Wir müssen sorgfältig beraten«

Die SPD-Fraktion hatte die Sondersitzung schon am Mittwoch angesetzt. Begründung: Es ist der letzte Sitzungstag vor der parlamentarischen Sommerpause und die Abgeordneten wollten Klarheit haben.

Lindner wies Druck für eine schnelle Einigung zurück. »Wir müssen sorgfältig beraten. Es geht um die Stabilität unserer Staatsfinanzen in einer unruhigen Weltlage«, sagte der FDP-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. 

Turbo statt Wumms

Verhandelt wird auch über ein Maßnahmenpaket, um die schwache Konjunktur in Schwung zu bringen. Der Kanzler nennt es »Wachstumsturbo«. Frühere Hilfspakete hatte er »Wumms« oder »Bazooka« getauft.

Scholz, Habeck und Lindner wollten eigentlich bis zu diesem Mittwoch eine Verständigung schaffen. Jetzt ist der 17. Juli für den Kabinettsbeschluss im Gespräch. Um diesen Termin zu erreichen, ist aber eine baldige Grundsatzeinigung nötig, weil die Ausarbeitung des Haushaltsgesetzes dann in der Regel noch etwa zehn Tage dauert. Ab Mitte September befasst sich dann der Bundestag mit dem Haushaltsentwurf, der dann im November oder Dezember beschlossen werden könnte.

Noch Milliardenlücke

Die Einzeletats sind weitgehend ausgehandelt, umstritten ist dem Vernehmen nach vor allem noch der Sozialetat. Daneben besteht immer noch eine Lücke von rund 10 Milliarden Euro, die geschlossen werden muss. Vor allem die SPD dringt mit Blick auf finanzielle Belastungen durch den Ukraine-Krieg, die Schuldenbremse erneut auszusetzen, um mehr Spielraum für Investitionen zu haben. Für Lindners FDP kommt das nicht infrage. Die SPD lehnt Kürzungen im Sozialetat ab.

Daneben geht es auch um mögliche Kürzungen im Klima- und Transformationsfonds - aus diesem Sondertopf finanziert die Bundesregierung Projekte für mehr Klimaschutz. Infolge eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts fehlen Milliarden in dem Topf.

Scholz tippt 1-0 für Deutschland - und für die Ampel? 

Scholz ging beim Festakt zum 75. Gründungsjubiläums des Verbands kommunaler Unternehmen in Berlin nicht auf die Haushaltsverhandlungen ein. Er warb in seiner Rede aber ganz allgemein für mehr Zuversicht in Deutschland. »Die Zuversicht ist die Triebfeder der Moderne«, sagte er. Deutschland bekomme gerade in schwierigen Zeiten sehr viel hin. »All das mit einer unaufgeregten Zuverlässigkeit.« 

Zuversichtlich zeigte sich Scholz auch mit Blick auf das Viertelfinale der Fußball-EM, für das er einen knappen Sieg der deutschen Mannschaft erwartet. Auf die Frage, was sein Tipp sei, antwortete er: »Tja, 1:0 für Deutschland.« Scholz will am Freitag um 18.00 Uhr in Stuttgart live dabei sein, wenn die deutsche Mannschaft gegen Spanien antritt. Ob er dann eine Grundsatzeinigung im Haushaltssstreit in der Tasche hat, ist fraglich. 

Lindner: Mut zu Prioritäten

Der Finanzminister äußerte sich zurückhaltend. »Es ist noch einiges an Arbeit zu tun«, sagte Lindner bei einer Veranstaltung in seinem Ministerium. »Unser Land hat keinen Mangel an Geld, sondern oft nur einen Mangel an Mut, Prioritäten zu setzen.« 

Lindner sprach sich erneut für Kürzungen bei Sozialausgaben aus. Seit 2022 gebe es 15 Milliarden Euro höhere Sozialausgaben allein aufgrund der Ausweitung von Leistungen und der Einführung neuer Leistungen. Der Finanzminister nannte den Kindersofortzuschlag, die Ausweitung des Wohngelds und das Deutschlandticket im Nah - und Regionalverkehr zum Preis von 49 Euro im Monat. Lindner sagte weiter, im Zuge der »Wirtschaftswende« und einer Aktivierung am Arbeitsmarkt müsse es »zwangsläufig« auch zu Maßnahmen beim Bürgergeld kommen.

Maßnahmenpaket soll Wachstum ankurbeln

In diesem Jahr wird in Deutschland nur ein Mini-Wachstum erwartet. Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück, auch der private Konsum kommt nicht in Schwung. Wirtschaftsverbände beklagen seit langem Standortnachteile wie eine hohe Steuer- und Abgabenlast, einen Mangel an Fachkräften und zu viel Bürokratie.

Hier will die Regierung mit dem »Wachstumsturbo« ansetzen. Scholz hatte bereits gesagt, die Bundesregierung wolle private Investitionen fördern. Er stellte verbesserte steuerlichen Abschreibungen für Firmen in Aussicht. Außerdem sollten die Erwerbstätigkeit von Eltern erleichtert und Arbeitsanreize erhöht werden, auch steuerlich. 

Nachtragshaushalt erwartet

Im Zuge der Verhandlungen über den Bundeshaushalt 2025 und ein Wachstumspaket wird erwartet, dass die Bundesregierung auch einen Nachtragshaushalt für dieses Jahr auf den Weg bringt. Damit würde sie sich mehr finanziellen Spielraum verschaffen. Weil die Konjunktur in Deutschland schwächer als erwartet läuft, lässt die Konjunkturkomponente in der Schuldenbremse eine größere Nettokreditaufnahme zu. Dabei könnte es um bis zu elf Milliarden Euro gehen. Bisher ist für das laufende Jahr im Rahmen der Schuldenbremse eine Nettokreditaufnahme von 39 Milliarden Euro geplant.

© dpa-infocom, dpa:240704-930-163336/5