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»Hitlerjunge Salomon« Sally Perel mit 97 Jahren gestorben

Sally Perel war einer der Zeitzeugen des Holocausts, von denen es immer weniger gibt. Als junger Junge nahm der gebürtige Niedersachse die Identität eines Volksdeutschen an und überlebte so die NS-Zeit.

Sally Perel
Überlebte den Holocaust: Sally Perel. Nun starb er im Alter von 97 in seinem Haus in Israel. Foto: Marijan Murat
Überlebte den Holocaust: Sally Perel. Nun starb er im Alter von 97 in seinem Haus in Israel.
Foto: Marijan Murat

Der Holocaust-Überlebende Sally Perel - bekannt als »Hitlerjunge Salomon« - ist tot. Der Israeli starb im Alter von 97 Jahren in seinem Haus in Israel, wie die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem am Donnerstagabend in Jerusalem mitteilte. International bekannt wurde der gebürtige Deutsche durch seine Autobiografie »Ich war Hitlerjunge Salomon«. Das Buch war 1990 auch Grundlage für einen mehrfach prämierten Film der Regisseurin Agnieszka Holland.

Perel wurde 1925 in Peine bei Braunschweig geboren. Mit nur elf Jahren floh er mit seiner Familie nach Polen und später weiter nach Osten in die von der Sowjetunion kontrollierten Gebiete. Dort fiel er 1941 deutschen Truppen in die Hände und nannte sich Josef »Jupp« Perjell an. Nach einem Jahr an der Ostfront wurde er auf eine Schule der Hitlerjugend geschickt. Später machte er eine Ausbildung bei Volkswagen. Bis zum Kriegsende fürchtete er täglich seine Enttarnung.

Perel sprach jahrelang nicht über seine Geschichte

Nach dem Zweiten Weltkrieg wanderte Perel ins heutige Israel aus. Wie viele andere Zeitzeugen sprach er jahrelang nicht über seine Geschichte. Er dachte, dies sei »keine richtige Holocaust-Geschichte«, berichtete er später. Er habe viel Glück gehabt und »in der Haut des Feindes« überlebt. Perel berichtete auch, dass er bis ins hohe Alter mit der Nazi-Ideologie zu kämpfen gehabt hab. Deren Gedanken seien ihm als Jugendlicher »so tief ins Unterbewusstsein eingegraben« worden.

Erst vier Jahrzehnte nach Kriegsende verarbeitete er dann das Erlebte in einer Biografie - oder wie er in dem Buch selber feststellte: »Um mich davon zu befreien, musste ich mir alles im wahrsten Sinne des Wortes von der Seele schreiben.« Später reiste er regelmäßig nach Deutschland, um Studenten und Jugendliche von seinen Erfahrungen zu berichten. 1999 erhielt Perel für seine Bemühungen um die deutsch-israelische Verständigung das Bundesverdienstkreuz.

Steinmeier würdigt Perels Wirken

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte Perels Wirken in einer Kondolenzbotschaft an dessen Nichte Neomi Brakin und ihre Familie. »Dass er den Deutschen und meinem Land die Hand zur Versöhnung gereicht hat, dass er auf zahlreichen Reisen nach Deutschland so vielen jungen Menschen von seinem Schicksal berichtet hat, dafür werden wir ihm für immer dankbar sein.«

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil würdigte Perel als »Aufklärer und Mahner gegen das Vergessen«. Er sei »ein großartiger Mensch mit einer dramatischen Lebensgeschichte« gewesen, schrieb der SPD-Politiker auf Twitter. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) kondolierte der Familie mit den Worten: »Wir alle sind ihm unendlich dankbar dafür, dass er von dieser Zeit berichtet, geschrieben und immer wieder den Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht hat«.

In Israel leben heute noch etwa 150.600 Überlebende des Holocausts, der systematischen Vernichtung von Menschen jüdischen Glaubens durch die Nazis. Mehr als tausend von ihnen sind bereits über 100 Jahre alt. Die Nazis und ihre Helfer ermordeten damals etwa sechs Millionen Menschen.

© dpa-infocom, dpa:230203-99-466945/2