Ein türkisches Gericht hat einen Haftbefehl gegen den Journalisten Deniz Yücel verhängt. Die Entscheidung erging in einem Verfahren, in dem Yücel Beleidigung des Präsidenten sowie Verunglimpfung des türkischen Staates und der Justiz vorgeworfen werde, teilte sein Anwalt Veysel Ok mit. Der »Welt«-Korrespondent lebt in Deutschland und war bei dem Prozess nicht vor Ort.
Die Vorwürfe gegen ihn beziehen sich laut der Anwaltsvereinigung MLSA auf Inhalte aus von ihm verfassten Artikeln. Darin habe er Erdogan etwa einen »Putschisten« genannt. Die Schriftsteller-Vereinigung PEN fordert die sofortige Einstellung der Verfahren gegen ihren Co-Sprecher Yücel. Der Prozess in Istanbul soll am 17. Oktober fortgesetzt werden.
Frühere Inhaftierung in der Türkei
Yücel war von Februar 2017 bis Februar 2018 ohne Anklageschrift im Hochsicherheitsgefängnis Silivri westlich von Istanbul inhaftiert. Erst nach einem langen politischen Tauziehen zwischen Ankara und Berlin kam Yücel frei und konnte ausreisen - gleichzeitig wurde Anklage erhoben. Im Juli 2020 wurde er in Abwesenheit wegen Terrorpropaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK zu rund zwei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt.
Im Januar 2022 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Türkei wegen der Inhaftierung Yücels verurteilt und entschieden, dass das Vorgehen seine Menschenrechte auf Freiheit und Sicherheit sowie auf freie Meinungsäußerung verletzt habe.
© dpa-infocom, dpa:230518-99-738539/2