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Habeck: Sicherheit der Energieversorgung gewährleistet

Mehr als 60 Jahre wurde in Deutschland Strom aus Atomenergie gewonnen. Bald ist damit Schluss. Die Mehrheit der Bevölkerung hält die Abschaltung der letzten Kraftwerke aber für verfrüht.

Kernkraftwerk Isar 2
Die Anhänger der Grünen sind mehrheitlich für die AKW-Abschaltung. Foto: Armin Weigel
Die Anhänger der Grünen sind mehrheitlich für die AKW-Abschaltung.
Foto: Armin Weigel

Wirtschaftsminister Robert Habeck hält den bevorstehenden Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie trotz aller Widerstände für unumkehrbar. Die drei letzten Kraftwerke würden nach der Abschaltung am 15. April »früher oder später in den Rückbau gehen«, sagte der Grünen-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

»Und ein Neubau von Atomkraftwerken hat sich immer als ökonomisches Fiasko dargestellt - ob in Frankreich, Großbritannien oder Finnland.« Daran hätten die Betreiber auch gar kein Interesse.

Eine große Mehrheit der Deutschen ist allerdings gegen den Ausstieg aus der Atomenergie zum jetzigen Zeitpunkt. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sprachen sich 65 Prozent dafür aus, die Kraftwerke zunächst noch weiterlaufen zu lassen. Die Union forderte die Bundesregierung auf, ihre Ausstiegs-Entscheidung rückgängig zu machen.

FDP-Generalsekretär wirft Grünen Blockadehaltung vor

In der Ampel-Koalition hatte sich die FDP vehement gegen die Abschaltung der letzten Kraftwerke gestemmt. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hält den Schritt weiterhin für falsch. Aus Sicht der FDP wäre zur Energiesicherheit und zum Verzicht auf Kohlestrom ein Weiterbetrieb der Kernkraftwerke notwendig. »Es ist bedauerlich, dass die Grünen blockieren und kein Einsehen haben. Wir sollten auch die Chancen neuer und sicherer Technologien der Kernspaltung und Kernfusion ergebnisoffen diskutieren«, sagte Djir-Sarai der dpa.

»Notsituationen wie zuletzt infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine lassen sich nicht zuverlässig prognostizieren«, erläuterte der FDP-Politiker. »Deshalb müssen wir wegkommen von einer Energiepolitik, die auf Kante genäht ist.«

Union fordert Beschaffung neuer Brennstäbe

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte, die Tür für die Weiternutzung der Kernenergie offen zu lassen. Es gebe jetzt noch die Möglichkeit, für die drei verbliebenen Meiler neue Brennstäbe zu bestellen, um sie dann im kommenden Winter bei hohem Energiebedarf wieder ans Netz gehen zu lassen. »Deswegen fordere ich die Bundesregierung auf, die notwendige Entscheidung zur Brennstoffbeschaffung zu treffen, damit wir im nächsten Winter keine Blackouts erleben«, sagte Dobrindt.

Habeck: »Wir haben die Lage im Griff«

Habeck betonte dagegen, die Energieversorgung sei sicher. »Die Energieversorgungssicherheit in Deutschland wurde in diesem schwierigen Winter gewährleistet und wird auch weiter gewährleistet sein«, sagte er. »Wir haben die Lage im Griff durch die hohen Füllstände in den Gasspeichern und die neuen Flüssiggasterminals an den norddeutschen Küsten und nicht zuletzt durch mehr erneuerbare Energien.«

Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sagte der dpa, jüngere Studien zeigten, dass erneuerbare Energien in der Produktion viermal weniger als Atomstrom kosteten und langfristig vor absehbar steigenden Preisen für Öl oder Gas schützten. »Mit dem klaren Fokus auf erneuerbare Energien, auf Wind und Solar, auch auf Wasserstoff, stärkt die Ampel die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland und schafft zukunftssichere Jobs.«

Nur die Grünen-Wähler mehrheitlich für Abschaltung

In der YouGov-Umfrage unterstützten allerdings nur 26 Prozent der Befragten die Abschaltung der Atomkraftwerke zum jetzigen Zeitpunkt. 32 Prozent sind dafür, dass die drei verbliebenen Meiler noch für einen begrenzten Zeitraum weiterlaufen. Weitere 33 Prozent sind sogar für eine unbegrenzte Verlängerung der Laufzeiten.

Eine Mehrheit für das sofortige Ende der Atomkraft in Deutschland gibt es nur unter den Anhängern der Grünen mit 56 Prozent. Bei den Wählern aller anderen im Bundestag vertretenen Parteien überwiegt dagegen die Ablehnung. Von den Linken-Anhängern sind nur 37 Prozent für die Abschaltung der Meiler, dahinter folgen die SPD-Wähler mit 31 Prozent vor denen der CDU/CSU (16 Prozent) FDP (12 Prozent) und AfD (6 Prozent).

In Ostdeutschland ist die Unterstützung für den sofortigen Atomausstieg mit 20 Prozent noch geringer als in den westlichen Bundesländern mit 27 Prozent. Und mit zunehmenden Alter nimmt das Verständnis für die Entscheidung der Bundesregierung ab. Von den 18 bis 29-Jährigen finden 34 Prozent die Abschaltung der Atomkraftwerke zum jetzigen Zeitpunkt richtig. Bei den Befragten über 70 sind es nur noch 18 Prozent.

© dpa-infocom, dpa:230410-99-263554/5