Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat sich offen für eine Verschärfung der Transparenzregeln für die Bundesregierung gezeigt. Sein eigenes Ministerium arbeite entlang der geltenden Leitfäden, sagte der Grünen-Politiker bei einer gemeinsamen Sitzung der Bundestagsausschüsse für Wirtschaft sowie Klimaschutz und Energie. Aktuell besagten diese Regeln, dass dienstliches Handeln nicht von privatem Interesse geleitet werden dürfe. Es sei nicht untersagt, sich als Beamter in Fonds oder Gesellschaften zu engagieren.
Man müsse sich aber bewusst sein, dass politische Entscheidungen immer auch wirtschaftliche Perspektiven beeinflussten, sagte Habeck. »Lassen sie uns über Regelverschärfungen reden - dann allerdings für alle.« Die Anhörung fand im Unterschied zu einer ersten Befragung vor zwei Wochen öffentlich statt. Es ging fast ausschließlich um die Rolle von Wirtschaftsstaatssekretär Udo Philipp (Grüne). Er war an der Berufung eines Fonds-Gründers, zu dem er eine Geschäftsbeziehung hat, in einen Beirat des Ministeriums beteiligt.
Frageregeln sorgen für Ärger
Für Ärger sorgten die Frageregeln, die in beiden Ausschüssen beschlossen worden waren. »Damit beschneiden Sie parlamentarische Rechte«, warf der CDU-Abgeordnete Andreas Jung den Vertretern der Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP vor. Zuvor hatte der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, Michael Grosse-Brömer (CDU), erklärt, dass jede Fraktion in jeder Runde nur eine Minute Fragezeit haben solle. Zudem sollten Fragen gesammelt und dann gemeinsam beantwortet werden, sagte der Vorsitzende des Energieausschusses, Klaus Ernst (Linke). Damit blieben bei vier Runden insgesamt 75 Prozent weniger Zeit als vor zwei Wochen, beklagte Jung.
Ampel-Vertreter machten eine andere Rechnung auf: Anders als beim vorigen Mal habe die Zeitvorgabe von vier Minuten pro Fragerunde nur für die Fragen selbst gegolten, Antworten hätten deshalb länger ausfallen können, sagte Reinhard Houben von der FDP. Die Stimmung während der Anhörung war gereizt. Die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Julia Klöckner, warf Habeck und Philipp wiederholt vor, Fragen nicht beantwortet zu haben.
Die Opposition ist sich einig
Das Fazit fiel unterschiedlich aus. Er frage sich, »ob diese Koalition überhaupt an Transparenz und Aufklärung interessiert ist«, sagte Leif-Erik Holm von der AfD. »Das geht eben aus Compliance-Gründen nicht, dass ein Staatssekretär jemanden in einen Beirat im Wirtschaftsministerium schickt, der das natürlich als Türöffner nutzen kann.« Der Linke Pascal Meiser kritisierte: »Im Kern geht es weiterhin darum, ob Staatssekretär Philipp direkt oder indirekt über seine Unternehmensbeteiligungen wirtschaftlich von Entscheidungen des Wirtschaftsministeriums profitiert hat oder nicht.« Die FDP zeigte sich zufrieden: »Er hat auf alle Fragen aus unserer Sicht befriedigende Antworten gegeben«, sagte Houben über Philipp.
Habeck sagte, er halte es für richtig, wenn Politik »nicht nur im eigenen Saft schwimmt«. Kenntnisse von Unternehmen, Mittelstand und Startup-Szene könnten helfen. Es sei eine grundsätzliche Frage, ob Menschen, die in der Wirtschaft tätig waren, auch in der Politik ihr Wissen einbringen dürften. »Ich würde das bejahen«, sagte Habeck. Philipp selbst sieht kein Problem in seinen Beteiligungen und seiner Geldanlage in Fonds. »Ich sehe nicht, wo ein Unternehmen, an dem ich direkt beteiligt bin, von meinem Handeln profitieren sollte.« Es sei normal, dass Menschen Fonds hätten. Er sei überzeugt, dass das auch bei Mitarbeitern in anderen Ministerien der Fall sei.
Habeck verteidigt Berufung von Sebastian Böhmer
Die Berufung des Fonds-Gründers Sebastian Böhmer in den Beirat »Junge Digitale Wirtschaft« verteidigte Habeck. »Diese Expertise haben wir an keiner anderen Stelle gefunden.« Böhmer habe seltene Erfahrung bei der Gründung eines Wagniskapitalfonds noch als Student. Philipp beteuerte: »Ich bin mit Herrn Böhmer nicht befreundet.«
© dpa-infocom, dpa:230524-99-811946/2