Die Bundesregierung will den Ausbau von Windrädern an Land in den kommenden Jahren deutlich beschleunigen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte am Mittwoch in Berlin mit Blick auf ein vom Kabinett auf den Weg gebrachtes Gesetzespaket, dieses werde dafür sorgen, dass der Ausbau in einem großen Umfang wieder vorankommt. Dies sei zentral, um Klimaschutzziele zu erreichen und unabhängiger von fossilen Energie zu werden.
Habeck sagte, er wolle nicht verhehlen, dass ein stärkerer Ausbau der Windkraft für viele Menschen und einige Regionen auch eine Zumutung bedeute. Die Politik müsse auf Ängste und Sorgen eingehen, dies dürfe aber nicht zu einer politischen Blockade und Handlungsunfähigkeit führen. Habeck wies auch auf die wirtschaftliche Bedeutung der Windkraft hin: Es sei mittlerweile ein Standortvorteil geworden, erneuerbare Energien zu haben.
Noch weit von gesteckten Zielen entfernt
Die Bundesregierung will für die Windkraft an Land gesetzlich verpflichtende Flächenziele vorgeben. Bis 2026 sollen 1,4 Prozent, bis 2032 zwei Prozent der Bundesfläche für Windräder verfügbar sein, wie die Pläne vorsehen. Diese Ziele werden bisher in den meisten Ländern bei weitem nicht erreicht. Für die einzelnen Länder gelten unterschiedliche Ziele, weil es unterschiedliche Voraussetzungen für den Ausbau der Windenergie gibt. Zum anderen soll durch Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz der Konflikt zwischen dem Ausbau der Windkraft und dem Artenschutz beigelegt werden.
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) erwartet von dem neuen Gesetzespaket einen raschen Ausbau der erneuerbaren Energien. Diese Bundesregierung habe versucht, »sämtliche Hemmnisse im Bereich des Windes auszuräumen«, sagte Geywitz. »Wir werden nicht nur die Ziele definieren (…), sondern wir werden auch bei der Nichterreichung dieser Ziele eine Rechtsfolge anknüpfen«, sagte Geywitz. Die SPD-Politikerin nannte eine dann vorgesehene allgemeine Privilegierung von Windrädern. Die Regierung berücksichtige mit ihrem Vorhaben zudem die Planungshoheit vor Ort, so die Bauministerin.
Klimaschutz und Artenschutz sollen zusammengehören
Für eine weitere Beschleunigung will die Bundesregierung auch die Vorgaben zum Artenschutz überarbeiten. Es gehe darum, erneuerbare Energien auszubauen und gleichzeitig den Schutz von Tierarten sicherzustellen, sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne).
Dafür seien auch Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz nötig, die das Bundeskabinett zuvor auf den Weg gebracht hatte. Insgesamt gehe es darum, die Vorgaben für den Schutz von Tierarten so anzupassen, dass sie den Ausbau von Windkraftanlagen nicht bremsten, erklärte Lemke. Die Klimakrise und die Artenkrise verstärkten sich gegenseitig und dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden, erklärte die Ministerin.
Konkret soll es künftig erstmals bundeseinheitliche, gesetzliche Standards für die Prüfung und Bewertung geben, inwieweit eine Windenergieanlage das Kollisionsrisiko für gefährdete Vogelarten signifikant erhöht. Dazu soll es eine Liste kollisionsgefährdeter Brutvogelarten geben - dazu zählen etwa See- und Steinadler und der Rotmilan. Geplant sind ein artspezifischer Tabubereich in unmittelbarer Nähe zum Brutplatz sowie weitere Prüfbereiche.
Die nun auf den Weg gebrachte Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes sieht außerdem vor, dass auch Landschaftsschutzgebiete als Flächen zum Windenergieausbau in Frage kommen. Daneben soll das sogenannte Repowering erleichtert werden - das ist der Ersatz alter durch leistungsstärkere Anlagen, die aber auch höher sind.
Gleichzeitig sollen Artenhilfsprogramme aufgesetzt werden, die den Schutz der gefährdeten Arten stärken sollen. Für diese Programme sollen 80 Millionen Euro an öffentlichen Mitteln zur Verfügung stehen. Nach den Plänen der Bundesregierung, die noch Bundestag und Bundesrat passieren müssen, sollen sich die Betreiber von Windkraftanlagen an diesen neuen Artenschutzprogrammen beteiligen.
© dpa-infocom, dpa:220615-99-674786/4