Unzählige Frauen haben auf Island einen Tag lang ihre Arbeit niedergelegt, um damit mehr Gleichberechtigung einzufordern. 48 Jahre nach einem ersten großen Frauenstreik dieser Art kamen am Dienstagnachmittag allein in der Hauptstadt Reykjavik Tausende Isländerinnen zu einer großen Kundgebung zusammen, wie eine Live-Übertragung des Rundfunksenders RÚV zeigte. Auch Ministerpräsidentin Katrín Jakobsdóttir hatte angekündigt, sich an dem Streik beteiligen zu wollen. Etliche Kindergärten, Schulen, Banken und andere Einrichtungen blieben den Tag über geschlossen.
Am 24. Oktober 1975 hatten zahlreiche isländische Frauen erstmals ihre Arbeit niedergelegt, um ein Zeichen für die Gleichberechtigung zu setzen. Seitdem wurden mehrere Aktionstage dieser Art veranstaltet. Unter dem Motto »Ihr nennt das Gleichberechtigung?« wollten die Organisatorinnen nun erneut Aufmerksamkeit auf bestehende geschlechtsspezifische Ungleichheiten richten. Im Fokus standen dabei unter anderem das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen sowie geschlechtsspezifische Gewalt.
Der Kampf für die Gleichberechtigung gehe zu langsam voran, monierte Regierungschefin Jakobsdóttir in einem Radio-Interview. »Obwohl die Situation in Island gut ist, haben wir die Gleichstellung noch nicht vollständig erreicht«, sagte sie.
Island ist laut dem aktuellen Gender Gap Report das Land der Erde, in dem die Gleichstellung von Mann und Frau am weitesten fortgeschritten ist. Deutschland lag in dem Index des Weltwirtschaftsforums zuletzt auf Rang sechs. Island hat die Spitzenposition in der Hinsicht schon seit 14 Jahren inne und ist derzeit das einzige Land, das mehr als 90 Prozent der Lücke zwischen den Geschlechtern geschlossen hat. Dennoch bestehen auch unter Isländerinnen und Isländern weiter Unterschiede – und darauf wollten die Teilnehmerinnen des Frauenstreiks hinweisen.
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