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Grünen-Politiker Hofreiter gegen Streumunition für Ukraine

Die Entscheidung der USA zur Lieferung der von Deutschland geächteten Munition geht dem Europapolitiker zu weit. Er fordert andere Waffen neuer Qualität für die Ukraine.

Anton Hofreiter
Anton Hofreiter spricht sich gegen Streumunition aus. Foto: Michael Kappeler/DPA
Anton Hofreiter spricht sich gegen Streumunition aus.
Foto: Michael Kappeler/DPA

Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter hat sich gegen die von den USA geplante Ausrüstung der ukrainischen Armee mit Streumunition gestellt. »Die Lieferung von Streumunition lehne ich ab. Sie ist zurecht geächtet«, sagte Hofreiter der Deutschen Presse-Agentur.

Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag forderte stattdessen die Lieferung deutscher Marschflugkörper an die Ukraine und eine Unterstützung der von Dänemark und den Niederlanden geführten Kampfjet-Allianz mit Logistik und Ausbildung.

Den Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) forderte Hofreiter auf, beim bevorstehenden Nato-Gipfel klare Ansagen dazu zu machen. »Es ist wichtig, dass Scholz beim Nato-Gipfel ein Zeichen mit Blick auf die Waffenlieferungen setzt - insbesondere aufgrund der schwierigen Lage an der Front«, sagte er. »Nachdem wir so lange gezögert und somit ermöglicht haben, dass die russische Armee die Front so schwer befestigt, sollten wir daraus lernen und schneller werden.«

Beratungen über weitere Unterstützung

Die USA hatten gestern angekündigt, die Ukraine mit Streumunition zu versorgen, die auch von Russland im Angriffskrieg eingesetzt wird. Die über dem Boden explodierenden Bomben verteilen Geschosse über größere Flächen. Weil oft viele davon nicht sofort explodieren, gelten sie wie Minen als Gefahr für Zivilisten auch in der Zeit nach einem Ende der Kampfhandlungen. Deutschland und 110 andere Staaten haben sie deswegen mit einem internationalen Abkommen geächtet, dem die USA, die Ukraine und Russland aber nicht beigetreten sind.

Am Dienstag und Mittwoch beraten die Staats- und Regierungschefs der 31 Nato-Staaten beim Gipfel im litauischen Vilnius über die weitere militärische Unterstützung der Ukraine. Die Regierung in Kiew hat Deutschland um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern gebeten, die Ziele in 500 Kilometern Entfernung erreichen. Die Bundesregierung will sie bisher nicht bereitstellen, weil damit auch russisches Territorium erreicht werden kann.

Hofreiter fordert logistische Unterstützung

Großbritannien hat dagegen als einziger Nato-Staat bereits Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow bereitgestellt. »Sie helfen der ukrainischen Armee. Mit ihrer Unterstützung kann sie die Versorgungslinien der russischen Armee schwächen und ihre Waffendepots zerstören«, sagte Hofreiter. »Wenn die Briten Marschflugkörper liefern, sehe ich keinen Grund, warum Deutschland das nicht auch kann.« Er forderte die schnelle Entwicklung von Taurus-Abschussvorrichtungen für die Mig-29-Kampfjets der Ukraine.

»Man könnte auch versuchen sich mit Schweden zu einigen, dass sie ihre Gripen-Kampfjets in die Ukraine liefern, an die Taurus-Marschflugkörper montiert werden können«, sagte Hofreiter. Für die Koalition zur Lieferung von F-16-Kampfjets aus US-Produktion forderte er logistische Unterstützung aus Deutschland, die Bereitstellung von Flugplätzen und Ausbildungshilfe. Die Bundesregierung beteiligt sich bisher nicht an dieser Koalition.

Die schleppenden Fortschritte bei der ukrainischen Gegenoffensive führte der Grünen-Politiker auch auf das zwischenzeitliche Zögern Deutschlands bei den Waffenlieferungen zurück. »Man hat so lange gewartet mit der Lieferung von Kampf- und Schützenpanzern, dass die russische Armee die Front komplett verminen und befestigen konnte. Und die Tatsache, dass die Unterstützer der Ukraine nicht ausreichend Material geliefert haben, damit die Ukraine die Luftüberlegenheit in ihrem Gebiet herstellen kann, macht es noch mal schwieriger.«

© dpa-infocom, dpa:230708-99-326904/2