Die Grünen-Fraktion im Bundestag peilt an, den Kohleausstieg auf 2030 auch im Osten des Landes vorzuziehen. In einer Beschlussvorlage für die Klausurtagung der Fraktion in der kommenden Woche heißt es, dies sei ein »notwendiger Schritt, um die Klimaziele zu erreichen«. Das ARD-»Hauptstadtstudio« und die »Süddeutsche Zeitung« hatten zuerst darüber berichtet. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) bezeichnete einen früheren Kohleausstieg als »völlig illusorisch« - nicht zuletzt wegen des Wegfalls von russischem Pipeline-Gas im Zuge von Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine.
Ein früherer Kohleausstieg mache nicht nur klimapolitisch Sinn, sondern bringe angesichts neuer Entwicklungen auch Planungs- und Investitionssicherheit für die Menschen und Regionen vor Ort, heißt es in dem Papier der Grünen-Fraktion, die sich von Dienstag bis Donnerstag in Weimar trifft. Die Annahme, dass die Kohleverstromung bis zum Jahr 2038 wirtschaftlich sei, habe sich überholt.
Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, den Kohleausstieg »idealerweise« um acht Jahre auf 2030 vorzuziehen. Für das Rheinische Revier im Westen wurde dies im Herbst bereits vereinbart. Das Vorziehen des Ausstiegs aus der Braunkohle im Osten sei der nächste Schritt, hatte Grünen-Co-Fraktionschefin Katharina Dröge gesagt. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sprach sich dafür aus, versichert aber, dass dies im Konsens vereinbart werden müsse. Ob die Ampel-Partner SPD und FDP mitspielen, ist offen.
Reaktionen aus den Ostländern
In den betroffenen Bundesländern Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt wird ein früherer Ausstieg kritisch gesehen. Es werde »schlicht und einfach nicht erklärt, wie wir eine autarke Energieversorgung hinbekommen wollen«, sagte Sachsen-Anhalts Regierungschef Haseloff der Deutschen Presse-Agentur am Rande einer Medientagung im bayerischen Tutzing mit Blick auf die Pläne der Grünen-Fraktion. Das Szenario eines vorgezogenen Kohleausstiegs sei »völlig illusorisch«, nachdem mit dem russischen Pipeline-Gas ein entscheidender Baustein als Brückentechnologie weggefallen sei, was auch die Voraussetzung für das ursprüngliche Ziel 2038 gewesen sei.
Kritik aus Sachsen zu früherem Kohleausstieg
Der Generalsekretär der sächsischen CDU, Alexander Dierks, kritisiert Pläne der Grünen-Fraktion im Bundestag für einen früheren Kohleausstieg scharf. Ein Vorziehen des Ausstiegs aus der Braunkohle auf 2030 würde den Kohlekompromiss auch für Ostdeutschland aufkündigen, sagte er in Dresden. »Das ist acht Jahre früher, als von allen Beteiligten ausgehandelt.« Damit würden die Planungssicherheit für die Kohleregionen zerstört und ein erfolgreicher Strukturwandel gefährdet. »Dieses Handeln ist ideologiegetrieben und zerstört Vertrauen in demokratische Entscheidungen.«
Als Alternative zu Braunkohlekraftwerken ist im Papier der Grünen-Fraktion die Rede von »Wasserstoff-ready Gaskraftwerken«, also von Kraftwerken, die zunächst durch Gasverbrennung, später aber auch aus Wasserstoff Strom erzeugen können. Es sei absehbar, dass Ostdeutschland zur Erzeugerregion für grünen Wasserstoff werde. »Dort, wo heute noch Braunkohle verbrannt wird, kann die Erfahrung und Netzinfrastruktur genutzt werden. Dieser Einstieg sichert unzählige Arbeitsplätze im Kraftwerksbereich.«
Ist Wasserstoff die Lösung?
Doch auch daran gibt es Zweifel. Es würde noch Jahre dauern, bis Kraftwerke grünen Wasserstoff herstellen können, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke dem ARD-Hauptstadtstudio. Mit Blick auf moderne Gaskraftwerke sagte der SPD-Politiker: »Es werden also erstmal Kraftwerke gebaut, die zumindest in den nächsten Jahren Gas verbrennen«, sagte Woidke. Das würde die deutsche Abhängigkeit vom Ausland - »und zwar egal von welchem Ausland« - weiter erhöhen.
In der Energiewende werden große Hoffnungen in Wasserstoff gesetzt, der aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. Er könnte in Zukunft auch für die Herstellung von Strom genutzt werden. Derzeit ist der aus Ökostrom hergestellte Energieträger aber knapp und relativ teuer.
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