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Gottesdienste auch für Ungeimpfte?

Kirche
Eine Kerze im Magdeburger Dom. Foto: Gercke/dpa
Eine Kerze im Magdeburger Dom.
Foto: Gercke/dpa

BERLIN. »Macht hoch die Tür, die Tor macht weit« heißt eines der bekanntesten Adventslieder - doch an Weihnachten gilt diese Einladung für Ungeimpfte lange nicht überall.

Um Corona-Infektionen vorzubeugen, schreiben viele Gemeinden für die Gottesdienste an Heiligabend und Weihnachten die 2G-Regel vor. Kritiker sind empört und erinnern an ein bekanntes Jesus-Wort aus der Bibel: »Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.«

Die Diskussion läuft sowohl in der katholischen wie in der evangelischen Kirche. Beide Kirchen überlassen das Vorgehen den Gemeinden weitgehend selbst. Dadurch unterscheiden sich die Regelungen oft von Gemeinde zu Gemeinde, ja sogar von Gottesdienst zu Gottesdienst innerhalb ein- und derselben Gemeinde.

Ungeimpfte sogar ungetestet

Im Kindergottesdienst und in der Christmette gilt dann zum Beispiel 2G oder 3G, und man muss sich zusätzlich anmelden. Aber die restlichen Gottesdienste werden häufig unter den normalen Abstands- und Hygieneregeln zelebriert. Das heißt dann: Hier können Ungeimpfte sogar ungetestet teilnehmen.

»Das ist das falsche Signal«, kritisiert Josef Ridders, Vorsitzender des Bundesverbandes der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung (KKV). »Die unverbindlichen Empfehlungen sind ein Delegieren der Verantwortung nach unten. Ein gemeinsam erstelltes Konzept, das klar kommuniziert wird, ist da der bessere Weg.«

Matthias Kopp, Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, weist die Kritik zurück: »Die Kirche reagiert auf die landesspezifisch und regional verschiedenen Erfordernisse angesichts der Coronasituation«, sagt er.

Bei Menschen sein

»Es ist der Kirche sehr wichtig – zumal an Weihnachten als für die Christen zentralem Glaubensfest - in dieser für uns alle schweren Zeit bei den Menschen zu sein und die Religionsausübung zu gewährleisten.« Dabei nähmen die Bistümer und Gemeinden ihre Verantwortung sehr ernst.

Ähnlich sieht es die Evangelische Kirche (EKD) in Deutschland. Die Gemeinden verfügten mittlerweile über große Erfahrung, adäquat auf sich verändernde Situationen zu reagieren, sagt ein EKD-Sprecher. »Jeder, der Weihnachten an einem Gottesdienst teilnehmen möchte, wird dazu in seiner Regionen die Möglichkeit haben.«

Gottesdienste ohne Zugangsbeschränkung verboten

Einiges liegt nicht in der Hand der Kirchen, sondern wird durch die Coronaschutzverordnungen der Länder vorgegeben. So sind Gottesdienste in Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Sachsen ganz ohne Zugangsbeschränkung (»0G«) verboten.

Dort gilt landesweit mindestens das 3G-Modell. Gläubige, die nicht geimpft oder genesen sind, können also nur mit einem aktuellen negativen Testergebnis teilnehmen. Lang nicht alle sind damit einverstanden.

So sagt der Generalvikar des Bistums Görlitz, Alfred Hoffmann, der Deutschen Presse-Agentur: »Wir sind nicht für 3G, halten uns an Abstand und Vorsicht. Nach unserer Erfahrung geht von Gottesdiensten keine Gefahr aus, wir haben keine Kenntnis davon, dass sich jemand dort angesteckt hat.« Das Unverständnis sei deshalb groß.

Hygiene-Konzept in anderen Bundesländern

In anderen Bundesländern, etwa in Nordrhein-Westfalen und Bayern, reicht ein Hygiene-Konzept, das heißt, die Gläubigen müssen Abstand halten und Maske tragen. So können im Kölner Dom alle Gottesdienste am Ersten und Zweiten Weihnachtstag ohne Nachweis des Gesundheitsstatus besucht werden.

»Das Recht zur Ausübung der Religionsfreiheit, zu der auch der Besuch des Gottesdienstes gehört, ist ein verfassungsmäßig geschütztes Gut«, argumentiert eine Sprecherin des Erzbistums Köln. Man wolle nach Möglichkeit verhindern, dass Gläubige am Kirchenportal abgewiesen würden.

Andernorts nimmt man das im Interesse des Gesundheitsschutzes durchaus in Kauf. »Die Empfehlung der Landeskirche für die Heiligabend- und Weihnachtsgottesdienste ist 2G«, sagt eine Sprecherin der Evangelischen Kirche von Westfalen. Auch mit Test kommt ein Ungeimpfter hier also nicht in den Gottesdienst.

Restriktive Linie vertretbar

Die katholische Sozialethikerin Marianne Heimbach-Steins hält eine solche restriktive Linie für vertretbar. "Natürlich ist die Teilnahme an Gottesdiensten gerade an wichtigen Festen ein hohes Gut. Aber man muss auch abwägen zwischen dem Recht auf Teilnahme und dem Recht auf Gesundheitsschutz.

Und da würde ich ganz klar sagen: Es kann nicht sein, dass das Gros der Gottesdienstteilnehmer in Gefahr gebracht wird, weil einige nicht geimpft sind. Meine Linie ist: Kein freier Zugang für Ungeimpfte zu Gottesdiensten in geschlossenen Räumen."

Stattdessen böten sich für sie Krippenfeiern im Freien oder Online-Gottesdienste an. Aufeinander aufzupassen und füreinander Verantwortung zu übernehmen, spiele im christlichen Ethos eine ganz große Rolle, betont die Professorin von der Universität Münster: »Es geht eben nicht alles unter allen Bedingungen.« (dpa)